Corona-Modellregionen: Auch Fürth bewirbt sich für den Öffnungsversuch

27.3.2021, 12:00 Uhr
Corona-Modellregionen: Auch Fürth bewirbt sich für den Öffnungsversuch

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Ist das der Beginn eines vorsichtigen Wegs aus dem Lockdown? Die Stadt bewirbt sich um einen der acht Plätze für den bayerischen Modellversuch nach Tübinger Vorbild.


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Mit strengen Schutzmaßnahmen und Testkonzepten könnten nach Ostern einzelne Bereiche des öffentlichen Lebens öffnen. Modellregion kann eine Kommune werden, deren Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 100 und 150 liegt. Unter anderem auch Adelsdorf, Nürnberg, Erlangen und Schwabach wollen ausgewählt werden. Start des Versuchs wäre, Stand Donnerstag, nicht vor dem 12. April.

"Es ist ein Schritt Richtung mehr Freiheit für die Kommunen", sagt OB Thomas Jung: "Seit einem Jahr werden wir von der Kanzlerin und der Ministerpräsidentenkonferenz teilweise fremdregiert."

Gute Chancen

Der Schwerpunkt des Fürther Öffnungskonzepts soll auf der Kultur liegen – und hier setzt die Stadt auf einen Doppelpass von kommunalem und privatem Theater: Stadttheater und Comödie werfen ihre Sicherheitskonzepte in den Ring und hoffen auf grünes Licht aus München.

Dreien der acht ausgewählten Modellregionen nämlich will der Freistaat versuchshalber offene Theatertüren ermöglichen. Da die Staatstheater von diesem Versuch ausgenommen sind, ist der Kreis der infrage kommenden Städte – Ingolstadt, Erlangen, Regensburg, Würzburg und eben Fürth – überschaubar, die Erfolgschance für die Kleeblattstadt sind daher nicht gering.

Einsatz auch für die Gastro und den Handel

Beworben hat sich Fürth aber auch für die Segmente Gastronomie und Einzelhandel, wie Rathauschef Jung am Freitag bei einem Pressetermin mitteilte. Punkten will man dabei mit dem hohen Anteil an inhabergeführtem Einzelhandel, der besonders gut auf die Einhaltung von Hygienekonzepten achten könne und der in der Krise noch einmal stärker bedroht ist als Weltkonzerne, so der OB. In der Bewerbung verweist das Rathaus auch auf die Schnelltest-Angebote von Apotheken - teils in Containern und mitten im Herzen der Stadt. Die Nachfrage sei sehr hoch.


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Dass "Abgrenzbarkeit" ein wichtiges Kriterium für München ist, hat Jung vernommen. Nürnberg und Fürth, die so eng beieinander liegen, haben hier natürlich schlechtere Karten als etwa Ansbach mit seiner Insellage, räumt Jung ein. Dafür habe Fürth - leider - eine stabile Inzidenz zwischen 100 und 200.

Von "Tübingen plus" hatte Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch in seiner Regierungserklärung gesprochen. Das sogenannte Tübinger Modell ist Kulturreferentin Elisabeth Reichert zufolge zwar "nicht eins zu eins kopierbar, doch wir sollten es als Basis für unsere Öffnungsstrategie verwenden".

Tübinger Tagespass

Tübingen geht schon länger einen eigenen Weg. In der baden-württembergischen Universitätsstadt mit knapp 100.000 Einwohnern liegt die Inzidenz seit Wochen zwischen 20 und 30, Geschäfte und Gastronomie haben geöffnet. Besuchen kann sie, wer einen tagesaktuellen, negativen Corona-Test vorweisen kann; diesen "Tübinger Tagespass" gibt es an mehreren Teststationen.


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Stichwort Schnelltests: Wie das, vor allem mit Blick auf die beiden Theater, im Detail vonstatten gehen kann, wird aktuell hinter den Kulissen ausgetüftelt. Für ein Schnelltest-Zelt vor dem Stadttheater plädiert die Kulturreferentin.

In der Comödie setzt Geschäftsführer Volker Heißmann auf den tagesaktuellen Apotheken-Nachweis der getesteten Zuschauer, auf das Platzierungs-Konzept, demzufolge maximal zwei Haushalte an einem Vierertisch Platz finden, und auf eine Lüftungsanlage, die "99 Prozent" der Viren fernhalte. "Sicherer kann man im Moment nicht sein als in einem Theater", so Heißmann.

Stadttheater-Intendant Werner Müller wird sich am Wochenende in Tübingen anschauen, wie das dortige Landestheater (LTT) der dritten Welle standzuhalten versucht. Das LTT ist seit der vorigen Woche wieder offen, als erstes Haus bundesweit. "Und es funktioniert prima", sagt Müllers Kollege Thorsten Weckherlin.

Testzentrum auf der Freiheit?

Vor dem Theatereingang werden die knapp 100 Zuschauer schnellgetestet, im gut belüfteten Saal sitzen sie mit Maske und auf Abstand. Ein Konzept, das in dieser Woche gleich zwei Premieren möglich macht. "Spannend, mutig, eine gute Sache" nennt Stadttheater-Sprecher Christof Goger die Fürther Bewerbung. Ob der Versuch der vorsichtigen Öffnung – falls Fürth zum Zuge kommt, wohlgemerkt – Erfolg hat, werde sich Reichert zufolge "nach drei bis vier Wochen erweisen"; erst dann gebe es interpretationsfähige Zahlen.

Unterdessen drängt die SPD-Stadtratsfraktion in einem Antrag auf die Umsetzung des Tübinger Modells. Mit Schnelltests solle es gelingen, "in absehbarer Zeit Einzelhandel und Außengastronomie zu öffnen". Fürth sei nicht nur aufgrund der aktuellen Inzidenzzahlen, sondern auch wegen seiner Größe "geradezu ideal für diesen Modellversuch geeignet".

Als Testzentren würden sich laut SPD die Fürther Freiheit und der Grüne Markt anbieten. Die Möglichkeit, ein Konzept für die Öffnung der Gastronomie umzusetzen, müsse das Wirtschaftsreferat prüfen, heißt es im Antrag der CSU.

Das Modellregion-Auswahlverfahren des Gesundheitsministeriums beginnt am Montag.

Der Artikel wurde am 27. März aktualisiert.

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