Viel politischer Druck

Stadt Gunzenhausen verzichtet auf Kauf von Luftfiltergeräten

30.9.2021, 17:08 Uhr
Stadt Gunzenhausen verzichtet auf Kauf von Luftfiltergeräten

© Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Die Initiative war von Stadträtin Bianca Bauer ausgegangen, die selbst nicht Mitglied des Bauausschusses ist. Sie forderte im Namen der sozialdemokratischen Fraktion die Anschaffung solcher Filtergeräte, denn diese seien nachweislich in der Lage, die Virenlast in den Klassenzimmern zu reduzieren, und seien damit eine sinnvolle Ergänzung zum manuellen Lüften.

Nachdem die SPD im Herbst ihren ersten Antrag zurückgezogen habe, weil keine Mehrheit dafür in Sicht war, sollte diesmal eine Entscheidung für die Anschaffung fallen. "Das Thema ist final noch nicht abgeschlossen", deshalb der erneute Antrag, argumentierte Bauer.

In der Sitzung (die SPD-Frau hatte Rederecht bekommen) verwies sie auf den Landkreis, der gerade den Kauf solcher Geräte beschlossen habe, unter anderem für das Simon-Marius-Gymnasium. Wie sollten das die Menschen verstehen, wenn die weiterführenden Schulen zum Zuge kämen, die anderen Schularten allerdings nicht? Die Stadt tue gut daran, hier Geld für die Gesundheit der Kinder in die Hand zu nehmen, das sei man ihnen schuldig.

Was alles gebraucht würde

Die Stadt ist für die Grundschule Süd und die Stephani-Grundschule (mit Frickenfelden) allein zuständig. Für die Stephani-Mittelschule und die Grundschule Gnotzheim besteht jeweils ein Schulverband. Wie Bürgermeister Karl-Heinz Fitz darlegte, müsste Folgendes beachtet werden, wenn man der SPD folgte: Man bräuchte 37 mobile Geräte für die Grundschulen. Dafür müsste Gunzenhausen einen Kredit in Höhe von 151.700 Euro aufnehmen. Des Weiteren wären für die Stephani-Mittelschule ebenfalls 37 Geräte erforderlich (Darlehen: 151.700 Euro), und die Gnotzheimer Grundschule würde mit zwei Geräten bedacht werden (Darlehen: 8200 Euro).

Damit würde insgesamt im Nachtragshaushalt 2021 eine Verschuldung in Höhe von 311.600 Euro stehen. Als maximalen Zuschuss für jeden der 76 Klassenräume gab der Bürgermeister den Betrag von 1750 Euro an. So recht glücklich ist er übrigens nicht mit dem jüngsten Beschluss des Landkreises. Dieser hätte sein Vorgehen in Sachen Luftreinigungsgeräte vorher mit den Kommunen abstimmen sollen. Dass der Landkreis sich für die Anschaffung entschieden habe, sei dem politischen Druck geschuldet, der da aufgebaut worden sei. Die Kommunen seien jedenfalls jetzt in einer nicht einfachen Lage. Außerdem: Sie müssten den beabsichtigen Kauf ausschreiben und hätten keinerlei Sicherheit, ob die Geräte auch so funktionieren würden, wie sie es sollten.

Die Diskussion im Bauausschuss drehte sich um die finanziellen Aspekte, aber noch mehr um die Sinnhaftigkeit der beantragten Investition vor dem Hintergrund der weiterhin noch offenen Frage rund um das Coronavirus. Der Bürgermeister steht nach eigenen Worten im engen Kontakt mit den Schulleitungen. Dort favorisiere man das Lüften. Es liegen auch bereits praktische Erfahrungen vor, denn die Stadt hat zwei dieser mobilen Geräte für die Mittelschule gekauft, wo sie erprobt werden. Eines kostet 3950 Euro, das andere 4100 Euro. Beide liegen bei Lärm über der kritischen 40-Dezibel-Grenze, sie sind also zu laut.

60.000 Euro Unterhaltskosten pro Jahr

Für Karl-Heinz Fitz stellt sich die Lage so dar, dass die Stadt für teures Geld 76 Geräte anschaffen soll, diese aber in zwei Jahren "rumstehen" würden. Dabei handele es sich um seine persönliche Einschätzung, betonte der Rathauschef. Man müsse ja auch die Unterhaltskosten für die Geräte in Höhe von 60.000 Euro im Jahr bedenken. Jedenfalls könne er nur davor warnen, jetzt in Aktionismus zu verfallen.

