Nürnberg sagt Frühlingsfest endgültig ab - Kommt jetzt "temporärer Freizeitpark"?

9.3.2021, 19:19 Uhr
Eine Impression aus dem vergangenen Sommer: Ein "Break Dance"-Fahrgeschäft kam auf dem Jakobsplatz gut an. Einsteigen und mitfahren war nur mit Maske erlaubt - inzwischen müssten wohl auch auf dem Platz Masken getragen werden. 

© Michael Matejka Eine Impression aus dem vergangenen Sommer: Ein "Break Dance"-Fahrgeschäft kam auf dem Jakobsplatz gut an. Einsteigen und mitfahren war nur mit Maske erlaubt - inzwischen müssten wohl auch auf dem Platz Masken getragen werden. 

Für die Besitzer von Karussells und anderen Fahrgeschäften, von Los- und Glücks-, Schieß- und Imbissbuden geht es längst um die nackte Existenz. Die Absage erst aller Volksfeste und Kirchweihen und dann auch noch aller Weihnachtsmärkte kam im vergangenen Jahr für viele faktisch einem Berufsverbot gleich - ähnlich wie im Kulturbetrieb.

Nur im Sommer und Herbst war für manche Betriebe ein Geschäft wenigstens auf ein paar Straßen und Plätzen in der Stadt möglich, vor allem bei den "Sommertagen", aber später auch noch etwa beim Fischmarkt. Und die Aussichten für 2021 sind weiter ziemlich düster. "Die erneute Absage fällt uns außerordentlich schwer", beteuert Oberbürgermeister Marcus König. "Wir haben im Blick auf die Corona-Entwicklung lange abgewartet." Doch lasse die gegenwärtige Situation keine andere Entscheidung zu.

Schausteller sind "Profis - auch beim Infektionsschutz"

Dabei sei den Verantwortlichen die "existenzielle Bedrohung" der Branche bewusst, da sie auf Feste und öffentliche Vergnügungen angewiesen seien. Nun wolle er sich, so König, beim Freistaat für einen temporären Freizeitpark auf dem Volksfestplatz einsetzen. An die Staatsregierung appelliere er, "die Schausteller und die in diesem Gewerbe erforderlichen Vorlaufzeiten" nicht zu vergessen.

Auch Wirtschaftsreferent Michael Fraas unterstreicht die Notwendigkeit von Planungssicherheit. Er verweist auf Beispiele erfolgreich umgesetzter Freizeitparks in anderen Bundesländern und bescheinigt den Schausteller, sie seien "Profis - auch beim Infektionsschutz". Der Süddeutsche Schaustellerverband hat dafür ein Konzept von "Pop-up-Freizeitparks" entwickelt und dabei sämtliche Infektionsschutzvorgaben der jeweiligen Länder berücksichtigt.

"NürnBärLand"

"Wir haben die Erfahrungen aus verschiedenen deutschen Städten gründlich ausgewertet und daraus etwas Neues entwickelt", erläutert Lorenz Kalb, der Vorsitzende des Süddeutschen Schaustellerverbands. Arbeitstitel: "NürnBärLand". Gedacht vor allem für Familien, die sich Reisen und teure Ausflüge wie etwa in den Europapark Rust nicht leisten können. In Nürnberg sollen die Betriebe so großzügig angeordnet, dass viel Platz bleibt, auch für Grün. Die ganze Anlage werde eingezäunt, alle Besucher müssen sich für eine mögliche Kontaktverfolgung registrieren lassen. Ob ein Obulus fällig wird, müsse bei der Feinplanung geprüft werden.

Klar ist allerdings: Zu Ostern lässt sich das keinesfalls umsetzen. "Wir denken eher an Mai und Juni und hoffen, dass sich die Lage insgesamt bis dahin deutlich bessert, auch durch das weitere Impfen", so Kalb. Da ja auch Schausteller auch selbst mit ihren Familien auf dem Platz vertreten seien, liege es schon in ihrem ureigensten Interesse, Hygienevorgaben bestmöglich umzusetzen.

Traditionell hätte das Nürnberger Frühlingsfest offiziell den Start in die Saison markiert. Doch bei Inzidenzwerten um die 100 und womöglich einem erneuten Anstieg war und ist nicht daran zu denken, dass ein Oberbürgermeister am Karsamstag, in diesem Jahr der 3. April, in einem gut besuchten Festzelt offiziell das erste Fass Festbier anstechen könnte.

Eine voreilige Absage des Frühlingsfestes auf einer Internetseite der Stadt Nürnberg war den Schaustellern in der vergangenen Woche dennoch mehr als sauer aufgestoßen. Schließlich erhoffen sich die vielen Betroffenen auch Aussagen und Hinweise, was denn wie und wo möglich wäre. Bei dem Spitzengespräch im Rathaus soll es denn auch keineswegs "nur" um das Frühlingsfest gehen, sondern auch um die Kirchweihen und das Herbstvolksfest. Und nur zur Erinnerung: Grund zu massiven Klagen hatten die Schausteller schon vor Corona - nämlich über schwer oder praktisch nicht erfüllbare Auflagen.

Soweit es die Mitteilung aus dem städtischen Presseamt nach den "intensiven Gesprächen" erkennen lässt, sind die Beteiligten allerdings auf Gedeih und Verderb auf ein Entgegenkommen des Freistaats und damit der Staatsregierung angewiesen. Mehr als Mitgefühl und Anteilnahme für ihre prekäre Lage hat die Stadtspitze den Schaustellern nicht zu bieten - jedenfalls bleiben ihr bei den entscheidenden Weichenstellungen die Hände gebunden.

Verwandte Themen