Bei Räumung im Hambacher Forst tödlich gestürzt
Rührend: Als dieser Filmemacher starb, vollendeten Kollegen den Film "Vergiss Meyn nicht"
22.09.2023, 14:55 Uhr
Im Jahr 2018 stürzte der junge Filmemacher Steffen Meyn während eines Polizeieinsatzes zur Räumung der Baumhäuser im besetzten Hambacher Forst von einer Hängebrücke zu Boden und starb. Die Studierenden und Lehrenden der Kölner Kunsthochschule für Medien, wo Meyn studierte, waren durch das Ereignis im Schock erstarrt. Aus der Trauer heraus versprachen sie, seine Arbeit fortzuführen.
Meyn hatte zuletzt an einem 360-Grad-Projekt zu den Protest-Aktivitäten im „Hambi“ gearbeitet, von dem Bilder auch in diesem Dokumentarfilm über ihn und die Proteste zu sehen sind. Realisiert haben den Film drei ehemalige Kommilitonen, denen großzügig Material zur Verfügung stand. Meyn hatte mit einer auf dem Fahrradhelm angebrachten 360-Grad-Actionkamera, einer Handkamera und dem Handy neben dem Geschehen im Camp auch viele seiner eigenen Aktivitäten ausführlich dokumentiert. So ist der Wald aus der aufregenden Perspektive eines Fast-Vogels beim Besuch in benachbarten Baumhäusern zu sehen, ebenso die Polizeieinsätze.
Nicht nur friedliche Aktivisten, auch Wutbürger waren dabei
Auch die Auf- und Abstiege der Waldbesetzer, ihre Gänge durch die Baumwipfel und ihre Sicherheitsmaßnahmen zeigt der Film. Zu diesen Direktbildern kommen Gespräche mit einigen der damaligen Aktivisten. Mal geht es um die Erinnerung an Steffen Meyn mal um Motivation. Auch der spätere Ausstieg aus dem Protestleben ist Thema. Dabei werden Widersprüche deutlich zwischen den politischen Stellungnahmen der befragten Aktivisten, der beschriebenen Ohnmacht gegenüber der Polizei und den Realitäten innerhalb der keineswegs homogenen Protestszene.

Während die von Meyn und im Film Befragten höchst verantwortungsbewusst und oft auch bewusst gewalt- und drogenfrei leben, scheinen andere eher die Niederungen des Wutbürgertums auszuleben. Dazu passt, dass für die im Film befragten jungen Aktivisten ein Grund der späteren Distanzierung vom Protestcamp auch sexualisierte Gewalt auf der eigenen Seite war. Formal greift der Film nach etwa einer Stunde die anfängliche 360-Grad-Fahrt im Wald auf.
Meyns Absturz selbst wird dabei als Klammer zu Anfang mit dem panischen direkten Danach und gegen Ende mit dem direkten Davor aus seiner Helmkamera selbst eingefügt. Dabei wird die Frage nach der Verantwortung für diesen Tod von einzelnen Befragten sehr gut reflektiert, vom Film selbst jedoch nicht gestellt.
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