Verantwortung für Milliardenbeträge
Familienkasse: Reibungslose Auszahlungen sind das A und O
07.07.2021, 09:38 Uhr
Unter den Behörden in Nürnberg könnte sie gut als "hidden champion" durchgehen: Von der Familienkasse ist selten die Rede, sie steht mit ihren 180 Beschäftigten in Nürnberg und weiteren mehr als 5000 in ganz Deutschland buchstäblich im Schatten der allgemein bekannten Bundesagentur für Arbeit. Kein Wunder, soll sie doch möglichst geräuschlos und zuverlässig dafür sorgen, dass Kindergeld und Kinderzuschlag bei allen Familien im Land Monat für Monat pünktlich auf dem Konto eingehen.
Dabei geht es um enorme Summen: Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 46 Milliarden Euro an Kindergeld und eine Milliarde Euro für den Kinderzuschlag an knapp zehn Millionen Empfänger ausgezahlt - zusammengenommen entspricht das fast einem Neuntel des gesamten Bundeshalts. Dazu kamen weitere 4,7 Milliarden Euro für den sogenannten Kinderbonus, eine Einmalzahlung zum Ausgleich für besondere Belastung in der Pandemie.
Mit Extra-Leistungen geht es auch in diesem Jahr weiter: Zwar wurde der Kinderbonus von 300 auf 150 Euro halbiert und im Mai auch schon (weitgehend) ausgezahlt. Dafür aber steht im August eine Sonderzahlung an, die allerdings bedürftigen Familien vorbehalten bleibt: Sie erhalten 100 Euro pro Kind als "Freizeitbonus" vor allem für kreative und sportliche Aktivitäten. Macht unterm Strich nochmal 93 Millionen Euro.
Manche müssen sich selbst melden
Familien, die Jobcenterleistungen oder Kinderzuschlag beziehen, kommen "automatisch" in den Genuss. "Alle jene, die Wohngeld oder klassische Sozialhilfe erhalten, müssen sich allerdings melden und selbst einen formlosen Antrag stellen", erläutert Karsten Bunk, der Leiter der Familienkasse. Sie wird, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA), mit bundesweit 115 Standorten von Nürnberg aus gesteuert und geführt. Allerdings führt sie unter dem Dach der BA durchaus ein gewisses Eigenleben. Denn die ihr anvertrauten Mittel sind keine Gelder aus der Arbeitslosenversicherung, sondern eben aus dem Bundeshalt - deshalb mischen hier das Finanz- und das Familienministerium mit.
Die Nürnberger Zentrale ist, ziemlich unscheinbar, in einem Bürokomplex in Ziegelstein angesiedelt. Der bald nicht mehr genug Platz bietet. Aber nebenan wächst gerade ein Neubau in die Höhe - mit Flächen, die ideal wären für eine Erweiterung. Dass die Familienkasse wächst, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen gibt es in Deutschland wieder mehr Kinder, auch weil die Geburtenzahlen steigen. Zum anderen sollen die Familienleistungen tendenziell bundesweit bei der Familienkasse der BA gebündelt werden, auch für den öffentlichen Dienst.
Effizientere Verwaltung
Noch 2017 hatte es in Deutschland rund 18.000 Familienkassen gegeben, darunter viele Mini-Einheiten bei verschiedensten Institutionen. Angestoßen durch ein Bundesgesetz konnten inzwischen bereits als 15.500 in die Nürnberger Behörde integriert werden. Die winkt nicht nur mit Effizienz-Vorteilen, sondern auch der Kompetenz für die immer häufigeren Spezialfälle. Ziemlich kompliziert ist häufig zum Beispiel die Abwicklung, wenn EU-Recht und andere überstaatliche Regelungen ins Spiel kommen.
Musterbeispiel ist, wenn auch etwas klischeehaft, der Saisonarbeiter aus Rumänien oder Polen in der Landwirtschaft: Auch er hat Anspruch auf Kindergeld, selbst wenn die Kinder in der Heimat geblieben sind. Nicht anders als der Banker, der einen Job in Luxemburg annimmt, ohne seine Familie mitzunehmen.
Für Schlagzeilen hatte die Familienkasse allerdings durchaus schon gesorgt - vor allem, wenn Zahlungen monatelang auf sich warten ließen oder Unterlagen angeblich nie eingegangen waren. Dank eines konsequenten Fehlermanagements sei es allerdings gelungen, versichert Bunk, die Zahl der Pannen und Beschwerden in den vergangenen drei Jahren zu halbieren - auf zuletzt rund 2500 im Jahr.
Vorbild Hamburg
Neben weniger Pannen und Beschwerden sieht der Familienkassen-Leiter aber noch ehrgeizigere Ziele, vor allem einen noch besseren Service. Bei den elektronischen Angeboten sieht er die Familienkasse schon gut aufgestellt, etwa mit einer Videoberatung zum Kinderzuschlag und einem interaktiven Kinderzuschlag-Lotsen: "Der hilft schnell und einfach festzustellen, ob ein Anspruch besteht, und wurde allein im ersten Quartal 2020 über vier Millionen Mal aufgerufen", berichtet Bunk. Besonders zukunftsträchtig seien aber Kooperationen wie beispielsweise in Hamburg: Dort geht mit einem einzigen Antrag, den Eltern in der Geburtsklinik ausfüllen, alles Hand in Hand - von der Geburtsurkunde und dem Familienstammbuch bis zum Kindergeld.
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