Menschenrechte im Mittelpunkt

Was das Lieferkettengesetz für Puma und Adidas bedeutet

Claudia Freilinger

Nordbayerische Nachrichten Herzogenaurach/Höchstadt

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06.08.2021, 05:45 Uhr
Eine Raubkatze an der Fassade am Puma-Hauptsitz in Herzogenaurach: Große Umstellungen kommen auf den Konzern durch das Lieferkettengesetz nicht zu, betont die Medienabteilung.

© Ralf Rödel, NNZ Eine Raubkatze an der Fassade am Puma-Hauptsitz in Herzogenaurach: Große Umstellungen kommen auf den Konzern durch das Lieferkettengesetz nicht zu, betont die Medienabteilung.

In den Geschäftszentralen von Puma und Adidas in Herzogenaurach sehen die Mitarbeiter dem Lieferkettengesetz entspannt entgegen. "Wir setzen uns mit diesem Thema schon seit 1993 auseinander", sagt Stefan Seidel, Head of Corporate Sustainability bei Puma. Die Raubkatze muss also keine großen Sprünge mehr machen?

Damals schon habe der Konzern seinen ersten Verhaltenskodex implementiert und damit eine Vorgabe erfüllt, die das Lieferkettengesetz jetzt verlangt. "Alle unsere direkten Hersteller werden regelmäßig auf die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten auditiert." Auch seien Menschenrechtsrisiken bereits als Teil des konzernweiten Risikomanagements definiert.

Adidas meint ebenfalls: "Unsere bestehenden und weltweit geltenden Unternehmensstandards decken die Anforderungen des Gesetzes im Wesentlichen ab." Seit mehr als 20 Jahren stelle der Konzern mit eigenen Standards faire und sichere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten seiner Lieferkette sicher, betont Pressesprecher Stefan Pursche.

Zehn Jahre alt ist eine Erklärung der Vereinten Nationen (UN), dass gerade auch in der Wirtschaft die Menschenrechte zu achten sind. Trotzdem sind noch immer 77 Millionen Mädchen und Jungen - also fast so viele Kinder, wie Deutschland Einwohner hat - laut Unicef aktuell weltweit von ausbeuterischer Arbeit betroffen.

Wie sieht es also mit der Überwachung aus?

Bei Puma ist laut Stefan Seidel eine eigene Abteilung zuständig. Außerdem habe der Konzern seit Jahren einen Verhaltenskodex und einen Ethikkodex - jeweils mit Beschwerdemechanismus. "Zu den Präventionsmaßnahmen gehören unser langjähriges Audit-Programm für unsere Lieferanten, Weiterbildungsseminare für unsere eigenen Mitarbeiter und regelmäßige runde Tische mit unseren Lieferanten." Ein Team von weltweit rund 50 Experten arbeitet bei Adidas nach eigenen Angaben täglich an der Anwendung und Einhaltung der Arbeitsplatzstandards - überwiegend in den Lieferländern. Im Jahr 2020 habe Adidas mehr als 900 Fabrikaudits bei Zulieferern durchgeführt, betont Stefan Pursche.

Und was passiert, wenn ein Lieferant ein Audit nicht besteht?

Bei einem neuen Lieferanten nimmt Puma die Geschäftsbeziehung erst auf, wenn die entsprechenden Korrekturpläne umgesetzt worden sind. Für bereits aktive Hersteller wird ebenfalls ein Maßnahmenplan erstellt. Im Fall von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen müssen diese sofort behoben werden. Sollte der Hersteller nicht bereit sein, notwendige Änderungen vorzunehmen, wird als letztes Mittel die Geschäftsbeziehung beendet. Auch bei Adidas gibt es laut Stefan Pursche "einen Sanktionsmechanismus bis hin zur Beendigung der Geschäftsbeziehung."

Die Mitarbeiter sehen keinen großen zusätzlichen bürokratischen Aufwand auf sich zu kommen, wie es Kritiker des Lieferkettengesetzes befürchtet hatten. Beide Konzerne sehen Menschenrechtsthemen bereits jetzt in ihren Geschäftsberichten abgedeckt. Sie befürchten auch keine Wettbewerbsnachteile und befürworten eine Lösung auf europäischer Ebene. Laut adidas ist das wichtig, "um den weltweiten Herausforderungen der Textilbranche wirkungsvoll begegnen zu können, vergleichbare Rahmenbedingungen zu schaffen und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden."

Für die Kunden wird es wohl nicht teurer

Der europäische Markenverband AIM, der auch Puma vertritt, hat gefordert, Unternehmen sollten dafür haftbar gemacht werden können, dass sie keine ausreichende Sorgfaltsverfahren eingerichtet und angewendet werden. Diese Haltung unterstützt man im Puma-Headquarter. Und werden die Herstellerkosten, die das neue Gesetz mit sich bringt, an die Kunden weitergeben? Eine Preissteigerung erwarten die Konzerne nicht.

Im Landkreis Erlangen-Höchstadt wird aufgrund seiner Mitarbeiterzahl auch der Automobilzulieferer Schaeffler von den Regelungen des Lieferkettengesetzes betroffen sein. Dort wollte sich zu dem Thema aber niemand äußern.

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