Allersberg: Intensive Diskussion zu den Industriegebieten

21.11.2019, 06:04 Uhr
Allersberg: Intensive Diskussion zu den Industriegebieten

© Archivfoto: Hans Seidl

Horndasch ging auf die angespannte Haushaltssituation ein. An Pflichtaufgaben habe man Ausgaben von etwa 20 Millionen Euro, an Wunsch- (also freiwilligen) Aufgaben rund 15 Millionen Euro. Das laufende Ausgabendefizit betrage zirka drei Millionen Euro. "Die Haushaltslage ist sehr angespannt", sagte Horndasch. "Die Rechtsaufsicht verlangt von uns, einen Plan zu entwickeln, wie wir aus der prekären Situation herauskommen." Der Plan des Bürgermeisters: "Wir brauchen Wachstum. Wir müssen die Einnahmen erhöhen." Die geplanten 33 Hektar seien kein "überdimensionierter Gigantismus".

Mehr Spielraum 

Kräftiger Gegenwind kam von Georg Decker, Sprecher der Bürgerinitiative "Lebenswertes Allersberg", die die Pläne ablehnt, und von Maria Holland. "Mir wird angst und bange", sagte Maria Holland, "mir liegt die Natur sehr am Herzen für unsere Kinder, denn ich lebe in diesem Gebiet". Es sei nicht angebracht, dass so viele Flächen zubetoniert würden. Es wäre absolut legitim zu schauen, wie andere Gemeinden – Horndasch nannte Roth, Georgensgmünd, Hilpoltstein, Rednitzhembach, Heideck und Röttenbach – mit Gewerbe- und Industriegebieten umgehen, konterte der Bürgermeister.

"Ein Industriegebiet bietet einen größeren Spielraum, aber besonders belästigende Betriebe können durch einen Gemeinderatsbeschluss ausgeschlossen werden", sagte Horndasch "Ein Industriegebiet bietet eine höhere Rechtssicherheit für die Gemeinde und die Unternehmen für die Nutzbarkeit und für Betriebsabläufe, außerdem bietet es eine höhere Wertigkeit." "Ob ein Gewerbegebiet oder ein Industriegebiet herauskommt, entscheidet der Gemeinderat", so Horndasch.


Bibbern fürs Fernsehen: Dreharbeiten mit der Allersberger Bürgerinitiative.


"Der Bürgerinitiative wird immer unterstellt, sie sei komplett gegen ein Industriegebiet, das stimmt aber nicht!", erklärte die Tochter von Maria Holland. "Man sollte das Gemeinsame, das Verbindende suchen und nicht nur auf Konfrontation gehen!", forderte Holland. "Wir können uns nicht im luftleeren Raum bewegen", so der Bürgermeister: "Das Entscheidungsgremium ist der Gemeinderat."

Das Wasser reicht aus

"Das wichtigste Thema ist das Thema Anbindegebot", unterstrich der Bürgermeister, "das heißt, man möchte die Zersiedelung der Landschaft vermeiden." Das Industriegebiet West I und West II böten "eine optimale Anbindung an die Autobahn, an die Bahn, an den öffentlichen Personennahverkehr und an den Hafen, sprich an die Lände Roth, sowie eine Reduzierung des Verkehrs im Ort und in den Ortsteilen." In Sachen Flächenfraß und Trinkwasserbelastung verwies Horndasch auf den Flächenverbrauch in ganz Bayern pro Tag und dass dieser gesunken sei, sowie auf die Nitratbelastung des Grundwassers durch Düngen.

Jede Maßnahme werde von den Fachbehörden, vor allem von der Unteren Naturschutzbehörde, geprüft. Jegliche Maßnahme müsse vom Wasserwirtschaftsamt genehmigt werden. "Wir haben genügend Wasservorräte für ganz Allersberg", so der Bürgermeister. "Der Grundwasserspiegel wird gewaltig sinken", sagte Karlheinz Pöllet. "So geht man mit Wasser nicht um!" Horndasch konterte: "Sowohl die Infra Fürth als auch die Brunnbachgruppe prüfen und bedenken die Wasserqualität und -menge."

Eine Zuhörerin wollte wissen, welche Betriebe angesiedelt werden. "Durch den EU-Singapur-Vertrag werden multinationalen Konzernen alle Türen geöffnet", kritisierte sie, "man hat null Mitsprachemöglichkeiten, welche Konzerne hierher kommen." Horndasch: "Wir haben keine Flächen verkauft und keine Flächen vergeben. Wir reden darüber, Flächen zu verkaufen, damit sich jemand ansiedelt, wir reden über eine Logistik-Ansiedlung, hinter Firmen stehen Investoren."

