Vorsicht vor Schweineblut in der Schoko-Creme

10.1.2006, 00:00 Uhr
Vorsicht vor Schweineblut in der Schoko-Creme

0,1 Gramm Fett pro 100 Gramm steht auf dem Glas mit den Gewürzgurken. Aber was für Fett? «Emulgatoren: Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren“ besagt die Auszeichnung der Laugenbrezeln. Beides lässt Kemal M. im Regal bei Norma liegen. «Man muss schon genau auf das Etikett schauen“, sagt der im Libanon geborene Palästinenser, der seit seinem 17. Lebensjahr in Deutschland lebt und jetzt in Nürnberg wohnt und arbeitet. Das größte Problem: Versteckter Alkohol und Gelatine und eben Schweinefett in den Zutaten. Aus einem Fernsehbericht hat Kemal M. erst erfahren, dass zum Beispiel in mancher Schoko-Creme Schweineblut verarbeitet ist. Gelatine mit Bestandteilen vom Schwein ist manchmal sogar im Joghurt zu finden.

Frischware vom Türken

Trotzdem findet der Familienvater genug Waren im normalen deutschen Supermarkt — etwa 70 Prozent seiner Einkäufe tätigt er hier, den Rest bezieht er von einem türkischen Laden. Vor allem frische Ware, wie eben Fleisch. Aber auch bei der Norma in Nürnberg greift er zu den Putenschlegeln. Da steht, auf Deutsch und Arabisch, auf der Verpackung: «Wie islamischer Glaube erlaubt“.

Es sind die Halal-Regeln: Zum Beispiel darf der Tod des Tieres nur durch den Schlachtvorgang verursacht werden, das Tier muss ausbluten, und der Name Allahs muss über dem Tier gesprochen werden.

Muslime sind beim Lebensmitteleinkauf wohl besonders markenbewusst — weil sie aus der Erfahrung wissen, welcher Hersteller welche Zusatzstoffe verwendet. Manche Angaben sind allerdings wenig hilfreich. «Emulgatoren E 471, E 475“ steht auf der Verpackung einer Backware, davon lässt der Palästinenser die Finger.

Genauso wie natürlich von der Schweizer Schokolade, die 33 Gramm mehrwertige Alkohole ausweist. Die Milka-Riegel für die Kinder daneben und die Windbeutel mit Sahne, die sich die Kinder gewünscht haben, sind kein Problem. Stirnrunzeln löst der Branntweinessig im Ketchup aus.

Am liebsten deutsche Ware

Vielleicht ist auch typisch, was Kemal M. weiter sagt: «Am liebsten kaufe ich deutsche Ware. Ich verdiene mein Geld in Deutschland, da soll mein Geld in Deutschland bleiben. Warum soll ich andere als deutsche Markenbutter nehmen?“

An diesem Tag packt er viel Mozzarella-Käse in seinen Einkaufswagen. Denn seine Frau will am Abend Konafa machen — eine Süßspeise aus Teig mit einer Käse-Joghurt-Mischung in der Mitte. Nicht nur viele Mandeln und Rosinen sind Teil des Rezepts, oben drüber kommt noch ein dicker Zuckersirup mit Zitronensaft und Orangenblütenwasser.

Eine gute Orientierung, was Muslime essen können, bietet der «Einkaufsführer für Muslime . . .“, den die Verbraucherzentrale Bremen in überarbeiteter Auflage vor kurzem herausgebracht hat. Der Untertitel gibt einen interessanten Hinweis: Der Einkaufsführer ist für Muslime «und für VegetarierInnen“.

Die Produktlisten von Babynahrung bis Tiefkühl-Heimservice erleichtern sowohl Muslimen als auch Vegetariern den täglichen Lebensmitteleinkauf. Die Waren sind nach Markennamen sortiert. Die Broschüre (sie kostet 4,80 € und ist über die Verbraucherzentrale zum Beispiel unter www.verbraucherzentrale-bremen.de oder per Fax (04 21) 160 77 80 zu beziehen) liefert auch die Auflösung, was sich hinter Emulgatoren und E-Nummern verbirgt. Gut aufpassen, was sie zum Essen kaufen, sollten aber nicht nur Muslime und Vegetarier. Für alle Verbraucher gilt der Tipp in der Broschüre: «Achten Sie im Geschäft auf das Mindesthaltbarkeitsdatum. Sollten Sie bereits abgelaufene Lebensmittel kaufen, weil diese günstiger sind, prüfen Sie zu Hause sofort nach, ob die Ware noch in Ordnung ist.“ Kemal M. würde solche Ware gar nicht kaufen. Er steht auf Frische.