Fränkisches Pannen-Kraftwerk soll wiederbelebt werden

12.1.2021, 05:41 Uhr
Sieben gewaltige Krater zeigten sich am Boden Staubeckens, als man im Januar 2011 das Wasser abließ, an etlichen weiteren Stellen gab es kleinere Einbrüche, in denen das Wasser verschwand.

© Richard Kraut Sieben gewaltige Krater zeigten sich am Boden Staubeckens, als man im Januar 2011 das Wasser abließ, an etlichen weiteren Stellen gab es kleinere Einbrüche, in denen das Wasser verschwand.

Sieben gewaltige Trichter, bis zu 13 Meter breit und 2,3 Meter tief, tauchten am Grund des Oberbeckens auf dem Deckersberg bei Happurg (Landkreis Nürnberger Land) auf, als die 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser am 18. Januar 2011 abgelassen wurden. Zuvor war das Wasser im Becken auf unerklärliche Weise weniger geworden. Betreiber, Behörden und Anwohner waren alarmiert.

Zu Recht, denn Untersuchungen ergaben: Das Becken wird auf bis zu 120 Metern Breite von einem verfüllten Karst-Höhlensystem mit einer Tiefe von 20 bis 36 Metern durchquert.

Erheblicher Wasserverlust

Die Einbrüche im Oberbecken entsprachen einem Massendefizit von 300 Kubikmetern, verbunden mit erheblichem Wasserverlust. Seit Inbetriebnahme im Jahr 1958 gab es rund 100 Bodeneinbrüche, zehn davon mit einem Durchmesser von mindestens acht Metern.

Seit Januar 2011 wird darum gerungen, das Kraftwerk, bei dem das Wasser durch zwei dicke Rohre 209 Höhenmeter hinunterrauscht und die Turbinen zur Stromerzeugung antreibt, bevor es aus dem Happurger See wieder hochgepumpt wird, zu sanieren. Bisher vergeblich.

Doch jetzt kommt wieder Fahrt in die Angelegenheit: Vor wenigen Monaten erst hat das Landratsamt Nürnberger Land den Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2015 für die Sanierung des Oberbeckens um fünf Jahre verlängert. Der Betreiber Uniper hatte dies beantragt. Kostenpunkt für das Unternehmen immerhin: mehr als 158.000 Euro.

Zusätzlich hat Uniper vor etwa einem halben Jahr geeignete Firmen beauftragt, neue Konzepte für die Sanierung zu entwickeln. "Erste Erkenntnisse haben wir schon", sagt Jürgen Damm. Endgültige Ergebnisse sollen in diesem Jahr vorliegen, kündigt der Leiter der Kraftwerksgruppe der Deutschen Wasserkraft bei Uniper an.

"Wir stehen zu dem Standort"

"Wir stehen zu dem Standort und wollen das Kraftwerk wieder in Betrieb nehmen. Sonst würden wir jetzt nicht den Aufwand mit der Suche nach neuen Konzepten betreiben", verdeutlicht Damm.

Jetzt sollen Alternativen zu dem ursprünglichen, 150 Millionen Euro schweren Plan gefunden werden, das Oberbecken mit 11.000 dicken, 20 Meter tief in den Boden gerammten Betonsäulen zu stützen. "Es gibt alternative Wege, einen ebenso sicheren Zustand der Anlage herbeizuführen", erklärt Damm.

In der Vergangenheit seien die Sanierung und der Weiterbetrieb nicht mehr wirtschaftlich darstellbar gewesen. "Aber die Zeiten ändern sich", betont Damm. Trotzdem bleibe das energiepolitische Umfeld ein schwieriges.

EEG-Umlage für Pumpspeicher ein "Irrsinn"

"Jeder will CO2-freie Energie. Aber bei den Regelungen für Pumpspeicher hat sich nichts geändert", sagt der Uniper-Vertreter. Zum Beispiel müssten Pumpspeicherkraftwerke wie jeder Verbraucher Netzentgelte zahlen, um das Wasser nach oben zu pumpen und damit Energie zu speichern. "Ist das wirklich sinnvoll bei so einer Anlage?", fragt sich Damm.

