Viele Hilfsanfragen im Herbst

Igel im Garten? Pflegestelle gibt Rat: So helfen Sie richtig

14.10.2021, 05:56 Uhr
Schwarze Nase und Knopfaugen: Fast alle Menschen freuen sich, wenn sie einen Igel sehen.  

© Jana Zwanziger, Igelrettung Fürth Schwarze Nase und Knopfaugen: Fast alle Menschen freuen sich, wenn sie einen Igel sehen.  

Das Angebot steht und ist bezugsfertig: eine kleine, zweigeteilte Holzkiste, ausgelegt mit Zeitungspapier und frischem Stroh. Marietta Müller hofft, dass sich auch in diesem Winter ein Igelchen hier zum Winterschlaf einnistet. Vielleicht sogar ihr Zögling vom letzten Jahr. Damals wurden sie und ihr Lebensgefährte über Facebook darauf aufmerksam, dass das Nürnberger Tierheim Pflegestellen für Igel sucht und haben gerne spontan ihre Hilfe angeboten.

„Wir sind Tierfreunde und lieben die Natur“, sagt Müller. Also holten sie einen der Stachler zu sich nach Hause in den Nürnberger Norden nach Thon und päppelten ihn solange auf, bis er das nötige Gewicht hatte, um schließlich draußen im Igelhäuschen den langen Winterschlaf zu überstehen. Hat er es geschafft? Bis Mitte Mai gab es ein banges Warten, berichtet die 41-Jährige. Denn öffnen sollte man das Winterquartier eines Igels keinesfalls, um zu verhindern, dass er vorzeitig aufwacht und unnötig Energie aufwenden muss, um wieder einzuschlafen.


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Es ging alles gut, ihr Schützling regte sich im Frühjahr von alleine und konnte in die Freiheit entlassen werden. Offenbar hat er in der Siedlung rund um die Forchheimer Straße ein neues Revier gefunden. Zum Futtern kommt er nämlich gerne regelmäßig in den kleinen Garten seiner Pflegepaten zurück.

Marietta Müller hat in ihrem Garten ein Igelhaus aufgestellt. 

Marietta Müller hat in ihrem Garten ein Igelhaus aufgestellt.  © Manuela Prill, NNZ

Und nicht nur das: Seit diesem Herbst beobachten Müller und ihr Lebensgefährte hier insgesamt sogar vier Igel. Dass es verschiedene sind, könne man gut an den unterschiedlichen Verhaltensweisen erkennen. Die Thoner haben sie „der Kleine, der Faule, der Dicke und der Scheue“ getauft. Echte Namen wollten sie den Igeln bewusst nicht gegeben. „Man muss sich bewusst sein, dass es Wildtiere und keine Haustiere sind“, betonen sie. Auch Christoph Schuhmann aus Großreuth bei Schweinau hat zwei Sorgenkinder in seinem Garten entdeckt. Zwei offensichtlich verwaiste Igelbabys. „Wir haben sie eine Weile beobachtet, aber ihre Mutter war nicht in Sicht“, erzählt er.


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Gerade mal 150 und 250 Gramm wogen die Kleinen, viel zu wenig, um jetzt noch alleine klarzukommen. Ein Asyl für die beiden fand Schuhmann bei Jana Zwanziger von der Igelrettung Fürth. Obwohl auch hier, wie bei allen ehrenamtlich betriebenen Pflegestellen, die Kapazitäten derzeit ausgeschöpft sind und die Helfer alle Hände voll zu tun haben. „Bei uns ist Land unter“, seufzt Zwanziger.

36 Igel betreuen sie und ihr Team momentan. Der Bedarf ist groß, fast täglich trudeln Hilfsanfragen ein, der Platz ist knapp. Schon seit längerem sucht Zwanziger für das private Igelkrankenhaus eine größere Bleibe in Fürth, bislang ohne Erfolg. Eigentlich sei es nicht so schwer, Igeln daheim über den Winter zu helfen, meint die erfahrene Expertin. Um nichts falsch zu machen, empfiehlt sie jedoch, vorab genau zu beobachten: Ist das Tier verwaist, oder verletzt, ist es stark von Parasiten befallen, schwirren eventuell bereits Fliegen um den Igel herum? Dann sollte man schnell handeln, eine Pflegestelle kontaktieren oder zum Tierarzt gehen, um weitere Schritte gemeinsam zu planen.

Und so kann man einem Igel richtig helfen:

Wann braucht ein Igel Hilfe?

Solange die Temperaturen über dem Gefrierpunkt liegen, sind Igel noch auf Nahrungssuche unterwegs. Das heißt, nicht jeder Igel, den man jetzt zu Gesicht bekommt, ist auch tatsächlich hilfsbedürftig. Generell gilt: Nur verletzte, hilflose oder kranke Wildtiere dürfen laut Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen werden. Dazu gehören: verwaiste Igelsäuglinge, verletzte oder offensichtlich unterernährteTiere. Man erkennt diese an der eher wurst- als birnenförmigen Körperform, häufig weisen sie eine deutliche Einbuchtung am Hinterkopf auf. Auch Tiere, die nach Wintereinbruch noch gesichtet werden (vor allem tagsüber), sind auf Hilfe angewiesen. Jungtiere brauchen mindestens 600, besser 700 Gramm Körpergewicht, um den langen Winterschlaf zu überstehen, ausgewachsene Tiere um die 900 Gramm. Jungtiere, die jetzt noch ein Gewicht unter 300 Gramm aufweisen, sollten nach innen ins Warme geholt werden.

Wie hilft man richtig?

Viel getan ist schon, wenn man Igeln im Garten Nist- und Unterschlupfmöglichkeiten lässt, zum Beispiel niedriges Buschwerk, Reisig- und Laubhaufen. Spezielle Igelhäuschen werden gerne als Winterquartier angenommen. Wichtig dabei: ein Labyrintheingang, der Katzen und andere Tiere abhält. Zufüttern kann man die Fleischfresser zum Beispiel mit hochwertigem Katzenfutter mit hohem Fleischanteil, gegartem Hackfleisch, gekochten Eiern oder ungewürztem Rührei. Wichtig ist abwechslungsreiches, fett- und eiweißreiches Futter. Dazu täglich frisches Wasser. Tabu sind Milchprodukte, Speisereste, rohe Eier, Obst, Gemüse und Nüsse. Ungeeignet ist ebenfalls laut Experten Igeltrockenfutter, das im Handel angeboten wird. Wer einen Igel drinnen aufpäppeln und überwintern will, sollte sich informieren und mit kranken, verletzten oder stark von Parasiten befallenen Tieren zum Tierarzt gehen.

Beratungsstellen in der Region:

Igelrettung Fürth, Telefon 0177/ 8974852; Igelberatung und Hilfe Oberasbach (nur Beratung), Telefon (09 11)996060, www.igelgug.de; Unter: www.igel-in-bayern.de können auch Igelsichtungen gemeldet werden. Viele Infos bietet auch der Naturschutzbund Deutschland e.V.: www.nabu.de (Suchbegriff: „Igelschutz“) sowie der Verein für integrierten Naturschutz Deutschland: www.pro-igel.de

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