8000 Fahrzeugbewegungen täglich

"Kommt auf Allersberg eine zusätzliche Lärmbelastung und ein zusätzliches Verkehrsaufkommen zu?", wollte ein Zuhörer wissen. "Tatsächliche Zahlen zum Verkehrsaufkommen lassen sich erst dann ermitteln, wenn die Nutzer feststehen. Denn selbst im Bereich Logistik gibt es große Unterschiede", sagte Horndasch. "Wir gehen von 1900 Arbeitsplätzen und von 8000 Fahrzeugbewegungen täglich aus." Der Verkehrsgutachter habe vorgeschlagen, dass mit einer Ampellösung eine "Ertüchtigung" möglich sei, diese ist auch notwendig.

"Seit heute ist die Stellungnahme der Staatsregierung da", sagte Horndasch und verlas den Brief des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger. Demnach ist eine Realisierung von West I möglich. Das Plangebiet sei so aufzuteilen, dass es eine geringere Fläche als die Fläche des Ortes Altenfelden umfasst. "Bei West II kam uns Hubert Aiwanger sehr entgegen", freute sich Horndasch, "es ist eine sehr positive Stellungnahme, weil sie unsere Planungen bestätigt hat." Damit habe man jetzt eine Planungsunterlage. "Es wird eine Änderung bei West II geben, was die Größe betrifft."

Inzwischen gebe es rund 30 Interessenten, informierte der Bürgermeister. "Wir versuchen auch lokale Nachfrager zu berücksichtigen", versicherte er. Auch kleine Unternehmen gehörten zum Industriegebiet. "Wir wollen Synergie-Effekte erzielen, die sowohl den Unternehmen, als auch der Marktgemeinde zugute kommen", sagte der Bürgermeister.

Jede Woche eine neue Anfrage

Angesprochen wurde auch das Thema Gewerbesteuer. "Kriterium für uns ist die Anzahl der Arbeitsplätze, die zu erwarten sind", erklärte Geschäftsleiter Michael Langner. In Allersberg gebe es 900 Unternehmen, 200 davon zahlten Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer berechne sich nach dem Gewinn und werde nach Lohnsummenanteilen auf die verschiedenen Betriebsstätten des Unternehmens verteilt. In Allersberg zahlen fünf Unternehmen zwischen 60.000 und 100.000 Euro Gewerbesteuer im Jahr. 15 Unternehmen zahlen zwischen 20 000 und 30 000 Euro Gewerbesteuer im Jahr.


Gewerbe oder Natur? Im Landkreis Roth wird langsam die Landschaft knapp.


"Unsere Flächen sind begehrt", berichtete Daniel Horndasch, "jede Woche kriegen wir eine neue Anfrage." Die Frage eines Grundstücksverkaufes werde in den Fachgremien entschieden. Drei Unternehmer und Unternehmensvertreter, die Interesse am Industriegebiet angemeldet haben, warben dafür: So erklärte Christoph Führer von Leitner-Touristik, dass man sich vergrößern und weiter wachsen wolle. Mit dem Industriegebieten West I und II könne man mehr Arbeitsplätze schaffen.

Diplom-Ingenieur Jochen Lorz aus Nürnberg/Erlangen von der Firma "covalion" berichtete, dass seine Firma in Wendelstein Batteriespeicher baut. "Es werden viele E-Fahrzeuge kommen", prophezeite er, "wir setzen auf erneuerbare Energie". Auch Lorz schätzte "die ideale Lage des Industriegebiets an der Autobahn".

Keine Annäherung der Standpunkte

Als dritter Unternehmer stellte Andreas Zeitner, der aus Hamburg angereist war, die Handelsgesellschaft "Citti" vor. Die Firma hat sich auf Lebensmittelversorgung spezialisiert und beliefert Großkunden wie Altenheime, Restaurants und Schulen. Das Unternehmen möchte ein Großhandelslager errichten. "Es würde der größte Gewerbesteuerzahler Allersbergs sein", erklärte Horndasch. Am Ende kam es zu keiner Annäherung der Standpunkte. "Sollte es zum Bürgerentscheid kommen, wird das Ganze erst mal gestoppt", so Daniel Horndasch.

Keine Kommentare