EhrenWert-Preis
Diese Nürnbergerin brennt für die Kinderfeuerwehr in Kornburg
3.8.2021, 11:53 UhrSie brennt für die Feuerwehr. Schon seit Jenny Grabein-Naumann eine junge Frau ist, packt sie in ihrem Heimatort Arzberg bei der Freiwilligen Feuerwehr mit an. Jedes Wochenende nimmt sie an Schulungen teil, macht Übungen mit. Und Einsätze. Sie kämpft gegen Rauch, Flammen, vor allem aber gegen Wassermassen.
Schlimme Hochwasser erlebt
Arzberg liegt in Sachsen, unweit der Elbe. Zwei schwere Hochwasser hat die Region schon erlebt, jedes Mal ist die Familie der heute 44-Jährigen mittendrin. Vater, Bruder, die ganze Familie lebt die Feuerwehr. Für ihre Einheit ist Jenny Grabein-Naumann immer da.
Obwohl sie schon mit 21 Jahren ins 350 Kilometer entfernte Nürnberg zieht. Jeden Freitag aber fährt das Energiebündel damals nach Hause, um bei Familie und Freunden zu sein. Und bei der Feuerwehr. In Arzberg wird sie Hauptfeuerwehrfrau, Truppführerin und später Maschinistin. Sie darf es fahren: das große rote Auto.
In Sachsen ist sie da nicht die Einzige. "Im Osten ist der Frauenanteil bei der Feuerwehr schon immer hoch gewesen", sagt sie. "Frauen fahren dort schon immer Bagger, Lkw, schwere Maschinen." Und sie lernen technische Berufe. Einen solchen hat sich auch die junge Jenny ausgesucht. Oder eher: ihr Vater. "Er hat mich gekannt, er hat die Bauzeichnerin in mir gesehen."
"Einfach die A9 runter"
Eine Anstellung gibt es in der Heimat aber nicht. Deshalb packt Grabein-Naumann die Landkarte aus und sucht etwas "in Blickrichtung, also die A9 runter". Um in Nürnberg zu merken, dass ihr der Beruf doch "zu wenig selbstbestimmt" ist. Jenny Grabein-Naumann packt gerne an, sie ist kreativ. Das zeigt auch ihr Garten. Der ist nicht nur eine öde Rasenfläche, wie viele Vorgärten in Katzwang. Überall blüht und sprießt es.
Jenny Grabein-Naumann blüht auf, als sie sich für ein Studium entscheidet. Sie wird Architektin. Vom Entwurf bis zur Bauleitung übernimmt sie künftig alles. "Es ist toll, etwas wachsen zu sehen." Doch sie merkt, wie der Druck der Projekte sie auch privat nicht loslässt. Also macht sie ihr Hobby zum Beruf. Obwohl Grabein-Naumann zu der Zeit schwanger ist und voll arbeitet, bildet sie sich in Sachen Brandschutz weiter.
Brandschutz für die Feuerwehr
Heute sorgt die 44-Jährige auch im Beruf dafür, dass sich in einem Gebäude kein Feuer ausbreitet. Zum Beispiel in der brandneuen Feuerwache 1 in Nürnberg, eines von Grabein-Naumanns Projekten. Auch sie muss schmunzeln. Denn die Feuerwehr sei dort ja schon vor Ort. "Wenn es aber brennt, kann es ja sein, dass die Feuerwehrleute nicht an Geräte und Ausrüstung kommen."
Jenny Grabein-Naumann spielt viel mit dem Feuer. Nervenkitzel sucht die Frau mit dem Pony, den roten Backen und dem einnehmenden Lächeln nicht. Aber sie will helfen. Wie ihre Familie es ihr vorgelebt hat, wie sie es ihren zwei Kindern weitergibt. Und nicht nur denen.
Weil mit Kind die Wochenenden in Sachsen weniger werden, schließen sich Jenny Grabein-Naumann und ihr Mann der Feuerwehr in Kornburg an. Auch ihr Mann ist schon immer bei den Freiwilligen, wenn auch bei der Wache in Jenny Grabein-Naumanns Nachbarort. Beim gemeinsamen Lagerfeuer funkt es. Die 44-Jährige weiß: "Das alles funktioniert nur, weil wir das zusammen machen."
Nürnberg: Was wird aus der alten Feuerwache 1?
