Fall 8 der Weihnachtsaktion

Schicksalsschläge: Alleinstehender verlor die Kontrolle über sein Leben

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

E-Mail zur Autorenseite

22.11.2021, 11:30 Uhr
Schicksalsschläge: Alleinstehender verlor die Kontrolle über sein Leben

© Sven Hoppe

Spenden sollten, so die goldene Regel, nur Menschen zugute kommen, die unverschuldet in Not geraten sind. Aber in der Praxis ist das oft genug schwer zu beurteilen: Wo verläuft die Grenze? Die Weihnachtsaktion will sich nicht zum Richter aufschwingen, sondern orientiert sich an Vorschlägen und Empfehlungen von Fach- und Sozialdiensten.

So auch bei Carlo T. (Name geändert). Er schleppt eindeutig viel zu viele Kilos mit sich herum. Samt den einschlägigen Herz- und Kreislaufproblemen, eine schwere Behinderung ist ihm längst attestiert. Hätte er nicht besser auf sich aufpassen können - statt sich halb aufzugeben und krankhaft Kalorien in sich hineinzustopfen?

Eine Reihe von Schicksalsschlägen hatte den früheren Elektromonteur, der bei einem namhaften Unternehmen Schaltschränke verdrahtete, aus der Bahn geworfen. Damals war er auch als Fußballer sportlich aktiv und hatte noch viel vor in seinem Leben. Bis sich seine damalige Lebensgefährtin nach dem Verlust ihres gemeinsamen Kindes das Leben nahm. Geschockt und wie gelähmt, verkroch sich Carlo T. immer mehr in einer Art Schneckenhaus, umgeben von Habseligkeiten, an die er sich klammerte, weil sie ihn an schöne Tage und Erlebnisse erinnerten. Unwillkürlich verlor er letztlich die Kontrolle über sein Leben.

Nur wenige Schritte

Zu den traurigen Folgen gehört, dass er inzwischen nicht mehr als die kurzen Wege in der Wohnung bewältigt und das Haus kaum ohne fremde Hilfe verlassen kann, nicht mal zum Einkaufen, geschweige denn zu Therapeuten. Weil Eltern und Geschwister weit entfernt wohnen, ist er weitgehend auf sich gestellt. Und bittere Erfahrungen mit vermeintlichen Freunden blieben nicht aus: Die übernahmen zwar Besorgungen, zwackten aber für sich selbst etwas ab.

Auch im Haushalt wurde vieles vernachlässigt, weil er schlicht überfordert war. Und allzu lange redete er sich ein, er werde schon irgendwie wieder besser werden. "Ich war einfach zu stolz, mir einzugestehen, wie schwach ich bin, und ärgere mich über mich selbst", sagt der Nürnberger.

Eigeninitiative gefordert

Hilfe hätte er schon früher gebraucht. Aber er müsse schon selbst aktiv werden und etwas verändern wollen, hatte die betreuende Sozialpädagogin vom Amt für Existenzsicherung zur Bedingung gemacht. Erst kürzlich war es endlich soweit: Nun wird für Pflege und eine Haushaltshilfe gesorgt und die - absehbar bescheidene - Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt.

Den größten Schritt aber hat er noch vor sich - einen Eingriff zum nachhaltigen Abspecken. "Reiner Calmund ist 90 Kilo losgeworden", verweist er auf den langjährigen Manager von Bayer Leverkusen. Freilich: Solange die Kliniken unter Corona-Patienten ächzen, wird es keinen Termin für ihn geben. Und ob sich die Hoffnung danach erfüllt, ist auch fraglich - denn Behandlungen sind ausgeschlossen, die eine Vollnarkose erfordern. Die nämlich gilt bei Carlo T. als zu riskant.

Akzeptable Bedingungen

Unabhängig von Kassenleistungen wird Carlo T. auf weitere Unterstützung angewiesen sein. Auch um in der Wohnung "klar Schiff" zu machen und akzeptable Bedingungen für Besucher wie etwa Pflegekräfte zu schaffen.

An seinem Beispiel bittet "Freude für alle" um Unterstützung auch für Menschen in so "verfahrenen" Situationen wie der von Carlo T. - wenn, wie erwähnt, Fach- und Sozialdienste das als angemessen und erforderlich ansehen.

Die „Freude für alle“-Spendenkonten:

Spk. Nürnberg: DE63 7605 0101 0001 1011 11;

Spk. Erlangen: DE28 7635 0000 0000 0639 99;

Spk Fürth: DE96 7625 0000 0000 2777 72;

Postbank Nbg.: DE83 7601 0085 0400 0948 54.

0 Kommentare