Zehn Freier täglich: Skrupellose Zuhälterin vor Gericht

20.1.2015, 06:00 Uhr
Zehn Freier täglich: Skrupellose Zuhälterin vor Gericht

© Marijan Murat (dpa)

Sie hatte keinen Job und wusste nicht, wovon sie leben sollte - sie sei hilflos gewesen, schildert Agnes B. (Namen der Betroffenen geändert) im Zeugenstand. Und weil sie von ihrem Partner mehr Schläge als Liebe bekam, gab es nichts, was sie in ihrer Heimat hielt. So ließ sie sich Anfang 2013 bereitwillig von der 45-Jährigen, die in der Szene unter dem Spitznamen „Olga“ bekannt ist, anwerben.

Olga N., eine 45-Jährige von barocker Gestalt, wird mit Handschellen in den Sitzungsaal gebracht. Sie ist seit Jahren im Rotlichtmilieu in Nürnberg tätig und ihre Herkunft nutzt sie, um wiederholt Frauen als Frischfleisch für die Freier von Ungarn nach Deutschland zu locken.

Agnes B. reiste nach Deutschland, war mittellos und konnte die Sprache nicht - doch ganz blauäugig war sie nicht: Sie habe gewusst, dass sie hier ihren Körper verkaufen soll, sagt die 21-jährige Zeugin. Olga N. habe ihr versprochen, passende Zimmer zur Prostitution zu vermitteln. Neben dem Abzug für die Miete forderte die Zuhälterin die Hälfte dessen, was Agnes B. einnahm.

Doch in Nürnberg musste Agnes unter dem Decknamen „Gina“ sieben Tage die Woche an der Frauentormauer, in Modelwohnungen und in einem FKK-Sauna-Club schuften. Rund zehn Kunden täglich seien üblich, erklärt die Zeugin vor der 2. Strafkammer, der Tarif für 30 Minuten liege bei 80 Euro, für eine Stunde müssen die Freier 150 Euro auspacken. Agnes B. alias „Gina“ ging bis Ende Juli 2013 anschaffen, in dieser Zeit, davon geht Staatsanwältin Ines Gölzel aus, wurde sie von ihrer guten Bekannten Olga N. um 13.750 Euro gebracht. Insgesamt soll Olga N. - Anklägerin Gölzel wirft ihr Betrug in Tateinheit mit Zuhälterei vor - vier Frauen um 321.297 Euro gebracht haben.

Angeblich wollte sie die Einnahmen der Frauen verwalten, doch den Prostituierten blieb kein Cent. Selbst Essen und Getränke durften sie sich nur nach Absprache kaufen. Laut Anklage mussten die Frauen massenweise Männer, gelegentlich auch ohne Kondom, bedienen, und durften erst schlafen, wenn sie ihren Mindestumsatz von 300 Euro, in manchen Fällen sollen es 500 Euro gewesen sein, erzielt hatten. Ihren Tagesumsatz, so schildert die Zeugin Agnes B., mussten sie und ihre Kolleginnen täglich an die Zuhälterin melden.

Alle Rechte verloren

Über Jadwiga, eine Fachberatungsstelle, die sich für die Rechte der Opfer von Frauenhandel einsetzt, entkam Agnes B. dem Bordell. Die Organisation half ihr, Strafanzeige zu erstatten, und als sie im Zeugenstand sitzt, fällt auf, dass sie mittlerweile Deutsch spricht und auf die Hilfe eines Dolmetschers verzichtet.

Sie hatte in Deutschland auf ein besseres Leben gehofft, so die Zeugin, doch unter der Fuchtel der Zuhälterin verlor sie alle Rechte. Hielten sich die Liebesdienerinnen nicht an die Regeln, soll die Zuhälterin massiv zugeschlagen haben. Und angeblich drohte sie den Frauen auch, sie umzubringen. Als Agnes B. schwanger wurde, wandte sie sich an Jadwiga.

Die Angeklagte selbst bestreitet die Vorwürfe, sie beschreibt sich eher als mütterliche Freundin der Frauen. Der Prozess geht weiter.

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