Florian Janik: Beidbeinig im Hier und Jetzt

12.2.2020, 17:05 Uhr
Florian Janik: Beidbeinig im Hier und Jetzt

© Stefan Mößler–Rademacher

Der Wind, der an diesem Samstag durch Erlangen fegt, ist eiskalt. Das scheint aber Florian Janik nichts anzuhaben. Gut gelaunt steht er mit offenem Mantel am Wahlkampfstand der SPD in der Erlanger Innenstadt, so als wolle er den vorbeihuschenden Menschen signalisieren, seht her, ich bin offen für jedes Gespräch.

Die Rechnung geht auf. Immer wieder bleiben Bürgerinnen und Bürger stehen, um mit dem amtierenden Oberbürgermeister zu reden. Was er dabei zu hören bekommt, ist allerdings nicht immer vergnügungssteuerpflichtig.

Zu viel ist aus Sicht selbst der treuesten SPD-Wähler nicht so gelaufen, wie diese es sich gewünscht haben. Landesgartenschau, Teilsperrung der Neuen Straße, Bürgerbeteiligung oder der "Kahlschlag" auf dem Bergkirchweihgelände – ganz zufrieden sind manche Wählerinnen und Wähler mit den Ergebnissen nicht, die sie sich 2014, bei Janiks sensationellem Sieg über den Langzeit-OB Siegfried Balleis von der CSU, von dem neuen, frischen und jungen Oberbürgermeister erhofft hatten.

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Am Wahlkampfstand registriert Florian Janik die Zwischentöne und kritischen Worte genau. Er spricht und erklärt, unaufgeregt, detailreich und eloquent. Öffentlich aus der Haut zu fahren, ist nicht sein Ding. Verletzungen zu zeigen ebenfalls nicht. Das wirkt auf den einen oder anderen unterkühlt und berechnend. Der 39-Jährige ist, trotz seines noch jungen Alters, ein Politprofi. Mit fast allen Wassern gewaschen und mit klaren Zielen.

Er weiß, dass in Sachen Wiederwahl noch lange nicht die letzte Messe gelesen ist. Und dass er sich beim Urnengang am 15. März auf Anhieb durchsetzen kann? Daran glaubt der mit "summa cum laude" promovierte Sozialwissenschaftler wohl selbst nicht – angesichts sieben weiterer Bewerber um das höchste politische Amt in der Hugenottenstadt.

Dass seine Partei, die in Erlangen stolz auf eine 150-jährige Geschichte zurückblicken kann, im Bund und im Land im Sinkflug ist, könnte auch ihm gefährlich werden. Janik blendet nicht aus, dass er um jede Stimme kämpfen muss, nicht nur am Stand vor einem großen Bekleidungsgeschäft, sondern auch beim Straßenwahlkampf, an jeder Haustür.

Szenenwechsel: Florian Janik sitzt am heimischen Küchentisch. Er trägt eine dunkle Trainingsjacke mit dem Logo der Stadt Erlangen auf der Brust. Die Ärmel sind locker in die Armbeugen geschoppt. Konzentriert platziert er Spielsteine auf einer Weltkarte.

"Pandemic Legacy" heißt das Brettspiel, das die Familie Janik neu entdeckt hat. Die Szenerie des Spiels ist dabei schnell erklärt: Eine Virologin, ein Eindämmungsspezialist und ein Seuchenexperte bilden ein Team, das um die Welt reist, um verschiedene Virusstämme zu bekämpfen. Immer wieder gibt es neue Seuchenherde, und bei Ausbrüchen infizieren sich die Menschen in den benachbarten Städten. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, es gilt, Impfstoffe zu entwickeln und die Krankheiten zu besiegen. Gespielte Apokalypse mal anders und doch irgendwie brandaktuell.

Janik bereitet sich dabei mitnichten auf einen möglichen Ausbruch des Corona-Virus in Erlangen vor. Der Familienmensch und Vater zweier Kinder spielt einfach gerne, und statt Mühle und Dame darf es gerne auch Komplexeres wie "Pandemic Legacy" oder das "kooperative" Kartenspiel "Hanabi" sein. Kommt dazu noch ein Schuss Fantasy oder Science Fiction, ist es endgültig um den ansonsten so bodenständigen Oberbürgermeister geschehen. So mogelt sich dann schon mal zwischen die zahlreichen politischen Facebook-Posts ein Hinweis auf die neue Star-Trek-Serie "Picard". Janik, der keine Berührungsängste vor der sogenannten Trivialkultur hat, ist bekennender Star-Trek- und Star-Wars-Fan.

"Als großer Science Fiction-Fan schaffe ich es, mich in ein Fantasieuniversum zu begeben. Es ist total entspannend, nach einem Arbeitstag gemeinsam mit meiner Frau eine Folge ,Star Trek‘ zu schauen", sagte er einmal in einer Sonderveröffentlichung der Erlanger Nachrichten.

Apropos Facebook: Auch auf der Klaviatur der Sozialen Netzwerke spielt er virtuos, weiß sie geschickt für seinen Wahlkampf zu nutzen. Egal ob es die Video-Serie "Janiks Woche" ist, wo der gebürtige Erlanger, ganz im Selfiemodus, auf die Höhepunkte seiner abgelaufenen Arbeitswoche blickt, oder ob er einen Kurzbericht des Besuchs bei der Baptistengemeinde postet. In der virtuellen Welt scheint er omnipräsent zu sein, dort kann ihm wohl keiner der Mitbewerber das Wasser reichen.

Janik nutzt Facebook und Co. ziemlich intensiv, um Wählerinnen und Wähler zu erreichen. Umgekehrt wissen viele Nutzer mittlerweile, dass sie gar nicht erst in die reale Bürgersprechstunde gehen müssen, wollen sie sich an das Stadtoberhaupt wenden. Eine Facebook- oder Twitter-Mitgliedschaft reicht für sie völlig aus.

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