Kuriose Situation in Bayern

Nur Dreier-Bündnisse: Offen, ob die Ampel auf rot oder grün springt

8.9.2021, 15:03 Uhr
Können oder können sie nicht?

© Friedrich Stark via www.imago-images.de, NN Können oder können sie nicht?

Der Absturz der Union in den Umfragen bringt eine ganz neue Dimension in die bundesdeutsche Politik. Denn nach Lage der Dinge sind Zweier-Bündnisse vorerst keine Option mehr. Es reicht schlicht nicht dafür. Egal, wer ins Kanzleramt einziehen wird, für eine stabile Regierung braucht er mindestens zwei Partner.

In Bayern sorgt das für eine kuriose Situation. Die Menschen hier hätten laut Umfragen zwar am liebsten Olaf Scholz als Kanzler, wünschen sich aber eine große Koalition unter Führung der Union. Alternativ könnten sie sich noch mit Schwarz-Grün anfreunden. Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP landet bei ihnen weit abgeschlagen auf dem vorletzten Platz. Einzig das Links-Bündnis finden sie noch schlechter.

Nur theoretisch

FDP-Chef Christian Lindner hat das sicher im Blick, wenn er seit Wochen eine klare Linie zwischen sich und einer Ampel-Koalition zieht. Er spricht nur von einer "theoretischen Option", an anderer Stelle davon, dass sie "ein höchst unwahrscheinliches Gesprächsformat nach der Wahl" sei.

Tatsächlich scheinen vor allem in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen die Gräben tief zwischen den Liberalen auf der einen und der SPD und den Grünen auf der anderen Seite. Linder lehnt Steuererhöhungen kategorisch ab, Grüne und SPD wollen sie unbedingt. Lindner lehnt eine Abkehr von der Schwarzen Null ab. Die SPD und vor allem die Grünen sehen das anders.

Wege zueinander

Unüberbrückbar aber sind die Differenzen in Wahrheit nicht. Alle drei signalisieren dezent eine gewisse Beweglichkeit auch bei den unbeweglichen Positionen, auch in finanzpolitischen Fragen. Lindner, der in einer Ampel wohl den Posten des Finanzministers bekäme, hat mittlerweile erkannt, dass er seine eigene Verhandlungsposition schwächt, wenn er sich auf ein Bündnis mit der Union fixiert. Und SPD und Grüne wissen, dass sie nach der Wahl auf die FDP angewiesen sein könnten, wollten sie ein Links-Bündnis vermeiden.

Einfach wird das dennoch nicht. Als Lindner 2017 nach monatelangen Verhandlungen das Jamaika-Bündnis hatte platzen lassen, rettete er sich mit dem Satz "Lieber nicht regieren, als falsch regieren" aus der Affäre. Lindner machte dafür vor allem die Grünen verantwortlich. Sie hätten gefundene Kompromisslinien infrage gestellt und das Bündnis gesprengt. Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen allerdings berichten anderes. Die Grünen, sagen sie, hätten sich in einem unerwartet starken Maß bewegt. Lindner habe schließlich die Notbremse gezogen, weil er noch nicht in die Regierung gewollt habe. An den Grünen jedenfalls sei das damals nicht gescheitert.

Verhandlungsbereit

Die sind seitdem womöglich noch moderater geworden in ihren Positionen. Und verhandlungsbereit. Es ist lange her, dass sie einer Regierung so nahe gekommen sind wie diesmal. Denn 2017 hat es Alternativen zu einem Bündnis mit ihnen gegeben. 2021 sieht das anders aus, weil die SPD ein erneutes Regierungsbündnis mit der Union kategorisch ausschließt.

Dass die Ampel funktionieren kann, zeigt sich auf Landesebene. Die erste fand sich bereits 1990 in Brandenburg, allerdings mit einer Besonderheit: Weil die Grünen an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert waren, koalierten SPD und FDP mit Bündnis 90, das damals noch getrennt von den Grünen unterwegs gewesen war. Erst drei Jahre später fusionierten Grüne und Bündnis 90.

Oft gescheitert

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Verhandlungen über eine Ampel in mehreren anderen Bundesländern wie auch auf Bundesebene regelmäßig an der FDP gescheitert waren. Doch diesmal will die FDP regieren. Das dämpft manchen Schmerz. Selbst, wenn es um die Grünen geht.

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