Nürnberger Musical-Star Roberta Valentini: "Ich spiele gerne starke Frauen"

10.2.2020, 16:44 Uhr
Nürnberger Musical-Star Roberta Valentini:

© Dita Vollmond

Frau Valentini, wie schafft ein Mädchen aus einer italienischen Familie in Nürnberg den Sprung auf die großen Musicalbühnen?

Roberta Valentini: Naja, die Italiener haben ja die Musik im Blut. (Lacht.) Ich habe schon von klein auf gesungen und irgendwann habe ich mal bei einem Wettbewerb im Frankencenter mitgemacht und zwei Tickets mit Backstage-Führung für ein Musical in Stuttgart gewonnen - dann war’s um mich geschehen. Im Frankencenter hat also alles angefangen!

Die Familie Valentini bestätigt ja so ziemlich alle Klischees, die über Italiener im Umlauf sind: Musik, Fußball, Essen und Trinken...

Valentini: Ja, bei uns kommt einiges zusammen. (Lacht.) Meine Eltern haben eine Vinothek in Zabo, mein Bruder spielt beim 1. FC Nürnberg und meine Schwester war bis vor zwei Jahren dort in der Presseabteilung.

Als Sängerin machen Sie sich in Nürnberg äußerst rar. Warum muss man auf eine Tournee-Produktion warten, um Sie auf der Bühne zu sehen?

Valentini: Das frage ich mich auch immer wieder. Ich habe mich in der Vergangenheit schon als Musical-Sängerin beim Staatstheater beworben, aber bisher hat es leider nie geklappt. Nürnberg hat so großartige Künstler in allen möglichen Genres. Ich habe aber manchmal das Gefühl, dass sie ausgerechnet in ihrer Heimatstadt nicht richtig wahrgenommen werden. Das ist sehr schade. Mein größter Traum wäre es, in Nürnberg mal eine große Rolle zu spielen.

Immerhin kann man Sie manchmal als Popsängerin hier live erleben...

Valentini: Ja, ich trete seit fast zwanzig Jahren hier immer wieder zusammen mit dem in Nürnberg lebenden Pianisten und Sänger Pino Barone auf. Italo-Pop macht mir viel Spaß, das ist eine coole Abwechslung zum Musical. Ich fühle mich in beiden Welten wohl.

Jetzt sind Sie mit der "Greatest Show" auf großer Tournee. Was darf das Publikum da erwarten?

Valentini: Im ersten Teil sind Ausschnitte aus klassischen Musicals zu hören wie "Phantom der Oper" oder "Rocky Horror Picture Show", im zweiten Teil kommen Musikfilme wie "La-La-Land", "Grease" oder "A Star Is Born" zum Zug – mit Chor und Live-Band. Da ist für jeden was dabei. Ich darf dabei in verschiedene Rollen schlüpfen.

Musikfilme sind ja in den letzten Jahren wieder sehr erfolgreich. Zum Beispiel hat "La-La-Land" gleich ein paar Oscars kassiert. Sind diese Musikfilme so etwas wie moderne Musicals?

Valentini: Ja, das Musical wird moderner. Bislang wird das Genre allerdings meiner Meinung nach immer noch unterschätzt. Dabei beweist der unglaubliche Erfolg von Musikfilmen mit bekannten Stars wie Lady Gaga oder Emma Stone das Gegenteil.

Haben Sie das Gefühl, dass Musicaldarsteller in Deutschland künstlerisch immer noch nicht ganz ernst genommen werden?

Valentini: Ja, das stimmt, damit werde ich oft konfrontiert. Ein Vorurteil besagt, dass Musicaldarsteller zwar ein bisschen singen, tanzen und schauspielern können, aber nichts davon so richtig. Das sehe ich anders. Für ein Musical braucht man ganz andere Fähigkeiten als zum Beispiel für das Schauspiel oder die Oper. Es ist nicht besser oder schlechter, setzt aber eine andere Technik voraus. Mich reizt es besonders, das Schauspielerische mit dem Gesang zu verbinden. So kann man eine Geschichte auf besondere Art erzählen. Dazu kommt noch der Tanz. Diese Kombination ist eine Kunst für sich, die Kunst des Musicals.

In Deutschland ist der ganz große Musical-Boom offenbar vorbei. Steckt die Branche in der Krise?

Valentini: Ja und nein. An den Staatstheatern und städtischen Bühnen laufen Musicals derzeit sehr gut. Anders sieht es bei den großen kommerziellen Anbietern aus. Wenn man zu den dort vergleichsweise höheren Ticketpreisen noch Anreise und Übernachtung dazu rechnet, kommt der Musicalbesuch einem Kurzurlaub gleich. Gleichzeitig ist der Kostenapparat bei Anbietern wie Stage Entertainment auch im Vergleich viel größer.

Stage Entertainment ist der Marktführer...

Valentini: Ja, genau. Er produziert Musicals wie "König der Löwen" oder "Pretty Woman", ich selbst stehe noch bis 7. März bei "Ghost" in Stuttgart auf der Bühne. Allein solche bekannten Titel ziehen viele Besucher an.

In Deutschland ist die Musical-Welt ja zweigeteilt: Zwischen den staatlichen beziehungsweise städtischen Häusern auf der einen Seite und den Privatanbietern auf der anderen. Wie sehen Sie die Situation?

Valentini: Beide Welten haben ihre Daseinsberechtigung. Ich spiele seit Jahren auch viel am Theater in Bielefeld, das sich oft an neuere Musicals wagt. Mit großem Erfolg. Das müssten sich mehr Theater trauen. Ich glaube, es kommt nicht nur auf bekannte Namen an, sondern auf die künstlerische Qualität.

Was war bisher persönlich Ihr größter Erfolg?

Valentini: Ich denke die Hauptrolle in dem Musical "Elisabeth", mit dem ich sehr lange auf Tour war und sogar in Shanghai aufgetreten bin.

Was ist Ihr Lieblingsmusical?

Valentini: Ich habe ein Lieblingsmusical, aber das wird in Deutschland nicht gespielt: "Hamilton" über den amerikanischen Gründervater Alexander Hamilton.

Welche Rolle würden Sie sich noch wünschen?

Valentini: Da fällt mir Sally Bowles in "Cabaret" ein. Aber ich habe zum Glück viele meiner Lieblingsrollen schon spielen dürfen: Die Lucy in "Jekyll & Hyde", die Elphaba in "Wicked – Die Hexen von Oz" und die Kaiserin "Elisabeth". Das sind alles starke Frauenrollen.

Sie sind seit Jahren beruflich viel unterwegs. Wo fühlen Sie sich zuhause?

Valentini: Ich habe eine Wohnung in Nürnberg und komme möglichst oft nach Hause. Hier ist meine Heimat. Ich bin eine echte Nürnbergerin.

Karten für "This is the Greatest Show!" am 29. März in der Nürnberger Meistersingerhalle gibt es im NN-Ticket-Corner, Tel. 09 11/2 16 27 77.

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