"Das ist Irrsinn", meint der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig. Betreiber von Pumpspeichern müssten EEG-Umlage sowohl fürs Ein- als auch fürs Ausspeichern zahlen. "Eigentlich sollte nur derjenige bezahlen, der den Strom letztendlich verbraucht", sagt er.

Pumpspeicherkraftwerke wurden ursprünglich gebraucht, um vor allem die Mittagsspitze beim Verbrauch abzudecken. Nachts, wenn kaum Strom gebraucht wurde, wurde das Wasser wieder in die Oberbecken gepumpt.

Pumpspeicher könnten Stromlücken schließen

Heutzutage deckt aber die Photovoltaik die Mittagsspitze ab, oft gibt es sogar einen Überschuss. Lücken gibt es vor allem abends. "Mittags muss jetzt überschüssiger Strom exportiert werden, abends müssen wir wieder importieren. Pumpspeicher könnten diesen Bedarf zumindest teilweise abdecken. Darum sind so wertvoll und noch viel wichtiger als früher", betont Stümpfig.

Obwohl es an vielen möglichen Standorten große ökologischen Bedenken gibt, plädieren die Grünen für einen zumindest maßvollen Ausbau. "Ein paar mehr wären schon gut. An Standorten, die geeignet sind und wo es ökologisch einigermaßen vertretbar ist, sollte man das machen", wünscht sich Stümpfig.

Neues Kraftwerk in Oberfranken?

Die geplanten Pumpspeicherkraftwerke in Riedl (Landkreis Passau), mit 300 MW bei Verwirklichung das größte seiner Art in Bayern, und Einöden (Landkreis Rosenheim) sollten seiner Ansicht nach dringend vorangetrieben werden. Eine Studie für das bayerische Wirtschaftsministerium hatte im Jahr 2014 die 16 am besten geeigneten Standorte identifiziert, davon einen bei Muckenreuth im Landkreis Bayreuth. Viel passiert ist aber seither nicht.

Viel werde momentan geredet von Stromspeichern, sagt Uniper-Vertreter Damm. Immer werde dabei aber nur an Batterien gedacht. "Das Kraftwerk in Happurg hat eine Leistung von 160 Megawatt. Eine Batterie dieser Größenordnung gibt es nicht auf der Welt. Es ist schon Wahnsinn, wenn man aufgrund der geltenden Regelungen im Strommarkt so eine Anlage stillstehen lassen muss", verdeutlicht der Wasserkraft-Vertreter.

Nicht nur die derzeitigen Untersuchen und der Planfeststellungsbeschluss kosten viel Geld, sondern auch die Instandhaltung der Anlagen und Gebäude. Ein Elektriker und ein Maschinenbaumeister sind immer vor Ort, fünf weitere Mitarbeiter in Rufbereitschaft.

Sanierung würde drei Jahre dauern

Trotz aller Instandhaltung: Die Zeit schreitet voran. Deswegen werden vor einer Wiederinbetriebnahme nicht nur das Oberbecken saniert, sondern auch Maschinenteile, Elektrik und Leittechnik ersetzt werden. "Schließlich soll die Anlage dann wieder 30 bis 40 Jahre sicher betrieben werden können", betont Damm.

Falls sich Uniper für eines Sanierungskonzepte erwärmen kann, würde es noch etwa drei weitere Jahre dauern, bis die Sanierungsmaßnahmen beendet sind. Neue Mitarbeiter müssen eingestellt werden, bevor die Anlage dann über mehrere Monate hinweg langsam wieder angefahren wird.

Dann könnte man im Happurger Rathaus endlich wieder aufatmen. "Mit der Stilllegung gab es in Happurg massive Gewerbesteuereinbrüche. Der Hauptzahler ist plötzlich weggefallen", verdeutlicht Happurgs Bürgermeister Bernd Bogner (Freie Wähler). Jahrzehntelang habe man gut gelebt von dem Kraftwerk, jetzt sei man die zweitärmste Gemeinde im Landkreis Nürnberger Land.

5 Kommentare