Stuttgarts nächster Patient heißt Opernhaus

24.4.2013, 08:00 Uhr
Stuttgarts nächster Patient heißt Opernhaus

© dpa

Ein Jahr hatten die Verantwortlichen ursprünglich für die Sanierung des 50 Jahre alten Stuttgarter Schauspielhauses veranschlagt. Kostenpunkt: 24 Millionen Euro. Finanz- und Zeitrahmen sind mittlerweile passé. Die Arbeiten ziehen sich nun schon knapp vier Jahre lang hin, das Budget musste wegen diverser Planungs- und Umsetzungsfehler und nach dem Einbau neuer Stühle um 4,5 Millionen Euro nach oben korrigiert werden.

Die Frage, ob das Schauspielhaus zu Beginn der Intendanz von Armin Pe-tras im Oktober fertig sein wird, will derzeit niemand beantworten, nachdem Finanzminister Nils Schmid (SPD) mit der Verneinung zunächst für Wirbel gesorgt hatte. Kunstministerin Theresia Bauer (Grüne) versprach stattdessen, es werde alles ge-tan, um dieses Ziel zu erreichen. Und auch Petras selbst sagte am Rande einer Sitzung, er gehe fest davon aus, seine erste Stuttgarter Spielzeit pünktlich zu starten — ein Ja-Nein-Ping-Pong.

Nach Angaben des Ministeriums soll bis Mai die endgültige Mängelliste vorliegen. Erst dann wird klar, ob das Haus im Herbst wiedereröffnet werden kann. Experten prüfen vor allem die neue Drehbühne auf Herz und Nieren, Fehler dort hatten den Wiedereinzug wiederholt verzögert. Wer letztendlich die Verantwortung für das Sanierungsdrama trägt, ist umstritten. Die im Finanzministerium ansässige Bauverwaltung steht derzeit vor allen anderen in der Kritik.

Lernen aus Fehlern

Insbesondere der Deutsche Bühnenverein hinterfragt, ob der öffentliche Dienst die nötige Fachkompetenz und genügend Personal für die Kontrolle solch komplizierter Bauarbeiten mitbringe. Schauspielchef Hasko Weber warf Finanzminister Schmid vor, zu spät reagiert zu haben.

Eine weitere Baustelle im Stuttgarter Kulturleben ist die renommierte John-Cranko-Ballettschule. Der Neubau soll ebenfalls deutlich mehr kosten als zunächst gedacht. Nicht 32 Millionen Euro, sondern 45 bis 50 Millionen müssten laut einem neuen Gutachten mindestens eingeplant werden.

Von einer Kostenexplosion will der geschäftsführende Intendant der Württembergischen Staatstheater, Marc-Oliver Hendricks, aber nicht sprechen. Dies sei die erste realistische Kosteneinschätzung, die auf dem Tisch liege, nun könne „ehrlich über das Projekt geredet“ werden. Laut Finanzministerium hatte sich zu spät herausgestellt, dass die Tänzer rund 25 Prozent mehr Fläche benötigten. Doch aus all diesen Fehlern will man lernen — und sie bei der anstehenden Sanierung des historischen Opernhauses auf jeden Fall vermeiden, heißt es aus dem Kunst- und Finanzministerium. Um das 100 Jahre alte Bauwerk auf Vordermann zu bringen, sind nach ersten Angaben rund 18 Millionen Euro nötig. Ob es dabei bleibt? „Wir werden da auf jeden Fall mit einem realistischen Zeit- und Finanzrahmen rangehen“, so ein Sprecher des Finanzministeriums. Eventuell sollen auch externe Sachverständige an der Planung mitwirken. Denn schließlich bröckelt auch der Ruf der Stadt. In Sachen Großprojekte hat sie sich bislang nicht mit Ruhm bekleckert. Davon können die Kölner ebenfalls ein Lied singen.

Köln plant um

Eigentlich sollte das vor vier Jahren eingestürzte Stadtarchiv bis 2015 neu gebaut werden. Doch die Arbeiten haben noch nicht einmal angefangen, da gibt es schon einen Planungsstopp. Der Grund: Die kommunale Kunst- und Museumsbibliothek wird nicht, wie vorgesehen, mit in den Bau einziehen.

Es muss also umgeplant werden. Und in diesem Zusammenhang sei von der Politik auch die Errichtung des Archivs an einem anderen Kölner Standort ins Gespräch gebracht worden, so Stadtsprecherin Inge Schürmann. Denkverbote gebe es bei dem klammen Budget keine. Das alte Archiv war am 3. März 2009 durch Pannen beim U-Bahn-Bau eingestürzt.

Zurzeit befindet sich ein Teil der Archivbestände im Lager eines Möbelhauses am Stadtrand von Köln, der Rest ist über andere Archive verteilt. Insgesamt geht es um 35 Kilometer Regalbestände.

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