"Schlag zu!"

Neuer "Rage Room" in Nürnberg: Hier können Sie ungestraft Dinge zerstören

Jannik Westerweller

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8.3.2024, 11:35 Uhr
Einfach mal alle Hemmungen fallen lassen und mit dem Baseball-Schläger Geschirr zertrümmern: Hier ist es möglich.

© Jonas Werling Einfach mal alle Hemmungen fallen lassen und mit dem Baseball-Schläger Geschirr zertrümmern: Hier ist es möglich.

Im Hintergrund läuft lauter Nu-Metal, wenn Luis Arroyo auf seine Gäste wartet. Dann können sie zwischen verschiedenen Paketen wählen. Für 30 Euro können bis zu zwei Gäste 25 Geschirrstücke kaputt machen, für 100 Euro gibt es 40 Geschirrstücke, ein Elektro-Gerät, beispielsweise einen Computer-Bildschirm, und zwei kleine oder ein großes Möbelstück. Für stolze 250 Euro können Gäste eine "Rage Party" veranstalten - dieses Paket beinhaltet 100 Geschirrstücke, vier Elektro-Geräte und zwei kleine beziehungsweise ein großes Möbelstück, beispielsweise Stühle oder Schränke.

Dazu können Gäste Extras buchen - zum Beispiel einen alten Röhrenfernseher, das beliebteste Elektrogerät. Dieser kostet 15 bis 25 Euro Aufpreis. "Es ist gar nicht so leicht, einen Röhrenfernseher zu zerschlagen", erzählt Arroyo. Alte Fernseher hätten oft zentimeterdickes Glas.

Ist das Paket ausgesucht, geht es weiter in die Ankleide. Die Outfits erinnern an den Horror-Film "The Purge - Die Säuberung". Ein roter Overall ist Standard, dazu gibt es verschiedene Helme, Handschuhe und Schutzbrillen. So stehen beispielsweise Ski- und Motorradhelme, aber auch ein Helm mit Teufelshörnern und einer mit einer aufgeklebten rote Irokesen-Frisur zur Auswahl. "Man kann sich seine Persönlichkeit aussuchen", sagt Arroyo augenzwinkernd.

Neuer "Rage Room" in Nürnberg: Das sind die Regeln

Dann dürfen sich Gäste im Rage Room austoben. Dafür stehen verschiedene Waffen wie Baseball-Schläger in verschiedenen Größen und Gewichtsklassen, schwere Vorschlaghammer oder Brechstangen zur Auswahl. Dann regiert die blanke Zerstörungswut: Bis auf wenige Ausnahmen wie die Wände dürfen Gäste dann alle Gegenstände im Raum kurz und klein schlagen. Wenn Gäste danach aufräumen, amüsiert sich Arroyo. "Das ist Teil der Erfahrung", sagt der US-Amerikaner lachend.

Doch es gibt auch Regeln: Alkohol ist streng verboten, zu ihrer eigenen Sicherheit dürfen Gäste keine offenen Schuhe tragen, auch das Mitbringen eigener Waffen ist untersagt.

Zuvor hatte Arroyo bei "Crazy Nate's", einem mexikanischen Restaurant in Nürnberg, gearbeitet. Aus Versehen sei ihm ein Glas heruntergefallen. Die meisten Menschen würden sich in dieser Situation wohl ärgern, hektisch nach rechts und links schauen, ob jemand den Fauxpas bemerkt hat, die Scherben hektisch zusammenkehren. Nicht so Arroyo, er habe sich gedacht: "Das war der Wahnsinn!" - geboren war der Traum vom eigenen Rage Room.

Konzept in Deutschland kaum verbreitet

Das Konzept stammt ursprünglich aus den USA. Dort gebe es in beinahe jeder Stadt einen oder sogar mehrere dieser Randale-Räume, erzählt Arroyo. In Deutschland ist das Konzept kaum verbreitet, eine Google-Suche liefert nur wenige Treffer. In Nürnberg gab es das Konzept vor dem "Trash Panda Rage Room" noch nicht.

Den passenden Ort für seinen Rage Room fand Arroyo im Stadtteil Sankt Johannis. Die Immobilie stand über zehn Jahre leer, davor war hier ein fränkisches Restaurant beheimatet. Im ersten Gespräch habe der Vermieter gesagt, dass er "etwas Lebendiges" für das Objekt in der Julienstraße 2 wolle. Arroyo habe sich gedacht: "Was ist lebendiger als ein Rage Room?"

Bereits mehrere Junggesellinnenabschiede

Im Dezember 2023 konnte der "Trash Panda Rage Room" in das ehemalige Restaurant einziehen. Dann hat Arroyo alles alleine entrümpelt und nach seinen Vorstellungen ausgebaut, am 1. Februar hat er den Rage Room offiziell eröffnet. Das Problem: Die Gäste kamen einfach nicht. Rund zwei Wochen habe es gedauert, bis der Laden anlief. Dann sei alles sehr schnell gegangen, schon im ersten Monat habe er kostendeckend arbeiten können. Für Arroyo überraschend: 80 bis 90 Prozent der Gäste sind Frauen. Auch für Junggesellinnenabschiede ist der Raum gut gebucht.

Die meisten Menschen würden den "Trash Panda Rage Room" über Google finden, eher wenige Kundinnen und Kunden würden sein Geschäft auf Social Media entdecken. Doch warum gehen die Menschen in Arroyos Rage Room? Die meisten kämen einfach zum Spaß, erzählt Arroyo. Ein paar Gäste hätten erzählt, dass sie frisch von ihrer Partnerin getrennt seien und den Raum als Ventil für ihre Emotionen nutzen wollten. Einmal sei auch eine Frau sehr gestresst hereingekommen, habe 15 Minuten lang alles im Raum kurz und klein geschlagen und habe dann den Laden mit einem "Das habe ich jetzt gebraucht" wieder verlassen.

Besonders freue Arroyo sich auf Halloween, denn: Sollte der Laden so lange bestehen können, möchte er gerne Halloween-Specials anbieten. Inspiration kommt von der US-Horror-Serie "The Walking Dead": Man solle dann auch Zombie-Köpfe zerschlagen können, als Waffe möchte er einen mit Stacheldraht umwickelten Baseball-Schläger anbieten - die Waffe eines Schurken aus der Serie.

Die Gegenstände für seinen Rage Room findet Arroyo oft auf Gebrauchtwarenhöfen. Daher auch der Name "Trash Panda Rage Room": "Trash Panda ist eine Bezeichnung für Waschbären - ich dachte, dass ich am Anfang genau wie Waschbären im Müll wühlen muss", erklärt Arroyo. Mittlerweile hat er eine Kooperation mit einem Gebrauchtwarenhof in Erlangen geschlossen, der ihm regelmäßig ungewollte oder defekte Gegenstände liefert.

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