Corona-Strategie: Harsche Politik-Schelte aus dem Fürther Klinikum

21.3.2021, 18:14 Uhr
Pandemiebeauftragter des Fürther Klinikums: Dr. Manfred Wagner.

© Wagner Pandemiebeauftragter des Fürther Klinikums: Dr. Manfred Wagner.

"Von Lockdown zu Lockdown – das kann auf Dauer nicht unsere Strategie sein." Mit diesen Worten und einem Appell via Facebook hat sich Dr. Manfred Wagner, Pandemiebeauftragter des Fürther Klinikums, am Wochenende an die Politik gewandt.

Er fordert "mehr Agilität" von den Entscheidungsträgern. Politische Prozesse und Strategien der Pandemiebekämpfung müssten in ihrer Ausrichtung und Geschwindigkeit dem Virus angepasst werden. "Zu träge, zu unentschlossen und zu ideenlos" sei das Handeln in Deutschland, so Wagner, der erst unlängst den Impfstopp heftig kritisiert hatte.

Nach dem Öffnen der Schulen ohne funktionierendes Testkonzept und den fehlenden Reihentestungen in Betrieben sei jüngstes Beispiel dafür das Aufschieben eines erneuten harten Lockdowns: Dieser ist in Wagners Augen aufgrund des exponentiellen Anstiegs der Neuinfektionen aus medizinischer und epidemiologischer Sicht unausweichlich geworden.

"Wieder verlieren wir hier zu viel Zeit", moniert er, und das bedeute, zum einen, dass die Zahl der intensivpflichtigen Covid-19-Patienten in Kürze wieder das Niveau von Januar erreiche und das Krankenhauspersonal erneut maximal belaste.


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Zum anderen werde die Zahl der Corona-Toten – " und dieses Mal werden es jüngere Tote sein", so Wagner – steigen und: Der um eine Woche verspätete Lockdown werde "den Lockdown insgesamt um etwa zwei bis drei Wochen verlängern".

Mit jeder nicht getroffenen Entscheidung "entfernen wir uns mehr von etwas mehr Normalität, die so dringend notwendig wäre", warnt der Fürther Mediziner. Auf Dauer könne es nicht die Strategie sein, von einem Lockdown in den nächsten zu gehen.

Kein weiteres Abwarten

De facto sei man heute noch nicht wesentlich weiter als zu Beginn der zweiten Welle im vergangenen Herbst – denn sowohl Impfstoff als auch Schnelltests seien nach wie vor Mangelware.

Wagners Wunsch an die diesen Montag stattfindende Ministerpräsidentenkonferenz: "Bitte passen Sie Ihre Entscheidungsprozesse und Strategien dem Virus und den damit verbundenen Herausforderungen an. Wir können es uns einfach nicht mehr leisten, zu warten."

Wie das Impftempo erfolgreich gesteigert werden kann, habe Chile eindrucksvoll vorgemacht: Das Land habe nach anfänglicher Impfstoffknappheit weltweit eingekauft und rangiere nun mit seiner Impfquote im internationalen Vergleich auf Platz 3.

"Dass Strategien nicht funktionieren", gesteht Wagner zu, "kann passieren – aber dann muss man sie eben ändern oder neue Strategien entwickeln. Nichts zu tun, kann nicht die Lösung sein."