Gesang, Tanz und jede Menge Spaß 

Nürnberger Programm für Musikerziehung feiert Jubiläum

27.8.2021, 12:00 Uhr
Spaß bei Musik, Tanz und Gesang - und die Instrumente stehen auch bereit. Mubikin ist ein Erfolgsmodell.   

© Roland Fengler, ARC Spaß bei Musik, Tanz und Gesang - und die Instrumente stehen auch bereit. Mubikin ist ein Erfolgsmodell.   

Das Programm Mubikin (Musikalische Bildung für Kinder und Jugendliche in Nürnberg) feiert Jubiläum: Seit 2011 gibt es die Initiative, in deren Rahmen Musikpädagogen in ausgewählten Schulsprengeln mit Kindergarten- und Grundschulkindern musizieren.
Helmut Gierse, Vorsitzender der Mubikin-Tägerversammlung, hatte schon beim Projektstart vor zehn Jahren auf die Langlebigkeit dieser Form der Musikerziehung gesetzt. "Wir wollten kein Leuchtturmprojekt, wo man irgendwann das Licht ausschaltet und alle sitzen im Dunklen. Wir wollten einen Radar."

Erweiterung auf 3. und 4. Klasse

Und so ist das Projekt, in dem die Stiftung Persönlichkeit des Ehepaares Gierse mit der Bouhon-Stiftung (als inzwischen ideeller Partner), der Musikhochschule Nürnberg und den drei städtischen Referaten für Schule, Kultur und Soziales kooperiert, beständig gewachsen. 2011/12 waren es zwei Schulsprengel (Herschelschule, Konrad-Groß-Schule) mit elf Kindergärten und Klassen der ersten und zweiten Jahrgangsstufe, die teilnahmen, 478 Kinder waren dabei. 2020/21 erreichten die Musikpädagogen, die die Kinder im Tandem mit den Lehrern unterrichten, 3800 Kinder in 41 Kindergärten und acht Schulsprengeln. Ab 2016 begann man, Anschlussprogramme für die Dritt- und Viertklässler zu organisieren. "Da gab es dann zum Beispiel einen Schulchor", erinnert sich Mark Derbacher, der bei der Stiftung Persönlichkeit für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.


Seit 2020 läuft der Mubikin-Unterricht nun jedoch regulär bis zum Ende der Grundschulzeit. Im Kindergarten kommen die Pädagogen jede Woche, in den ersten bis vierten Jahrgangsstufen alle zwei Wochen für jeweils eine Schulstunde. Die Instrumente stellt Mubikin kostenfrei. Auch im komplizierten Corona-Schuljahr 2020/21 habe man versucht, über Online-Angebote das Programm fortzuführen, sagt Derbacher.

Rückendeckung vom Stadtrat

Vom Nürnberger Stadtrat gab es Rückendeckung, auch wenn das Projekt Geld kostet. 2011 hat die Stadt eine im Kulturamt angesiedelte Regiestelle genehmigt, um das Programm zu koordinieren. Aktuell belaufen sich die städtischen Kosten auf 440.000 Euro, die Stiftung Persönlichkeit steuert 120 000 Euro zum aktuellen Jahresetat von 760.000 Euro bei, der Rest wird von weiteren Partnern gedeckt.
"Das hat sich gedreht, anfangs war der städtische Anteil wesentlich kleiner als der der Stiftungen", sagt Gierse. 2011/12 lagen die Kosten noch bei 275.000 Euro. Der Stifter sieht Musik als "Mehrfachhebel". Über die ästhetische Erziehung hinaus erwerbe man soziale Kompetenzen, weil es hier – stärker als etwa im Sport, wo oft Konkurrenz herrscht – auf das Miteinander ankomme.

"Das macht was mit der Klasse"

Der übergewichtige Schüler, der beim Fußballspielen als Letzter in die Mannschaft gewählt wird, könne sich als guter Rapper erweisen, das Kind mit Sprachproblemen als sehr passabler Trommler. Die anderen blickten dann anders auf diese Kinder. "Das macht was mit der Klasse und auch mit dem betreffenden Schüler." Apropos Sprache: Durch das gemeinsame Singen werde auch die Sprachbildung gestärkt, durch Tanzen das Körpergefühl.
Derbacher berichtet von Kindern, die anfangs "nervös in die Klasse reinwuseln", dann aber beim Musizieren enorm konzentriert seien. "Mit dem Programm verbessern sich auch die Noten in den kognitiven Fächern", sagt Ulrich Maly in einem Interview, das er als Altoberbürgermeister mit der Stiftung Persönlichkeit führte.


Im Jahr 2014 haben die Organisatoren das Programm wissenschaftlich evaluieren lassen, der Bremer Universitätsprofessor Andreas Lehmann-Wermser attestierte ihm eine bundesweite Sonderstellung. 2020 erfolgte eine zweite Evaluation – und das Votum des Stadtrats, der Mubikin abermals grünes Licht gab und die Finanzierung bis 2026 zusicherte.
Für die Zukunft wünscht sich Gierse eine dauerhafte Etablierung über 2026 hinaus und eine größere Anzahl beteiligter Schulsprengel. Dann aber müsste aus finanziellen Gründen der Freistaat mit ins Boot. Doch hier sei es nicht so einfach, die beteiligten Geschäftsbereiche gemeinsam mit an Bord zu bekommen. Gierse beklagt ein "Silodenken" in der Politik.

Zwei Welten

Für Kindergärten ist der Sozialbereich zuständig, für Schulen das Kultusministerium. "Aber ein Kind wird nicht in die Grundschule hineingeboren und niemand bleibt sein Leben lang im Kindergarten."
In Nürnberg klappe die referatsübergreifende Kooperation mit den Stiftern inzwischen sehr gut, sagt Gierse. Maly erinnert indes daran, dass "anfangs zwei Welten aufeinandergeprallt" seien. Aber diese Anfänge sind ja inzwischen zehn Jahre her.

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