Tafel, Bildung, Flüchtlinge: Die soziale Ader des FCN

6.11.2020, 05:39 Uhr
Bei der Aktion "Spielräume" schwangen Club-Spieler 2019 den Besen. Patrick Erras (links) und Matheus Pereira, die hier mit Susanne Kaufmann von der Grundschule Bismarckstraße zu sehen sind, haben den Verein zwar inzwischen verlassen, das Projekt aber soll wiederaufgelegt werden.  

© Sportfoto Zink / DaMa Bei der Aktion "Spielräume" schwangen Club-Spieler 2019 den Besen. Patrick Erras (links) und Matheus Pereira, die hier mit Susanne Kaufmann von der Grundschule Bismarckstraße zu sehen sind, haben den Verein zwar inzwischen verlassen, das Projekt aber soll wiederaufgelegt werden.  

92 Seiten ist das Werk stark, das alle Aktivitäten des Clubs im sozialen Bereich bündelt. Die Geschichte dahinter beginnt im Jahr 2015. Damals gründet der Club eine eigene, inzwischen achtköpfige Abteilung für Corporate Social Responsibility (CSR), was man mit „unternehmerischer Gesellschaftsverantwortung“ übersetzen kann. Chefin der inzwischen achtköpfigen Einheit ist Katharina Fritsch, die auch die Unternehmenskommunikation des Vereins leitet. Hinter dem sperrigen CSR-Begriff verstecken sich sehr konkrete Projekte, die in dem Bericht in vier verschiedene Bereiche unterteilt sind – Bewegung, Bildung, Ehrenamt und Ökologie.

Ein "Leuchtturmprojekt"

Als „Leuchtturmprojekt“ stufen Rossow und Fritsch in ihrer Bilanz „1.FC Niño“ ein – eine Initiative, um Grundschulkindern mehr Bewegung zu ermöglichen. Die Kleinen spielen „Funiño“ (drei gegen drei, mit jeweils zwei Toren auf beiden Seiten). „Da haben wir eine sehr dynamische Entwicklung“, sagt der Finanzvorstand. Inzwischen ist auch eine Mittelschule dabei, die Zahl der teilnehmenden Schüler stieg von 1700 im Jahr 2017 auf 4900 (2019). Aber der Club organisiert auch Sportgruppen für Geflüchtete, für Menschen mit Behinderung und – unter dem Namen „XXL-Cluberer“ – für Fans, die ihre überflüssigen Pfunde loswerden wollen.

Ausgabe von Lebensmitteln an Bedürftige

Seit Ende September unterstützt der 1.FC Nürnberg auch die "Nürnberger Tafel" bei der Ausgabe von Lebensmitteln. Das Foto hat Marlene Öhring, CSR-Projektmanagerin beim 1.FC Nürnberg, gemacht.   

Seit Ende September unterstützt der 1.FC Nürnberg auch die "Nürnberger Tafel" bei der Ausgabe von Lebensmitteln. Das Foto hat Marlene Öhring, CSR-Projektmanagerin beim 1.FC Nürnberg, gemacht.  

Während diese Angebote in Corona-Zeiten laut Rossow nicht oder nur eingeschränkt stattfinden konnten, hat der Verein den Ehrenamtssektor jüngst ausgebaut: Nun kooperiert der Club mit der „Nürnberger Tafel“ und ruft seine Fans dazu auf, in Langwasser bei einer abendlichen Ausgabe von Lebensmitteln an Bedürftige mitzumachen. 2019 wiederum konnten die Club-Anhänger bei der Aktion „Spielräume“ Seite an Seite mit den Profis in Grünanlagen Müll aufsammeln.

Demut ist wichtig

Es sei für den Verein wichtig, sich „demütig“ und „nahbar“ zu zeigen, sagt Rossow. „Wir sind sportlich in einer Situation, in der wir nicht jedes Spiel gewinnen.“ Deswegen müsse man auch andere Wege beschreiten, um das Vertrauen und die Sympathien der Bürger zu gewinnen. Zumal der Altmeister in der Stadt eine unheimliche Basis habe: „Der Club ist niemandem egal, jeder hat eine Meinung zu diesem Verein.“ Der Profifußball, sagt Rossow, habe keinen guten Ruf, dabei könne das Spiel doch verbinden. „Wir wollen ein nachhaltiges Miteinander bewirken. Immerhin sind wir ein Verein, der einen Querschnitt der Gesellschaft darstellt.“ Ins Stadion gehe der Millionär genauso wie derjenige, der sich kaum ein Ticket leisten könne. Mit den CSR-Aktionen wolle man verdeutlichen, dass der Fußball keine Sonderrolle beansprucht, sondern zentral in der Gesellschaft verankert ist. Dazu gehört es Rossow zufolge auch, „eine klare Haltung gegen Extremismus“ zu zeigen. Der Club stehe für Vielfalt und Toleranz. Mit dem Jenö-Konrad-Cup gibt es ein Bildungsprojekt gegen Rassismus.

Projekte tragen sich von selbst

Boxer Max ist das Maskottchen der CSR-Aktivitäten des Clubs. Benannt ist er freilich nach Vereinsikone Max Morlock. 

Boxer Max ist das Maskottchen der CSR-Aktivitäten des Clubs. Benannt ist er freilich nach Vereinsikone Max Morlock.  © Sportfoto Zink / DaMa

Finanziell tragen sich laut Rossow die CSR-Aktivitäten gleichsam von selbst, weil man zwar investieren müsse, aber umgekehrt auch zusätzliche Erlöse über Förderungen, Partnerschaften und Sponsoring erhalte. Denn durch das soziale Engagement gingen Türen auf, die sich alleine über die fußballerischen Leistungen des Zweitligisten nicht öffnen würden, berichtet der 44-Jährige. Als Beispiel nennt er die Kooperation mit der Sparkasse. Und auch für die Profis seien die Projekte eine bereichernde Erfahrung. Die Spieler Johannes Geis und Robin Hack hätten mal bei Erstklässlern Turnbeutel verteilt. „Denen mussten sie aber erst einmal erklären, wer sie überhaupt sind“, sagt Rossow. Geis habe die Stunde mit den Kindern später als „wunderbar erdend“ beschrieben.

Neue Plattform

Seit dem 21. Oktober gibt es eine Internet-Plattform „Unser Club“, mit der der Verein sein gemeinnütziges Engagement weiter ausbauen will. „Wir hatten nach 48 Stunden 500 registrierte Mitglieder und 80.000 Klicks“, freut sich Rossow. „Dafür haben wir Zuspruch aus der ganzen Republik erhalten.“ Überhaupt, meint der Finanzvorstand, könne sich das soziale Engagement des FCN im Vergleich der Vereine sehen lassen: „Im Bereich CSR spielen wir um die deutsche Meisterschaft mit.“

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