Beckstein: Atommüll-Endlager unter der Lorenzkirche undenkbar

2.10.2020, 14:42 Uhr

Aus Günther Becksteins Sicht sei es "ziemlich nutzlos", wenn sich jetzt schon der Nürnberger Stadtrat mit dem Thema beschäftige. Es sei "abwegig", über ein Endlager "unter der Lorenzkirche" ernsthaft nachzudenken, sagte Beckstein am Freitag im Münchener Presseclub.

Beckstein gehört dem "Nationalen Begleitgremium" zum Endlager-Suchprozess an. Das Gremium soll sicherstellen, dass die Suche nach einem Standort fair ablaufe und "nicht getrickst" werde, beschrieb Beckstein seine Rolle. Vielleicht werde mit dem "partizipativen Prozess" der Standortsuche "eine neue Form von Demokratie" verwirklicht, sagte die Vorsitzende des Begleitgremiums, die Münchener Professorin für Umwelt- und Klimaschutz Miranda Schreurs.

"Überrascht" zeigten sich Schreurs und Beckstein, dass der am vergangenen Montag veröffentlichte "Zwischenbericht Teilgebiete" 90 Regionen der Bundesrepublik für geologisch grundsätzlich geeignet hält, ein Endlager aufzunehmen. Damit gelten zunächst 54 Prozent der Fläche Deutschlands und zwei Drittel von Bayern als mögliche Standorte. Dass auch der Untergrund von Großstädten wie Nürnberg, Fürth, Erlangen und Regensburg dabei ist, sei "gewöhnungsbedürftig", erklärte sich aber mit dem Auftrag, nur die geologischen Bedingungen ohne Rücksicht auf das "was darüber ist" zu untersuchen. Schreurs geht davon aus, dass sich die in Frage kommenden Regionen im nächsten Schritt erheblich reduzieren werden.

Perfektionistisch und teuer

Dass ausgerechnet der am besten untersuchte Salzstock-Zwischenlagerstandort Gorleben nicht geeignet sein soll, wollte Beckstein nicht weiter kommentieren. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatten am vergangenen Montag politische Motive dahinter vermutet. Politisch sei die Aufgabe von Gorleben eine "Erleichterung", weil sich "die gesamte aggressive Szene" an diesem Standort "festgebissen" habe. In dieser Szene sei jetzt eine "gewisse Verunsicherung" feststellbar. Das jetzt eingeleitete Verfahren mit größtmöglicher Öffentlichkeitsbeteiligung beinhalte eine "Automatik" mit dem Ziel, Widerstandsszenen wie in Wackersdorf und Gorleben nicht wiederholen, so der frühere bayerische Innenminister und Ministerpräsident.


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Der Diskussionsprozess soll bis 2031 zwei "bestmögliche" Standorte eines für mindestens eine Million Jahre sicheren unterirdischen Lagers "egal wo" (Schreurs) herausfiltern. Die letzte Entscheidung trifft der Bundestag. 2050 soll mit der Einlagerung hoch radioaktiven Mülls begonnen werden.

Beckstein rechnet damit, dass im nächsten Schritt des Standortsuchprozesses nicht nur dicht besiedelte Regionen wie der Großraum Nürnberg, sondern auch Naturparks oder Welterbe-Stätten "von vornherein ausgeschlossen" werden. Der gesamte auf mehr als zehn Jahre angelegte Prozess sei nach deutscher Art "perfektionistisch" angelegt und werde noch viele Millionen Euro verschlingen.


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Für andere als "Jahrhundertprojekte" empfahl Beckstein diese Art der Entscheidungsfindung wegen des enormen Zeitbedarfs nicht, auch nicht für Hochspannungs-Stromleitungen. Zumal Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) auf den Standpunkt stehe, dass Bayern diese nicht brauche, weil es über Steckdosen verfüge, spottete der ehemalige Regierungschef.

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