Fürther Recyclinghof: Bürger räumen illegale Müllkippe weg

9.5.2017, 15:00 Uhr
Fürther Recyclinghof: Bürger räumen illegale Müllkippe weg

© Foto: Thomas Scherer

Wie sich das anfühlt, den Dreck fremder Menschen wegzuräumen? Zwischen alten Joghurtbechern und Milchtüten, Bauschutt und stinkenden Windeln nach Cola-Dosen zu fischen, Metall- und Holzteile herauszuziehen, um den Abfall so gut wie möglich zu sortieren? "Ja, ekelhaft", sagt Annette von Heissen, die sich rote Handschuhe übergestreift hat. "Aber wenn man’s hier lässt, wird’s nur mehr und noch ekelhafter."

Der Haufen, an dem sie sich zu schaffen gemacht hat, ist nur die erste von mehreren Abfallinseln, die auf der Brachfläche zwischen der Jakobinenstraße und den Gleisen entstanden sind. Ein rumpeliger Zufahrtsweg führte hier zum Recyclinghof, bis dieser Anfang März in die Karolinenstraße umzog. Der Hof ist inzwischen abgesperrt – davor türmt sich Sperrmüll, vermischt mit anderen Abfällen: Sofas, Regale, Kühlschränke, Öfen, ein Fernseher, ein Katzenbaum, Reifen, eine Heliumkartusche. . .

Wer jüngst mit dem Zug oder der U-Bahn von Nürnberg nach Fürth fuhr, wurde vom Müll begrüßt. Michael Krauß und seine Frau sahen das Elend Tag für Tag, weil sie auf dem Areal Lagerräume mieten. Jetzt hatten sie genug: Sie trommelten einige Bekannte zusammen, die sich am Sonntag an die Arbeit machten.

"Ja, Wahnsinn!", sagt ein Helfer, als er den größten Haufen erreicht. Andreas Gräbner ist dort schon eifrig am Sortieren, der Schweiß rinnt ihm von der Stirn. Unfassbar sei es, sagt er, "dass das so aus dem Ruder gelaufen ist". Frustrierend und beschämend sei es, den Abfall von Menschen wegzuräumen, die sich selbst für die ordentliche Entsorgung "zu schade sind".

"Da sinkt die Hemmschwelle"

Frustrierend sei aber auch, sagen die Helfer, dass über zwei Monate hinweg keiner das illegale Abladen verhindert habe und sich weder Stadt noch der Recyclinghofsbetreiber und auch nicht der Grundstückseigentümer, die Firma P & P, ans Räumen gemacht haben. "Der Haufen hier war vor vier Wochen noch nicht so groß", stellt Gräbner fest. "Wo schon Müll liegt, da sinkt die Hemmschwelle", sagt Krauß. Völlig inakzeptabel findet er das rücksichtslose Verhalten derer, die hier ihren Kofferraum leerten: "Das ist unterste Schublade." Zuletzt ließ auch noch der Zirkus Carelli seine Abfälle einfach liegen.

Entgangen ist die Entwicklung freilich auch der Stadt nicht. "Das ist unmöglich", schimpft Ordnungsamtsleiter Hans-Peter Kürzdörfer. Kritik daran, dass Hinweisschilder für den neuen Recyclinghof kaum auffallen, lässt er nicht gelten: Jeder könne sich informieren, wenn er sieht, dass der Recyclinghof nicht mehr an der gewohnten Stelle ist. Fürs Räumen allerdings sei nicht die Stadt zuständig, da es sich um Privatgrund handle, sondern die Firma P & P. Man habe ihr diese Rechtsauffassung vor kurzem auch mitgeteilt.

"Eigentlich haben wir die Schuldigen"

Untätig geblieben seien sie nicht, betonen Stadt, Betreiberfirma Bonn und P & P unisono. Nach dem Umzug habe mindestens vier Wochen lang ein Mitarbeiter mehrere Stunden am Tag vor dem Hof gesessen und Kunden an die neue Adresse verwiesen, so Michael Berger, Geschäftsführer der Firma Bonn. Einzelne hätten ihre Sachen trotzdem ausgeladen. Man habe Kennzeichen aufgeschrieben und Anzeige erstattet. Die Polizei ermittle. Auch gegen den Zirkus läuft ein Bußgeldverfahren.

Der Müll aber blieb in der ganzen Zeit unangerührt - offenbar weil keiner der möglichen Zuständigen auf den Kosten sitzen bleiben wollte. Bei der Firma Bonn sah man sich zunächst jedenfalls ebenfalls nicht zuständig fürs Räumen des Areals außerhalb des eigentlichen Recyclinghofs. Auf bis zu 5000 Euro schätzte Berger die Kosten fürs Sortieren, Wegbringen und Entsorgen - bevor die Bürger nun einen wesentlichen Teil der Arbeit übernahmen.

"Eigentlich haben wir die Schuldigen, aber da geht nichts voran", sagt wiederum Alexander Faust von P & P. Für den Einsatz der Bürger zeigt er sich dankbar. Die Vermüllung des Grundstücks durch Fremde sei "unverschämt" und sehr ärgerlich, mit mehr Bauzäunen will man sich künftig besser schützen. Jedoch könne man das große Areal nicht komplett absperren: Die Bahn habe hier Geh- und Fahrrechte, und die Parkplätze zur Straße hin nutzen Anwohner. Bebaut werden soll die Brache ab Herbst, dann will P & P hier einen Mix aus Wohnen und Gewerbe errichten.

Gute Nachricht nach der Aktion

Fünf Stunden lang sind die Helfer am Sonntag zugange, stopfen Abfälle in blauen Plastiktüten, sortieren Sperriges nach Materialien und sammeln alles an einer Stelle. Wer das Ganze nun entsorgt, wissen sie an dem Tag aber noch nicht. Zwar hat Krauß Stadt, Betreiber und P & P über die Aktion informiert. Doch eine Zusage, wer den Abtransport übernimmt, hatte er noch nicht bekommen.

Erst am Montag, nach Anfrage der FN, erklären sich P & P und die Firma Bonn bereit dazu, sich in drei, vier Wochen, wenn der Hof abgerissen wird, um den Abtransport zu kümmern. Die Kosten werde man gemeinsam bei den Verursachern einklagen.

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