Harald Romanowski (Freie Wähler) empfahl einen pragmatischen Weg. Die Stadt solle einige weitere Geräte kaufen und testen. Das solle in Abstimmung mit Lehrkräften, Elternbeiräten und Stadträten geschehen. Dann wisse man mehr. Es sei klar zu erkennen, dass bei dieser Frage ein politischer Druck seitens der Eltern existiere. Es gehe da in erster Linie um die Kinder unter zwölf, die nicht geimpft werden können.

Doch weiterhin bestünden viele offene Fragen: "Wir wissen nicht, wie lange wir die Geräte brauchen würden. Sie sind laut und beeinflussen den Unterricht." Er vermisse am meisten zuverlässige Angaben zur Lärmbelastung durch die Geräte. Es müsste doch klar sein, in welchem Abstand von ihnen welche Grenzwerte gelten.

"Beruhigungspille"

Ein klares Nein zum SPD-Antrag kam von Sigrid Niesta-Weister (FDP). Sie sprach von einer "Beruhigungspille für die Eltern, mit der man keine einzige Infektion verhindern kann". Zu befürchten seien hohe Folgekosten, ohne dass man einen sicheren Erfolg hätte. In zwei bis drei Jahre gäbe es dann in den Schulen viel Elektroschrott. Nach wie vor stelle sich regelmäßiges Stoßlüften in den Klassenräumen als beste Methode heraus. Im Übrigen bestehe Hoffnung, dass ein von Biontech entwickelter Impfstoff für Kinder von fünf bis zwölf Jahren zugelassen werde.

Das griff Herbert Gutmann (Grüne) auf. Selbst wenn die Stadt die Luftfilter anschaffe, komme man ums Lüften nicht herum. Frischer Sauerstoff müsse in die Räume gelangen. Auch er hege die Befürchtung, dass viel Elektroschrott das Ergebnis wäre. Gutmann nannte es einen Irrglauben, dass man sich Gesundheit kaufen könne – "Wir müssen einen anderen Weg gehen." Gutmann wie zuvor Niesta-Weiser unterstrichen, dass es bei ihrer Ablehnung des SPD-Antrags nicht um die Investitionskosten und die finanzielle Lage der Stadt gehe.

Auch Manfred Pappler (CSU) befand, dass hier das Geld nicht der ausschlaggebende Faktor sei. Die Gesundheit der Kinder sei nicht durch den Kauf eines solchen Gerätes zu gewährleisten. Bekanntlich gebe es eine Förderung aus Bundesmitteln nur dann, wenn ausreichendes Lüften nicht möglich sei. Dieses Problem stelle sich aber nicht in den örtlichen Schulen. Die Reinigungsgeräte würden "in relativ kurzer Zeit" nicht mehr gebraucht, man habe in spätestens drei Jahren Elektroschrott.

Zu laut für empfindliche Kinderohren

Weitere Argumente: Der Energieverbrauch von 76 Geräten wäre beachtlich. Das Dauerrauschen wäre nicht gut für die empfindlichen Kinderohren. Die Lehrer müssten die Geräte übertönen, und das wäre gar nicht nach ihrem Geschmack. Auch Pappler meinte, wie zuvor der Bürgermeister, dass die Entscheidung des Landkreises die politische Arbeit in der Stadt nicht leichter gemacht habe. Im Gespräch mit zwei Müttern hat Pappler den Eindruck gewonnen, dass für sie mehr ein "sicheres Gefühl" im Vordergrund steht, weniger die Gewähr, dass die Geräte tatsächlich der Gesundheit im Klassenzimmer förderlich sind.

Daniel Hinderks (SPD) dagegen stellte sich hinter seine Fraktionskollegin Bianca Bauer. Er sei für den Antrag. Er halte es für falsch, dass die weiterführenden Schulen die Geräte bekommen, die Gunzenhäuser Mittelschule und die Grundschüler jedoch leer ausgehen sollten. Kerstin Zels (Grüne) wies darauf hin, dass nicht alle Klassenräume der Landkreisschulen solche Geräte bekommen. Die einzelnen Schulen würden ihren Bedarf melden.

Die Abstimmung zeigte, dass Daniel Hinderks mit seinem Ja alleine stand, alle anderen Ausschussmitglieder votierten dagegen. Damit ist das Thema in der Stadtpolitik wohl durch. Harald Romanowski erwog zwar, den Kauf der Geräte für Kinder unter zwölf zu beantragen. Er verzichtet aber darauf mit Blick auf den Biontech-Impfstoff für unter Zwölfjährige. Tatsache ist allerdings, dass noch kein Impfstoff für Kinder die Zulassung erhalten hat.

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