Auch die Aufgabe, die Grabein-Naumann im Januar 2015 übernimmt. Seit sechs Jahren leitet sie die Kinderfeuerwehr, die in Nürnberg erst ein halbes Jahr vorher gegründet worden ist. Und die bis heute nur eine von zweien in der Stadt ist. Das weiß die Leiterin nur zu gut. Zwar sind die meisten Kinder, die ab fünf Jahren mitmachen dürfen aus Kornburg. Aber eben nicht nur. "Wir haben auch Kinder aus Worzeldorf, Katzwang oder auch Wöhrd und Gostenhof."
Die Liste könnte sehr viel länger sein, aber schon seit Jahren muss Jenny Grabein-Naumann Eltern absagen, die sie aus ganz Nürnberg anrufen. Ohne dass sie je für ihr Programm Werbung gemacht hat. Doch es spricht sich rum, wie viel und was die Kinder hier bei einem Treffen im Monat lernen.
Zum Beispiel wie sie einen Notruf richtig absetzen und dabei die fünf W-Fragen beantworten. Oder sie klären die Frage, ob wirklich jeder Stoff brennt. "Dazu darf jeder von Zuhause etwas mitbringen." Mit Hilfe ihres Mannes und anderen Kollegen wird das dann kontrolliert vor den Kindern in Brand gesetzt. Oder auch nicht: "Ein Vater hat seinem Kind ein Stück von einem Schweißervorhang mitgegeben, der nicht gebrannt hat. Aber auch das war für die Kinder spannend."
Spielerischer Umgang mit dem Ernstfall
Die sollen in den 90 Minuten alles auf spielerischem Weg lernen. Auch die Notrufe werden simuliert. "Wenn sie das üben, nimmt das die Angst - und im Ernstfall legen sie dann vielleicht nicht einfach auf." Jenny Grabein-Naumann spricht bei den Treffen auch über Strom. Gemeinsam hat die Gruppe mit 30 Kindern, die Hälfte davon Mädchen, auch schon eine Trafostation besucht.
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Drei der Kinder sind inzwischen nicht mehr in Grabein-Naumanns Gruppe - sondern rausgewachsen. Sie sind mit zwölf Jahren in die Jugendfeuerwehr gewechselt. "Das ist ein wichtiges Ziel", sagt die Kinderwartin. Schon lange müssen die Freiwilligen Feuerwehren um den Nachwuchs kämpfen. Auch weil Sportvereine und andere Gruppen, wie die DLRG, schon viel früher starten. "In Bayern sind Kinderfeuerwehren lange nicht unterstützt worden", sagt Grabein-Naumann. Das hat sich geändert. Nicht allerdings in Nürnberg. In Kornburg ist es der Förderverein, der die Treffen der Jüngsten unterstützt, für die die Kurse kostenlos sind. Nur ein Elternteil muss Fördermitglied sein. Für zwölf Euro im Jahr.
Von der Stadt fehlt Grabein-Naumann die Unterstützung, die zum Beispiel die Jugendfeuerwehren bekommen. Aber da ist die Nachwuchsgewinnung oft zu spät. "Dass sich ein Kind, das niemand in der Familie bei der Feuerwehr hat, für die Jugendfeuerwehr entscheidet, ist wie ein Sechser im Lotto." Da hilft dann vielleicht auch das "rote Auto" nicht mehr, das vor allem bei den Jüngsten noch alle Blicke auf sich zieht - und regelmäßig zum Einsatz kommt.
"Auch Kaffee ausschenken hilft"
In die Jugendfeuerwehr geht demnächst auch Jannis, Jenny Grabein-Naumanns älterer Sohn. Dass ihre ganze Familie im Notfall irgendwann ausrückt, bereitet seiner Mutter keine Sorgen. "Du denkst in dem Moment nicht über dich selbst nach. Du willst den Leuten helfen." Und dank der Ausbildung auch schon für die Jüngsten, wissen alle genau, wie sie mit Feuer und anderen Gefahren umzugehen haben. Außerdem geht es nicht nur darum, in ein brennendes Haus zu rennen. "Sondern auch darum, Hilfsgüter zu transportieren oder Kaffee auszuteilen."
Es geht ums Helfen, sagt Jenny Graber-Naumann. "Dafür musst du brennen." Sie tut's.
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