Lockerungen in Bayern

Neue Corona-Regeln: Warum die fränkischen Kulturveranstalter trotzdem sauer sind

1.9.2021, 16:17 Uhr
Ein Bild aus Zeiten vor Corona: Rapper Kontra K. kommt am 29. November 2021 in die Nürnberger Arena. Rund 6500 Besucher könnten dann wieder dabei sein.

© STAR-MEDIA via www.imago-images.de, NN Ein Bild aus Zeiten vor Corona: Rapper Kontra K. kommt am 29. November 2021 in die Nürnberger Arena. Rund 6500 Besucher könnten dann wieder dabei sein.

"Für uns und alle Brautpaare aus Franken ist das super. Jetzt gibt es Planungssicherheit", freut sich Josy Weber vom Nürnberger Parks und berichtet über viele erleichterte Anrufe von Hochzeitspaaren, die nun glücklich sind, dass ihre private Feier in der Nürnberger Eventlocation stattfinden kann. Möglich macht das der Wegfall von Kontaktbeschränkungen und Personenobergrenzen für private Veranstaltungen, die in der neuen sogenannten Infektionsschutzmaßnahmenverordnung des Freistaates festgeschrieben werden. Die Verordnung tritt heute in Kraft und gilt bis vorerst 1. Oktober.

"Keine verlässliche Grundlage"

"Mit dieser zeitlichen Befristung ist sie mitnichten eine verlässliche Grundlage, auf der wir mittel- bis langfristig planen können", sagt Ulrike Mendlik vom Nürnberger Burgtheater, die den Zeitpunkt der Lockerungen bei steigenden Infektionen für befremdlich hält. Dass sie nun theoretisch ab sofort das kleine Theater in der Nürnberger Altstadt wieder voll besetzen könnte, nützt ihr gar nichts: "So kurzfristig können wir nicht reagieren. Das September-Programm haben wir eh schon abgesagt. Danach werden wir das tun, was wir für verantwortbar halten, egal was erlaubt ist."

Was für Mendlik wie auch für Kinobetreiber aus der Region darüber hinaus entscheidend ist, ist die Frage, was das sowieso schon verunsicherte Publikum will und was es nicht mitmacht: Meidet es volle Säle? Oder will es gar engen Kontakt mit anderen, weil die Stimmung dann besser ist? Nimmt es die Maskenpflicht weiter in Kauf? Oder fordert es 1,5 Meter Abstand und dann ohne Maske?

"James Bond spuckt nicht"

"Viele Menschen fühlen sich unwohl in vollen Sälen neben wildfremden Leuten", sagt Christian Ilg vom Fürther Babylon-Kino. Er hat sich deshalb für einen "freiwilligen Puffer" entschieden. Das heißt: Zwei Sitze bleiben zwischen jeder Buchungsgruppe frei. Bislang war jede zweite Sitzreihe gesperrt, jetzt werde man die Besucher im Schachbrettmuster anordnen. Statt Vollauslastung komme das Babylon-Kino so auf bis zu 60 Prozent Auslastung, rechnet Ilg vor.

Im Cinecittà geht man ähnlich vor. Was dessen Betreiber Wolfram Weber am meisten enttäuscht, ist die fortdauernde Maskenpflicht im Kino: "Das ist eine bizarre Regelung, die sich Leute ausgedacht haben müssen, die nie ins Kino gehen." In der Gastronomie, so Webers Argumentation, dürfe man die Maske am Tisch abnehmen. Warum nicht im Kino? "Alle schauen dort in eine Richtung, Unterhaltungen finden nicht statt, James Bond spuckt einem auch keine Aerosole entgegen, und was ist, wenn man sich jede Minute Popcorn in den Mund schiebt?"

"Tanzen mit Maske geht nicht"

Die weiterhin geltende Maskenpflicht in Innenräumen treibt auch die Clubszene um: "Tanzen mit Maske funktioniert nicht", sagt Axel Ballreich vom Concertbüro Franken, das unter anderem die Musikclubs Hirsch und Löwensaal in Nürnberg bespielt. Als Vorsitzender des Bundesverbandes der Musikspielstätten fordert Ballreich Eintritt für Geimpfte und Genesene plus Menschen mit PCR-Test. Sie sollten dann maskenfrei in die Clubs dürfen und diese ihre Kapazitäten voll ausschöpfen.

Für den großen Bereich der Konzerte hält Ballreich die neuen Regelungen aber für einen richtigen und wichtigen Schritt. "Jetzt haben wir auch wieder die Möglichkeit, Stehkonzerte zu veranstalten", sagt er. Nächstes Groß-Event des Concert-büros in Nürnberg werde das Konzert von Rapper Kontra K. in der Arena. Da könnte man nach den neuen Regelungen bei 6500 Zuschauern landen, rechnet Ballreich vor und hofft dass mit den neuen Regierungsbeschlüssen der Vorverkauf anzieht.

Mehr Aussteller bei Consumenta?

Auf einen "Schub" an Interesse hofft auch Kathrin Winkler, Sprecherin der Messen- und Ausstellungen GmbH "Afag" in Nürnberg. Die Neuregelungen seien gute Nachrichten für Aussteller und Besucher. Vor allem für die Verbrauchermesse Consumenta hofft Winkler nun auf noch mehr Aussteller und auf Besucher, die sich zum Beispiel durch eine FFP2-Maskenpflicht vom Messerundgang hätten abhalten lassen.

Apropos Wirtschaft: "Unternehmen können jetzt ihre Weihnachtsfeier planen. Das tut uns gut", sagt Christopher Dietz von der Nürnberger Eventagentur "werk:b", die unter anderem die Winterhütten am Flughafen betreibt, eine beliebte Location für Firmenfeiern. "Die Aussage, dass es mit einer 3G-Regelung keinen weiteren Lockdown geben wird, verschafft uns und unseren Kunden Planungssicherheit", sagt Dietz. Von einer 2G-Regelung in seinen Räumen hält er nichts: "Mit solch einem radikalen Weg tut man sich keinen Gefallen, weil man Menschen ausschließt."

"Zurückhaltend ohne Ende"

Aber auch er weiß, dass die Leute erst wieder an Veranstaltungen und Events gewöhnt werden müssen. "Die Menschen sind ja sogar schon bei Openairs zurückhaltend ohne Ende", berichtet Ulrike Mendlik vom Burgtheater über ihre Erfahrungen mit Freiluft-Veranstaltungen in der Nürnberger Katharinenruine. Die gilt mit 100 Besuchern als ausverkauft. Stimmung kommt unter diesen Bedingungen in halbleeren Zuschauerreihen aber selbst bei Kabarettveranstaltungen nur leidlich auf.

Was wird das Burgtheater also tun? Die Freiluft–Saison in der Katharinenruine mit "Sechs Richtigen" im September zu Ende bringen. Und jetzt erstmal wie alle anderen Kollegen aus dem Veranstaltungsbereich das Kleingedruckte in der neuen bayerischen Verordnung lesen: "Denn wir haben in anderthalb Jahren Pandemie gelernt, dass es darauf ankommt."

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