Chefin am Herd: "Ich bin nicht aus Zucker"

Chefin am Herd:

© Roland Fengler

#MeToo in der Küche? Diana Burkel, 38 Jahre alt, die blonden Haare zum Knäuel auf dem Kopf zusammengebunden, überlegt. Dass die Ausbildung zum Koch und zur Köchin einiges abverlangt, ist klar: Ausdauer, Kraft, Leistungswille und Kreativität. "Da sind auch mal Pfannen gegen die Wand geflogen", sagt die Frau, die ihre eigene Chefin ist. "Aber nicht nur die Mädels wurden angebrüllt, die Jungs mussten sich genauso wehren."

467 junge Menschen entschieden sich 2017 in Nürnberg, eine Lehre zum Koch oder zur Köchin zu beginnen, davon 374 männliche, nur 93 weibliche. Müssen sie sich in der Küche mehr durchbeißen als junge Männer? "In den deutschen Restaurantküchen geht es heute erheblich ruhiger und sanfter zu als vor 30 oder 40 Jahren", sagt Susanne Droux, Geschäftsführerin Berufsbildung/ Branchenförderung bei Dehoga Bayern und auch Frauenbeauftragte. "Viele Köchinnen sagen, ich habe meine Männer schon im Griff."

Männer sind in der Überzahl

Die Köche seien immer noch in der Überzahl, räumt sie ein. "Aber die Frauen sind selbstbewusster geworden, sie grenzen sich mehr und besser ab." Von Übergriffen in der Küche, Bevorzugung der Männer höre sie nichts. Der Klaps auf den Popo oder andere Grenzüberschreitungen gehören der Vergangenheit an. "Aber in den Bars ist das immer noch ein Problem! Und zwar seitens der Gäste, nicht der Mitarbeiter untereinander."

Nach der mittleren Reife begann Diana Burkel eine Lehre in der Küche des Hotels "Carlton" in Nürnberg. Als einzige Frau unter zehn Männern. Ein Problem? "Klar muss man sich blöde, testosterongesteuerte Sprüche anhören", sagt Burkel. Aber: "Ich bin nicht aus Zucker!" Sie erzählt von einem Chef, "ein echter Sexist", der alle Frauen mit "Susi" angeredet hat. "Ich will das ganz sicher nicht kleinreden", sagt Burkel. "Aber das ist nicht typisch für den Job in der Küche. Genau dasselbe passiert in anderen Handwerksberufen, in denen es mehr Männer als Frauen gibt." Wer zu zart besaitet ist, der ist nicht für diesen Job gemacht. Punkt.

Schwere, körperliche Arbeit nennt Susanne Droux es. "Da spielt die Kraft eine große Rolle. Man muss viel schleppen." Und Diana Burkel sagt: "Ich wollte am Anfang auch alles alleine machen. Totaler Quatsch. Man darf sehr wohl um Hilfe bitten. Und auch hier gilt: Egal, ob Mann oder Frau!"

Ihre Lehrzeit beendete Diana Burkel in der "Alten Post" in Kraftshof, dann arbeitete sie im "Gasthaus Rottner" – eine besondere Zeit. "Stefan Rottner hat mir vertraut, ich habe ihm viel zu verdanken!" Derzeit hat Rottner zwei Azubinen in der Küche. "Aber ich stelle die Leute nicht nach Geschlecht ein! Jeder macht vorher ein Praktikum, dann sehe ich, ob er oder sie zu uns passen."

Seit Jahrzehnten hat der Kreisvorsitzende der Dehoga Bayern mit künftigen Köchen und Köchinnen zu tun, hat etliche Talente erlebt. Engagierte Frauen, die sich auf dem Weg nach oben befanden. Und zugunsten von Kindern und Familie die Kochjacke an den Nagel hängten.

"Es sind nicht die Arbeitszeiten oder der Stress. Da sind viele Frauen wesentlich belastbarer und leistungsfähiger als Männer. Es ist das Kinderkriegen", sagt Stefan Rottner. Und schiebt ein: "Außer, die Küchenchefin arbeitet im eigenen Restaurant und bekommt von der Familie Unterstützung. Angestellte Küchenchefinnen gibt es kaum." Nein, er glaube nicht, dass sich da in den kommenden Jahren viel ändern wird. Auch Susanne Droux fallen kaum angestellte Küchenchefinnen ein.

