"Drive-by-Verfahren": Forchheim bekommt Corona-Teststation

19.3.2020, 17:04 Uhr

© Beke Maisch

Kein „Drive-In“, sondern ein „Drive-by“ und statt Fast Food gibt es einen schnellen Test, der im Zweifelsfall Schlimmeres verhindern kann: Am Parkplatz der Sporthalle des Herder-Gymnasiums Forchheim in der Ruhalmstraße richtet der Landkreis derzeit eine von bayernweit inzwischen 35 Schnelltest-Stationen für Corona-Verdachtsfälle ein.

Diese sogenannten Abstrichstellen sind ausschließlich Personen vorbehalten, die einen Untersuchungsauftrag des Gesundheitsamtes Forchheim haben. „Spontane Besuche ohne Auftrag sind zwecklos“, teilt das Landratsamt mit. Konkret geht als also um vom Gesundheitsamt ermittelte „Kontaktpersonen ersten Grades“. Das bedeutet: Jemand, der direkten, mindestens 15-minütigen, ungeschützten Kontakt mit einer Person hatte, die sich nachweislich mit dem Coronavirus infiziert hat. „Diese müssen schnellst möglichst getestet werden und sich in häusliche Quarantäne begeben“, heißt es vom Landratsamt.



Der Ablauf gestaltet sich so: Das Gesundheitsamt informiert die jeweilige Person, dass sie getestet werden soll und teilt den Termin mit. „Die Person fährt im Auto zur Abstrichstelle und bleibt im Auto sitzen. Die Person schreibt ihren Vor- und Nachnamen sowie das Geburtsdatum groß auf einen Zettel, den sie in die Windschutzscheibe des Autos legt. Am Kontrollpunkt wird der Name mit der gemeldeten Liste bei geschlossenem Fenster überprüft.“

Nur wer vom Gesundheitsamt gemeldet worden ist, kann den Kontrollpunkt mit dem Auto passieren und zum Parkplatz Herder-Halle fahren. Dort soll man im Auto sitzen bleiben und das Fenster herunterlassen. So erfolgt dann der Abstrich binnen weniger Minuten.

Die Teststation ist mit Personal des Gesundheitsamtes und des BRK ausgestattet. Das Drive-by-Verfahren habe den Vorteil, so das Landratsamt, dass ein Ansteckungsrisiko minimiert werde. Für diejenigen, die kein Auto haben, werde ein gesonderter Termin vereinbart. Nach Vorliegen der Laborergebnisse kontaktiert das Gesundheitsamt die einzelnen Personen. Die Ruhalmstraße ist aus diesem Grund für den normalen Verkehr gesperrt.

"Abstand, Abstand, Abstand!"

Derweil richtet sich Umweltminister Thorsten Glauber (FW) mit einem dringenden Appell nicht nur, aber auch an die hiesige Bevölkerung. Gegenüber den NN sagt er: „Wenn wir nicht wollen, dass Ausgangssperren verhängt werden, dann gilt jetzt: Abstand, Abstand, Abstand!“ Zuhause zu bleiben und Abstand voneinander zu halten, nur das helfe in dieser Krise, sagt Glauber.

Dann wird er noch deutlicher: Seine Schwester habe ihm unlängst ein Foto aus dem Forchheimer Globus-Markt geschickt, auf dem sich die Menschen, auch die älteren, nur so tummelten. „Das ist Wahnsinn! Als würde man uns nicht hören. Es ist offenbar nicht angekommen, wie gefährdet die Risikogruppen sind“, so der Umweltminister aus Pinzberg.

Alle internationalen Studien besagten, dass die Sterblichkeitsrate durch Corona bei Personen ab 70 Jahren „dramatisch“ ansteige – „in Richtung zehn Prozent“. Und ab 80 Jahren „in Richtung 20 Prozent, das ist jeder Fünfte!“

Im Freistaat stünden zwar 5000 Beatmungsgeräte zur Verfügung, man schnüre in München ein Milliarden-Hilfspaket für die Wirtschaft, Politik und Verwaltung liefen auf Hochtouren – man dürfe sich aber mit der derzeit vergleichsweise noch niedrigen Zahl an Todesfällen in Bayern und Deutschland nichts vormachen, sagt Glauber.

2400 Infizierte gebe es im Freistaat („Stand heute“), doch angesichts rasant steigender bestätigter Infektionen in Bayern („gestern waren es 340 neue Fälle, heute sind es schon weitere 417“) müsse man sich auch vor Augen halten, was geschehe, sollten sich die Risikogruppen, und hier insbesondere die älteren Bürger, zahlreich infizieren. „In Italien gab es allein heute 480 gemeldete Todesfälle“, so Glauber. „Unsere Senioren haben zuhause zu bleiben! Ihre Essen sollen ihnen vor die Tür gestellt werden, von den Kindern oder ihren Enkelkindern!“

„Wenn die Bevölkerung nicht mitmacht und Abstand hält, dann bekommt unser armes Krankenhauspersonal die Folgen in zwei Wochen knallhart serviert“. Dann, so der Umweltminister, müssten sie in den Kliniken um das Leben „eines jeden ringen“.

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Bei der neuen Abstrichstelle in Forchheim erfolgt keine Behandlung. Es wird also nur der Abstrich entnommen.

Hier die Verhaltensregeln des Landratsamtes für betroffene Personen:

"1. Personen, die Krankheitssymptome haben: Rufen Sie Ihren Hausarzt an! Alternativ können Sie auch den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117 kontaktieren. Das Klinikum Forchheim wird nur noch Abstriche bei stationären Patienten vornehmen.

2. Personen, die aus Risikogebieten kommen und keine Symptome haben: Vermeiden Sie unnötige Kontakte und bleiben Sie zu Hause!

3. Personen, die engen Kontakt zu Infizierten hatten: Rufen Sie bei ihrem Gesundheitsamt an (Tel: 09191 / 86-3504). Auch wenn Sie keine Krankheitssymptome haben."

"Wir müssen jetzt gemeinsam zum Wohl unserer Bürgerinenn und Bürger die Ausbreitung verlangsamen und verzögern", erklärt Landrat Hermann Ulm. "Das wichtigste für jeden einzelnen von uns ist Kontaktminimierung und Hygiene." Nur gemeinsam könne man diese außergewöhnliche Lage bewältigen. "Deshalb appelliere ich an alle, sich an diese Hinweise zu halten und soweit wie möglich die sozialen Kontakte einzuschränken. Wichtig ist auch, einen klaren Kopf zu behalten. Wenn Sie sich informieren, achten Sie auf seriöse Quellen."


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