Anhebung der Mehrwertsteuer

Besonders Feiern werden abgesagt: Verzweifelte Wirte kämpfen nach Steuererhöhung um ihr Überleben

Jannik Westerweller

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25.1.2024, 08:23 Uhr
20 Euro fürs Schäufele: viele Wirte mussten zum 1. Januar ihre Preise anheben. 

© Hans-Joachim Winckler, NN 20 Euro fürs Schäufele: viele Wirte mussten zum 1. Januar ihre Preise anheben. 

Ab dem 1. Januar 2024 wird die Mehrwertsteuer auf Speisen von sieben wieder auf 19 Prozent angehoben. Um die Gastronomie während der Corona-Krise zu entlasten, war der Steuerersatz für Speisen in Restaurants und Cafés vorübergehend von 19 auf sieben Prozent gesenkt worden. Die Regelung wurde wegen der Energiekrise mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende des vergangenen Jahres.

Viele Gastronomen großer, etablierter Nürnberger Restaurants in Toplagen nehmen die Steuererhöhung hin, wollen aber die Preise nicht noch weiter erhöhen - wenn auch zähneknirschend.

Doch das ist die Ausnahme. Nur wenige können es sich leisten, die Preise nicht anzuheben. Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) geben knapp 63 Prozent der Gastronominnen und Gastronomen an, dass sie die Mehrwertsteuer-Erhöhung wirtschaftlich schwer treffen werde. Rund 17 Prozent gaben an, die Erhöhung treibe sie an den Rand des Ruins oder sie müssten ihren Betrieb mangels Perspektive aufgeben. Knapp 89 Prozent der Betriebe gaben an, sie müssten zum 1. Januar 2024 die Preise erhöhen.

"Im Grunde ist es ja sogar mehr als zwölf Prozent", erzählt Markus Friedrich (Name von der Redaktion geändert). Nicht nur die Streichung der Förderung macht dem Gastronomen zu schaffen, auch gestiegene Energiepreise, sowie Einkaufs- und Personalkosten sind eine starke Belastung. Die Preise musste er in seinem Restaurant im Nürnberger Land erhöhen. Durchschnittlich zwölf bis 15 Prozent mehr kosten Essen und Getränke nun. Ein Schäufele kostet 20 Euro, das Schnitzel kostet 17 Euro. Ein Krug Bier (0,4 Liter) kostet 4,20 Euro.

"Bislang habe ich noch keine Rückmeldung von Gästen bekommen, zumindest nicht direkt", erzählt Friedrich. Zumindest nicht direkt - im Internet jedoch hätten verärgerte Gäste zwei oder drei Mal im Nachgang eine schlechte Bewertung geschrieben. "Früher war das einmal eine gutbürgerliche Gaststätte... Jetzt nur noch schlechter Service zu überteuerten Preisen", so ist es auf einer bekannten Seite für Restaurantbewertungen zu lesen.

Doch bald könnte es nicht nur bei schlechten Bewertungen bleiben. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts "Yougov" gaben 44 Prozent der Befragten an, sie würden seltener essen oder gar nicht mehr, wenn die Mehrwertsteuer wieder voll draufgeschlagen wird. Der Trend ist nicht neu: Bereits in den vergangenen beiden Jahren gingen immer weniger Menschen essen, da sie wegen der Inflation Geld sparen mussten.

Friedrich ärgert das: Nicht nur hätten sie eine Speisekarte online, ebenfalls verstünden die meisten Menschen nicht, welche Kosten Gastronomen aktuell zu tragen haben. Ebenso ärgert ihn, dass Wirte aktuell immer dem Vorwurf begegnen, sie hätten ja während der Pandemie den vergünstigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auch nicht weitergegeben. Nun würden Gastronomen, die die Preise erhöhen müssen, als raffgierig dargestellt werden.

"Das war ja nicht der Hintergrund der Idee", schimpft Friedrich. "Es ging ja darum, die Branche zu fördern." Er erzählt uns, wie er die Corona-Pandemie wahrgenommen hat. Seine Branche haben die Lockdowns am härtesten getroffen, monatelang mussten Restaurants geschlossen bleiben. "Da hat die Bundesregierung, insbesondere Karl Lauterbach, uns einen Bärendienst erwiesen." Die Auswirkungen dieser Zeit seien auch heute noch spürbar. Und gleichzeitig wird die Förderung gestrichen, die Mehrwertsteuer beträgt seit dem 1. Januar wieder 19 Prozent.

Mit den gestiegenen Preisen stornieren auch die ersten Gäste ihre Reservierungen. Vor allem Feiern, beispielsweise Konfirmationen, werden abgesagt. "Das sind dann junge Familien, die auch schauen müssen, wo sie bleiben", erzählt uns Friedrich.

"Ich habe wenig Hoffnung"

Doch könnte ein vergünstigter Mehrwertsteuersatz wieder kommen? "Ich habe wenig Hoffnung", sagt Friedrich resigniert. "Von den Versprechen, die gemacht wurden, wurde wenig eingelöst. Ich weiß aber auch nicht, ob CDU und CSU es besser machen würden, es fehlt ja trotzdem das Geld." Dennoch habe er das Gefühl, es gebe gerade politisch einen Umbruch: Grund dafür seien die aktuellen Proteste der Landwirte. Daher würden auch viele Gastronomen mitdemonstrieren. Mit den Protesten solidarisiert er sich: "Ich finde es mutig, was die Bauern da machen. Ich kann es nachvollziehen."

Zwischen Verzweiflung und Resignation

Dass viele Betriebe komplett schließen mussten, kann Friedrich nachvollziehen. Vor allem Betriebe, die zuvor schon kaum über die Runden kamen, seien betroffen. Schwierig sei es auch für Restaurants älterer Wirte. Diese würden den Ruhestand vorziehen - es würde sich schließlich sowieso nicht lohnen. Er selbst arbeitet im Familienbetrieb, seine Eltern stehen noch mit in der Küche. Trotzdem ist er resigniert angesichts der aktuellen Situation: "Ich wache oft auf und frage mich: 'Wieso soll man es überhaupt machen?'"

Seine Aussagen zeigen: Die Situation ist ernst. "Egal, mit welchen Kollegen ich mich unterhalte - Spaß macht es nicht."

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