Fasziniert vom Quelle-Komplex: Egersdörfer über den Franken-Tatort

2.3.2020, 11:00 Uhr
Fasziniert vom Quelle-Komplex: Egersdörfer über den Franken-Tatort

© pr_by BR

Matthias Egersdörfer (50) wurde in Nürnberg geboren und lebt, mit Unterbrechungen, seit über 15 Jahren in Fürth. Als Leiter der Spurensicherung, Michael Schatz, ist er seit dem ersten "Franken-Tatort" dabei. Auf der Bühne gibt er sich oft grob, als Interviewpartner erlebt man ihn ganz anders: ausgesprochen freundlich.

Das Mordopfer wohnt in der Hornschuchpromenade, eine andere Hauptfigur - ein junger Mann - in der Nähe der Unterführung Jakobinenstraße. Das ist doch bei Ihnen gleich ums Eck!

Egersdörfer: Stimmt. Allerdings war ich bei den Dreharbeiten in Fürth nicht dabei. Dort wurden nur die Außenaufnahmen gemacht. Für Innenaufnahmen waren wir zum Beispiel in einer Wohnung in Johannis.

Ist es trotzdem was Besonderes, wenn der Film so nah am eigenen Lebensumfeld entsteht?

Egersdörfer: Mir geht’s da ähnlich wie Kindern, die auf dem Boden spielen. Der Anfahrtsweg ist vergessen. Wenn mir die Klamotten bereitgelegt werden und ein wenig Aufregung in der Luft liegt, dann ist es egal, ob ich in Gelsenkirchen oder in der Nachbarschaft bin. Wobei: Im alten Quelle-Komplex zu drehen - dort wird immer das Kommissariat reingebastelt -, das empfinde ich schon als was Besonderes: in diesen gespenstischen Räumen herumzulaufen und diese Vergangenheit zu spüren. Oder in den Pausen die Architektur bestaunen zu können. Man denkt da schnell an Frau Schickedanz und Herrn Middelhoff.

Haben Sie Erinnerungen aus der Kindheit an das Haus?

Egersdörfer: Meine Mutter hatte eine Freundin, die bei Quelle gearbeitet hat. Wenn wir da einkaufen waren, kam sie mit an die Kasse und dann bekamen wir einen Mitarbeiter-Rabatt.

Sie gehören seit dem ersten Franken-Tatort zum Team. Wie erleben Sie die Dreharbeiten? Und wie viele Drehtage waren es diesmal für Sie?

Egersdörfer: Zwei Tage. Es ist schön, die Kollegen wiederzutreffen, manchmal wird auch zusammen gekocht. Das ist wie eine kleine Klassenfahrt.

Wer aufpasst, merkt: Fürth dient in dieser Folge zwar als Kulisse, wird aber kein einziges Mal erwähnt. Schlimm?

Egersdörfer: Finde ich nicht. Wenn es keine tiefere Bedeutung hat, wo die Handlung spielt, ist es doch üblich, dass der Regisseur den Ort eher diffus lässt. Und insgeheim bin ich auch froh, dass da keine Menschen aus Schwabing in unsere Straße gelockt werden. Wir wissen doch, dass es schön ist, das sollten wir für uns behalten.

Wie gefällt Ihnen der fertige Film?

Egersdörfer: Ich bin ein wenig neidisch auf die anderen Schauspieler, die sich so viel Zeit lassen durften. Als Spurensicherer musste ich in sehr kurzer Zeit sehr viel sagen. Interessant finde ich, dass sie uns fränkischen Polizisten - Elli Wasserscheid, Andreas Leopold Schadt und mir - karierte Hemden angezogen haben, während die anderen einfarbige tragen…

Was mir auffällt: Im Film sprechen Sie stärker Dialekt als jetzt.

Egersdörfer: Wenn ich einen fränkischen Spurensicherer spiele, schalt ich einen Gang höher. Das ist ja eine Kunstfigur.

Was mögen Sie an Ihrer Rolle? Und was nicht?

Egersdörfer: Es ist eine Herausforderung, so einen geradezu wissenschaftlich arbeitenden Menschen, der sich in Chemie und Physik auskennt, überzeugend darzustellen. Ich war in der Schule in diesen Fächern miserabel. Und jetzt red ich ganz laut daher. Das ist schön, das anzuschauen. Es ist aber schon manchmal schwierig, diesen emotionsarmen Menschen zu spielen, der da so die Fakten rausspotzt - und diese Texte zu lernen… Ein Zuschauer hat mich mal auf eine Parallele aufmerksam gemacht: Wie ein Spurensicherer klaubt auch ein Kabarettist sich seine Spuren oder Themen zusammen.


Doku: Der geheimnisvolle Herr Egersdörfer


Welche Ecke von Fürth würden Sie gerne mal im Tatort sehen?

Egersdörfer: Da gibt es viele - aber die sollen auf keinen Fall zu sehen sein. Ich hätte Angst, dass zu viele Leute herkommen. Wobei: Das Sozialrathaus, dieses zebrabeinige Scheusal, das könnte man schon mal herzeigen. Oder die Baustelle fürs Einkaufszentrum Flair. Da muss es Beton geben, der ziemlich schwer wegzuschlagen ist, die armen polnischen Arbeiter hört man den ganzen Tag klopfen. Ein Mord aus Lärmschutzgründen - da hätten wir doch gleich mal einen direkten Fürth-Bezug.