Gebrauchte Elektroautos: Skepsis beim Kauf

4.5.2021, 12:18 Uhr
Gebrauchte Elektroautos: Skepsis beim Kauf

© ampnet/Volvo

Was im Bereich der Benziner und Diesel seit jeher gängige Praxis ist, stellt bei Elektroautos noch weitgehend unbefahrenes Terrain dar: Der Kauf eines Gebrauchtwagens. Bislang ist das Angebot an gebrauchten Stromern freilich auch begrenzt gewesen. Doch mit der steigenden Zahl elektrischer Neufahrzeuge, die auf unsere Straßen rollen, ändert sich das zunehmend.

Unter den potenziellen Käufern von Elektroautos herrscht indes noch Zurückhaltung, was Gebrauchte betrifft. Bei einer Umfrage der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) haben über zwei Drittel (69 Prozent) der E-Auto-Interessenten angegeben, eigentlich einen Neuwagen anzustreben. Für 30 Prozent war auch ein elektrischer Gebrauchtwagen eine Option, der dann aber nicht älter als zwölf Monate sein sollte. Ein noch älteres Fahrzeug zogen lediglich sieben Prozent in Betracht.

Kein Preisvorteil erkennbar

Die Skepsis richtet sich einerseits auf die Batterie und auf die Frage, ob sie – und damit einhergehend Ladekapazität, Ladezeit und Reichweite – noch leistungsfähig genug ist. Andererseits können viele Elektroauto-Aspiranten angesichts der großzügigen Innovationsprämie, die es für Neuwagen gibt, keinen allzu großen Preisvorteil erkennen, der für einen Gebrauchten spräche.

Tatsächlich hat das kundenseitige Wissen um den Umstand, dass elektrische und teilelektrische Neuwagen noch lange einer Subventionierung unterliegen werden, bereits zu einem Preisrutsch bei gebrauchten Stromern geführt. Während Benziner und Diesel laut DAT nach drei Jahren noch 55,8 beziehungsweise 53,1 Prozent ihres Neupreises wert sind, sind es beim E-Mobil nur 50,7 Prozent.

"Der Gebrauchtwagenmarkt für batterieelektrische Pkw hat es schwer", sagt Martin Weiss, Leiter der DAT-Fahrzeugbewertung. Die Preisdifferenz zwischen einem neuen und einem gebrauchten E-Auto sei oft zu gering, als dass es für den Käufer attraktiv wäre, sich einen Gebrauchten zu kaufen. Hinzu komme, dass sich die Technologie rasch entwickle. Heißt: Die Gefahr, sich ein veraltetes Gefährt in die Garage zu holen – beispielsweise mit begrenzter Reichweite – ist nicht von der Hand zu weisen.

Förderprämien für Gebrauchte

Was vielen potenziellen Kunden indes nicht bekannt ist: Immerhin werden auch junge gebrauchte Elektroautos gefördert, rein batterieelektrische mit bis zu 5000 Euro, Plug-in-Hybride mit bis zu 3750 Euro. Dafür gibt es allerdings ein paar Bedingungen: Die Erstzulassung muss nach dem 4. November 2019 erfolgt sein und darf höchstens zwölf Monate zurückliegen. An Laufleistung sind maximal 15.000 Kilometer erlaubt. Zudem darf bislang keine Förderung durch den Umweltbonus oder eine vergleichbare Zahlung eines EU-Staates erfolgt sein. Beim maximalen Verkaufspreis werden 80 Prozent des Bruttolistenpreises angesetzt und der Herstelleranteil am Umweltbonus abgezogen.

Weniger Verschleißteile

Abgesehen von den Sorgen um eine womöglich bald veraltete Technologie und eine unsichere Restwertentwicklung gibt es aber auch Argumente, die ein gebrauchtes Elektroauto auf der Haben-Seite verbuchen kann. So besitzt ein E-Mobil weniger Verschleißteile als ein Verbrenner, Reparaturen hinsichtlich Kupplung, Auspuff, Zahnriemen oder Einspritzventilen sind somit kein Thema.

Augenmerk auf den Akku

Aber: Da ist die Antriebsbatterie. "Sie ist das teuerste und verschleißträchtigste Bauteil beim E-Auto", bestätigt auch der ADAC. Deshalb rät der Club dazu, beim Gebraucht-Kauf besonderes Augenmerk auf den Akku zu richten und, beispielsweise, gültige Garantieregeln zu klären, die in aller Regel acht Jahre oder 100.000 bis 200.000 Kilometer Laufleistung umfassen. Der Garantiefall tritt dann ein, wenn die Kapazität des Akkus eine bestimmte Grenze unterschreitet, zumeist liegt sie bei 70 Prozent. Vom Verkäufer sollten das Serviceheft und die Prüfprotokolle der Werkstatt verlangt werden, denn im Rahmen der regelmäßigen Checks wird auch die Antriebsbatterie inspiziert. Ein spezieller Kaufvertrag für gebrauchte Elektrofahrzeuge steht beim ADAC als Download zur Verfügung.

Reichweitentest ratsam

Wie bei jedem Gebrauchten ist auch eine Probefahrt wichtig. Im Falle des E-Autos empfiehlt der ADAC, dabei einen Reichweitentest durchzuführen. Das Fahrzeug sollte vollgeladen antreten und der Bordrechner auf null gestellt sein. Das persönliche Fahrprofil – sportlich oder zurückhaltend-vorausschauend – lässt dann eine realistische Einschätzung zu: Werden beispielsweise auf 50 Kilometer die Hälfte der Stromreserven verbraucht, sind auch insgesamt nur 100 Kilometer zu erwarten – selbst wenn die Reichweitenanzeige 130 oder mehr Kilometer verspricht.

Ulla Ellmer