"Ich denke, es liegt weniger daran, dass zu wenig Küchenchefinnen eingestellt werden, als daran, dass zu wenige wollen. Das ist aber doch auch wieder in jedem Job so. Junge Mütter haben das Nachsehen. Außer, ein starker Partner hält ihnen den Rücken frei!", sagt Diana Burkel. Im Sterne-Restaurant "Essigbrätlein" lernte sie bei Andree Köthe und Yves Ollech deren Gewürzküche kennen, die sie bis heute prägt. Doch "irgendwann muss man auch mal woandershin". Burkel zog weiter nach Südtirol ins Sterne-Restaurant "Castell". Im Gepäck den Traum, ein eigenes Restaurant zu eröffnen, in dem sie so kochen kann, wie sie will. Doch Familie und Freundin fehlten ihr und sie ging zurück nach Hause.

Chefin am Herd:

© Stefan Hippel

Zusammen mit Josef Penzenleitner, dem Lebensgefährten ihrer Mutter, wird Diana Burkels Traum schließlich Realität: Im Oktober 2006 eröffneten sie ihr Familienprojekt "Würzhaus" am Kirchenweg. Der Anfang war schwerer als gedacht: "In die großen Schuhe musste ich erst hineinwachsen!" Die Angst hockte ihr im Nacken, das Ganze in den Sand zu setzen und Josef und ihrer Mutter die Existenzgrundlage zu entziehen. Ein ziemlicher Druck, den sie dann auch mal in der Küche abgab. "Ich war früher schon explosiv und musste lernen, das in den Griff zu bekommen." Zu dritt standen sie anfangs in der Küche, zwei Männer und Diana. Heute hat sie zehneinhalb Festangestellte. Als Chefin ist sie "herzlich, kann aber auch einmal deutlich werden", sagt ihr Lehrling Maxi. Und einfühlsam ist sie, verständnisvoll und geduldig. Diana Burkel lacht.

Der Laden läuft

Seit acht Jahren kocht die 38-Jährige in der Sendung "Wir in Bayern" im Bayerischen Fernsehen. "Der BR wollte in der Riege auch mal eine junge Frau", sagt sie lapidar. Nein, einem Frauenkreis oder Köchinnen-Stammtisch gehöre sie nicht an. Sie schnaubt. "Da wären wir ja wieder die Randgruppe!" Natürlich sei Emanzipation wichtig: "Wenn ich mitbekomme, dass Frauen für denselben Job weniger Geld verdienen, dann sehe ich rot." Eine Benachteiligung empfindet sie persönlich nicht, "aber ich bin ja auch mein eigener Chef." Egal, ob Mann oder Frau: "Ich muss mit jemanden zusammenarbeiten können. Das muss passen." Ihre Küche bezeichnet die Köchin als eine "Mischung aus Moderne und Tradition": "Gewürze sind für mich dabei die Quintessenz von allem. Das, was dem Gericht Charakter gibt." Der Führer Gault&Millau prämiert das "Würzhaus" mit 16 Punkten. Der Laden läuft. Nur mit dem Stern hat es bisher nicht geklappt. "Das kratzt am Ego, ganz klar."

In Christian Egelseer, dem zweiten Küchenchef, hat sie ihr Alter Ego gefunden. Ein perfektes Zusammenspiel, "er holt mich auch mal auf den Boden zurück". Trotzdem: Eine Frau in der Küche ist gut fürs Niveau, sagt Diana Burkel: "Sechs bis sieben Testosteron-Bomben verhalten sich unter weiblichem Einfluss viel angenehmer. Wobei das eigentlich wieder für alle Berufssparten gilt, denke ich."

Christian Egelseer ist übrigens gerade Vater geworden. Die Gespräche in der Küche haben deshalb einen ganz anderen Dreh bekommen. "Einen schönen", sagt Diana Burkel.

Mehr Informationen über das "Würzhaus" in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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