Shopping-Laune getrübt: Nürnbergs Läden in der Krise

18.5.2020, 06:00 Uhr
Wer durch Nürnbergs Shoppingmeilen schlendert, der muss immer wieder Slalom laufen. 

© Roland Fengler Wer durch Nürnbergs Shoppingmeilen schlendert, der muss immer wieder Slalom laufen. 

Samstagmittag in der Nürnberger Innenstadt: Wer durch Nürnbergs Shoppingmeilen schlendert, der muss immer wieder Slalom laufen. Anders ist das konsequente Einhalten des geforderten Mindestabstands zu anderen Passanten nicht möglich. Damit sich die Kundschaft in den Geschäften nicht drängt, haben sich die Händler viel einfallen lassen. Eine Mitarbeiterin eines schwedischen Mode-Discounters etwa hat zwei Behälter mit Steinen. Kommt ein Kunde, dann wandert ein Stein vom linken Behälter in den rechten. Verlässt einer das Geschäft, wird ein Stein von rechts nach links gelegt.


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Eine Schlange wird es vor dem Geschäft erst am späten Nachmittag geben. Mittags geht es entspannt zu. Nur: Wo man normalerweise samstags an voll besetzten Kassen lange anstehen muss, da reichen jetzt zwei Kassiererinnen, um die Ware in Tüten zu verpacken und die Rechnung zu kassieren. "Die Konsumlaune ist geringer“, konstatiert Uwe Werner, Bezirksgeschäftsführer in Mittelfranken des Handelsverbands Bayern. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Verbraucher derzeit bedingt durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit weniger Geld zur Verfügung haben. Nur: Bekleidungsgeschäfte haben ihre Ware bestellt, bekommen und bezahlt – irgendwie müssen sie sie jetzt auch loswerden.

Viele Events in der Region fallen aus

"Wir haben zum Glück ganz neue Kollektionen“, sagt Dominic Armbrüster. Die neuen Farben und Stoffe blieben lange modern – auch dann, wenn sie heuer wohl eher kaum auf einem Ball getragen werden können. "Schlossgartenfest, Bayreuther Festspiele", zählt Armbrüster auf, "die fallen aus." Der Opernball steht derzeit noch auf der Kippe – keine gute Zeit für große Roben. Und auch günstige Trendmodeläden leiden trotz der Lockerungen."Es wird weniger gekauft", sagt eine Verkäuferin, "kein Wunder, schließlich kann man die Kleider nicht im Urlaub oder im Café ausführen." Die Folge: "Im Notfall müssen wir die Kleider eben reduzieren", sagt Armbrüster. Das tun bereits viele Geschäfte mit ihrer Ware. Mid-Season-Sale, Willkommen-zurück-Rabatte, Aktionsangebote – überall locken Nachlässe in die Geschäfte. Reduziert werden aber nicht nur die Preise – auch die Öffnungszeiten werden gekürzt.

"Viele Geschäfte öffnen später und schließen früher“, sagt Werner. Das spart Personal. Und in der Tat – wo vor der Krise samstags bis um 20 Uhr gestöbert werden konnte, haben jetzt etliche Läden Zettel mit Hinweisen auf neue Öffnungszeiten in den Fenstern hängen. Einige sperren sogar schon um 17 Uhr zu, manche haben gar nicht erst wieder aufgemacht.

Stefanel an der Königstraße etwa. "Aufgrund der aktuellen Situation bleibt unser Store ab Mittwoch, 18.3.2020 bis auf Weiteres geschlossen", ist auf einem Aufsteller im Fenster zu lesen. In dem Laden brennt kein Licht. Ware ist auch keine mehr zu sehen. Ziemlich leer dürfte es ab Ende Juli auch an der Kaiserstraße sein. Bei Soer läuft der Räumungsverkauf. Dass die Filiale schließen wird, sei schon vor Corona bekannt gewesen.

Investoren-Suche: Unmöglich in Zeiten der Pandemie

"Wir haben noch gehofft, dass sich vielleicht ein Investor findet", sagt eine Verkäuferin. Unmöglich in Zeiten der Pandemie. Stefanel und Soer werden wohl nicht die einzigen sein, die aus der Innenstadt verschwinden. Galeria Karstadt Kaufhof denkt über Schließungen nach. Die Mitarbeiter wissen noch nicht, welche Standorte betroffen sein werden. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag rechnet nach einer Umfrage noch mit weit mehr Händlern, die aufgeben müssen.

Demnach sieht sich trotz erster Lockerungsmaßnahmen jeder zehnte Einzelhändler aktuell von einer Insolvenz bedroht. Uwe Werner hofft, dass sich die Lage schnell normalisiert. Zumindest die Frequenz habe sich schon verbessert – die liegt wieder bei 50 bis 60 Prozent der Menschen, die sich vor Corona in der Stadt tummelten. "Wenn jetzt noch die Gastronomie öffnet, dann tut das auch den Händlern gut", sagt er und baut auf die kommenden Wochen. Nur: Einen Trend habe man schon vor der Krise feststellen müssen: Die Frequenz sei zwar gestiegen, die Zahl der Bons aber, die die Kassen der Händler drucken, sei weniger geworden.


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