Norisring: Warum sich doch einige Fans an der Steintribüne versammeln

11.7.2020, 06:00 Uhr
Norisring: Warum sich doch einige Fans an der Steintribüne versammeln

© Foto: Stefan Hippel

Ein bisschen wehmütig ist Florian Weickmann vom Motorsport-Club Nürnberg (MCN) schon: "Das Norisring-Rennen ist für unseren Verein der Höhepunkt des Jahres. Wenn so etwas wegfällt, dann fehlt einem was." Corona-bedingt ist die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft (DTM), wie alle anderen Großveranstaltungen, gestrichen.

An diesem Wochenende würden die PS-starken Rennwagen eigentlich um die Steintribüne am Zeppelinfeld brausen. Bis zu 125 000 Fans könnten die sportliche Veranstaltung am einstigen Reichsparteitagsgelände verfolgen, zahllose weitere Rennsport-Begeisterte wären an den Fernsehgeräten in bis zu 140 Ländern.


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Abstecher zur Strecke

Florian Weickmann vom Motorsportclub Nürnberg bedauert, dass das Norisring-Rennen nicht stattfindet.

Florian Weickmann vom Motorsportclub Nürnberg bedauert, dass das Norisring-Rennen nicht stattfindet. © Stefan Hippel

Diesmal ist also: nichts. Obwohl: "Ich kann mir schon vorstellen, dass ich am Samstag kurz entschlossen ins Auto springe, zur Steintribüne fahre und mich dort hinsetze", erzählt Weickmann. Einfach um das Gefühl haben, wie das 78. Norisring-Rennen über die Bühne gehen könnte: das Aufheulen der Motoren, der Benzingeruch, das Begleitprogramm, die Lautsprecher-Durchsagen . . ., die besondere Atmosphäre eben. "Und ich wäre dort bestimmt nicht allein, einige Streckenposten haben auch schon gesagt, dass sie vielleicht kommen." MCN-Vorsitzender Wolfgang Schlosser ist allerdings nicht dabei: "Ich bin einfach traurig. Wir hätten das Rennen, wie jedes Jahr, gut hingebracht, eine Gemeinschaftsleistung unseres Vereins, unserer Ehrenamtlichen. Da ist richtig Enthusiasmus da. Die Mitglieder sind stolz, ein Zahnrad im Räderwerk der Gesamtveranstaltung zu sein." Viele nehmen sich sogar ein bis zwei Wochen Urlaub, um schon beim Aufbau dabei zu sein.


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Geld für ein Fest fehlt

Ein Fest für die Aktiven als kleines Trostpflaster gibt es nicht: Dafür hat der MCN kein Geld, sagt Schlosser. Die Einnahmen würden gerade mal die Ausgaben decken und einen kleinen Überschuss übrig lassen, der dann in die nächstjährige Veranstaltung investiert werde.

So sitzt der 60-Jährige am Sonntag vor dem Fernseher und schaut sich das "Geisterrennen" der Formel I in Spielberg (Österreich) an. So richtig Stimmung dürfte bei dem Großen Preis der Steiermark allerdings ohne Zuschauer auch nicht aufkommen, meint er. Der Rennsport fasziniert ihn schon seit Jahrzehnten: Bereits mit 16 Jahren war er als Streckenposten an der Steintribüne dabei, seit einem Vierteljahrhundert gehört er dem MCN-Vorstand an.

In Nürnberg hat der MCN-Chef rund 70 engagierte Mitarbeiter, die bei den Vorbereitungen für das Großereignis DTM dabei sind.

Vier Wochen vorher geht es normalerweise los: Leitplanken und Fangzäune müssen aufgestellt, die Linierung der Strecke angebracht
werden. 870 Kilometer Stromkabel, 250 Kilometer Wasserleitungen werden verlegt. Rund 50 Kanaldeckel werden zugeschweißt. Denn die tiefliegenden Rennwagen würden mit ihrem Sog die schweren Abdeckungen sonst einfach aus der Verankerung reißen.

Und jedes Jahr taucht die Frage auf: Was kann man noch für einen reibungslosen Ablauf tun? Sicherheit hat dabei immer die oberste Priorität, betont Schlosser, es gebe von der Stadt immer wieder neue Auflagen. Diesmal aber natürlich nicht, weil das Rennen ausfällt.

Gutscheine für nächstes Jahr

Ein Viertel der insgesamt rund 40 000 Tickets sind zwar schon sehr frühzeitig verkauft worden. Doch der MCN hat den Rennsportfreunden dafür Gutscheine für die DTM 2021 ausgestellt, Rückzahlungen gab es nicht.

Der Motorsport-Club Nürnberg steht für das nächste Norisring-Rennen in einem Jahr bereit – trotz aller Diskussionen, ob ein solches Event mit Blick auf die Klimakrise überhaupt noch zeitgemäß ist. "Ich glaube nicht, dass die DTM dadurch dauerhaft infrage gestellt ist", meint Schlosser.

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