Coronavirus: Erlanger Arzt über Bayerns Behörden entsetzt

2.3.2020, 18:32 Uhr
Falk Stirkat bezeichnet das Vorgehen in Bayern als Behördenversagen. Der Notfallmediziner ist fassungslos.

© Tobias Klink Falk Stirkat bezeichnet das Vorgehen in Bayern als Behördenversagen. Der Notfallmediziner ist fassungslos.

In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, heißt es: "Ich bin Arzt in Erlangen und muss gerade ein Behördenversagen miterleben, das mich sprachlos zurücklässt." Der Freistaat betreibe im Umgang mit dem Virus gegenüber Ärzten und medizinischem Personal eine schlechte Informations- und Koordinierungspolitik.


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So sollten Notfallmediziner Abstriche von Verdachtsfällen machen, bekämen aber keine Angaben darüber, wie und was sie genau zu tun hätten. Das Schlimmste aber, und das betonte der Arzt erneut im Gespräch mit dieser Redaktion, sei die Tatsache, dass niedergelassene Ärzte und Notfallmediziner in Sachen Schutzausrüstung "vollständig allein" gelassen werden. So sei er bei einer Anfrage nach einer Schutzbrille vonseiten der Behörden auf einen örtlichen Baumarkt verwiesen worden.

Einer Kollegin habe das Gesundheitsamt geraten, Schutzkleidung bei Amazon zu bestellen. "Das ist doch einfach respektlos den Kollegen gegenüber", betonte Stirkat im EN-Gespräch weiter. Schließlich seien Behörden auch für eine entsprechende Notfallausrüstung von Medizinern und deren Schutz zuständig.

Kritik auch via Facebook

Inzwischen lässt der 36-Jährige seinem Ärger auch auf seiner Facebook-Seite freien Lauf - und erntet damit nach eigenen Angaben Zustimmung bei anderen Ärzten. "Man spricht mit vielen, die verärgert oder in Sorge sind", sagte Stirkat. In anderen Bundesländern sei die Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Behörden professioneller vonstatten gegangen.


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Schon am Freitag hatte der Arzt gegenüber dieser Redaktion beklagt, beim Staatlichen Gesundheitsamt zunächst keine Antworten auf Fragen und keine Hilfe bekommen zu haben. Bei der noch am gleichen Abend einberufenen Pressekonferenz wollte sich der Leiter des Gesundheitsamtes Erlangen/Erlangen-Höchstadt Frank Neumann auf EN-Nachfrage nicht näher zu den Vorwürfen äußern, räumte aber ein, von dem Vorfall gehört zu haben.

In Herrmanns Ministerium selbst ist man an der Klärung der Angelegenheit dran, hieß es auf Anfrage. Am Sonntag war der neu eingerichtete Krisenstab mit Herrmann unter Leitung von Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) zum ersten Mal in München zusammengetreten.


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Schon in den ersten Tagen sei die Zusammenarbeit sehr "gut und vertrauensvoll" verlaufen, berichtete der in Erlangen lebende Ressortchef den EN. Das Gremium, in dem neben Gesundheits- und Innenministerium weitere Staatsministerien sowie Vertreter der freiwilligen Hilfsorganisationen und des Technischen Hilfswerks, Experten der Polizei und des Katastrophenschutzes sitzen, soll laut Herrmann die Lage ab sofort täglich sondieren.

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