Der Klang aus Glas

1.11.2015, 19:01 Uhr

Das von Benjamin Franklin (ja, der mit dem Blitzableiter!) mitentwickelte Instrument war der Shooting-Star des späten 18. Jahrunderts am Instrumentenhimmel. Doch so fasziniert man anfangs von diesem ätherischen Klangwunder war, so schnell verblasste auch sein Einsatz. Was blieb, war ein überraschend großer Fundus an Kompositionen für dieses Instrument – dessen Wiederhörbarmachung sich die Glasharmonika-Spezialistin zur Lebensaufgabe gemacht hat.

Bereits vor gut zehn Jahren war Jörg Widmann von dessen Klang so betört, dass er sich zum Orchesterstück „Armonica“ inspirieren ließ. Und schon bei der Erstaufführung war bereits Christa Schönfeldinger mit dabei: Zur Tongebung legt sie ihre mit Wasser benetzten Fingerkuppen auf das amphorenähnliche Gebilde, das in horizontaler Lage, von einem Fußpedal mechanisch angetrieben, um sich selbst rotiert.

Hier wird fein poliert

Doch hier wird nicht grob gedrechselt, sondern fein poliert. Widmann verlangt für seine 14-minütige Komposition ein orchestrales Aufgebot, welches sogar die spätere Beethoven-Symphonie in den Schatten stellt. Umso überraschender sind die schwebenden Linien und die fragile Konstruktion dieses Werkes.

Dass der Glasharmonika ein veritables Akkordeon als Antipode gegenübergestellt ist, verliert sich fast in dieser Anordnung. Und damit das Publikum sich in Reinkultur einen Eindruck von diesem Instrument machen kann, stellte Schönfeldinger genau jenes Mozart-Adagio für Solo-Glasharmonika vor, das Jörg Widmann einst so anrührte.

Mit Gastdirigent Rudolf Piehlmayer war ein Bruder im Geiste zu Widmann gefunden. Auch er begann als preisgekrönter Klarinettist seine junge Karriere, um sich im weiteren Verlauf immer mehr dem Dirigieren zuzuwenden. Die Nürnberger Symphoniker folgten ihm in Mozarts früher g-moll Symphonie Nr. 25 mit gutmütiger Frische. Das Werk des damals 17-jährigen ist so wundersam perfekt wie alles, was der Salzburger jemals zu Papier brachte.

Mitreißender geriet jedoch die 2. Symphonie von Beethoven, mit der dieser Abend endete. Wie hier Beethoven die begleitende Ornamentik zu einem strukturbildenden Element
seiner Komposition macht, war nur eine von vielen faszinierenden Gestaltungsmerkmalen, die die Nürnberger Symphoniker hier sehr schön ausbreiteten.

Manche Faszination verblasst eben schneller – und manche überdauert.

 

Keine Kommentare