Das Sehen liegt zwischen den Augen

12.10.2011, 18:13 Uhr
"Bewegungserinnerung" von Peter Kampehl.

© oh "Bewegungserinnerung" von Peter Kampehl.

Kampehl, der Formenfinder. Er ist ein malender Zeichner, der bei seinen Arbeiten im Atelier freilich nicht die bautechnischen Kompromisse eingehen musste wie beim U-Bahnhof – wo Dehnungsfugen im Beton schon mal den Rhythmus einer bewusst stringent angelegten Farbreihung stören können.

Sind es am Ebert-Platz orangerote „Anbringungen“, die beim Vorbeifahren (hoffentlich, der offizielle Betrieb beginnt im Dezember) ein optisches Flirren suggerieren, wähnt man sich in der Galerie bereits jetzt und ohne U3 bewegt.

„Bewegungserinnerung“ nennt Kampehl, Jahrgang 1947, seinen aus dem Unbewussten schöpfenden Malprozess. Dass einem vor den Aquarellen und Acrylgemälden Assoziationen kommen, wonach etwa ein Y sich köpflings wiegt wie ein wehender Baum im Herbst, solche Anmutungen sind dem Betrachter unbenommen. Doch im Kern geht es Kampehl um pure, auch fantastische Abstraktion.

Seit der gebürtige Fürther und gelernte Lithograph 1968 das Kunststudium als Meisterschüler abschloss, hat er eine Handschrift erarbeitet, in der Gemälde wie „Synapsen“, „Sicherheitsnadeln“ oder „Punkte und Netz“ entstehen.

Dass die meisten seiner Bilder unterschiedlichen Formats „Ohne Titel“ bleiben, erscheint nur logisch bei einem, dem es darum geht, vage Erinnerungen aufzuspüren und sie auf der Leinwand, dem Papier oder sonstigem Maluntergrund zu verformen wie Seifenblasen im Wind. Die Suche nach dem Zufälligen ist Absicht in diesen Netzwerken unklarer Ordnungen, die mal an Datenmengen erinnern, mal an einen Stadtplan aus großer Höhe, mal an Zellen unterm Mikroskop. Akribisch setzt Kampehl Kette an Kette, Form an Form, Feld an Feld. Die Farbgebung trägt das ihre dazu bei, dass Arbeiten organisch, technisch oder collagiert wirken.

Das meditative Moment muss sich ergeben, erklärt Galerist Richard Lutz den Knackpunkt an der Sache – der für den Künstler wohl gleichermaßen wie für den Betrachter gilt. Der Ausstellungstitel weist darauf hin. Kampehls Kunst landet nicht auf – sie landet „zwischen den Augen.“

Bis 12. November; Galerie Lutz mit der blauen Tür, Meuschelstr. 5, Nbg., Di.–Fr. 15–18.30 Uhr, Sa. 11–15 Uhr, Eröffnung heute um 19 Uhr.
 

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