Ein eigenes Kulturministerium ist überfällig!

16.3.2021, 10:03 Uhr
Die Kultur kommt in Berlin - hier die Kuppel des Reichstags - immer noch zu kurz.

© Marius Schwarz via www.imago-images.de, imago images/Marius Schwarz Die Kultur kommt in Berlin - hier die Kuppel des Reichstags - immer noch zu kurz.

Deutschland versteht sich als Kulturstaat. Umso erstaunlicher ist es, dass die Kultur in Berlin noch immer am Katzentisch sitzt. Ohne eigenes Ministerium, auch wenn Monika Grütters in der Öffentlichkeit vielleicht als Kulturministerin wahrgenommen wird. Ist sie aber nicht, weil es dieses Ministerium nicht gibt. Das sollte sich ändern. Nicht weil Grütters es will, sondern weil es überfällig ist.

Denn Kultur braucht – wie auch Corona offenbart – eine stärkere Stimme an den entscheidenden politischen Stellen. Ein eigenes Ministerium würde ihr mehr Relevanz und bundespolitisches Gewicht verschaffen. Inklusive Stimmrecht im Kabinett. Bislang ist die Kulturstaatsministerin wie auch ihre Vorgänger nur so etwas wie eine Art Beraterin im Kanzleramt. Die kann man bei wechselnden Machtverhältnissen geschmeidiger abschaffen als ein Ministerium.

Gut 20 Jahre, nachdem SPD-Kanzler Schröder den Posten des Staatsministers für Kultur und Medien eingeführt hat, ist es an der Zeit, ihn aufzuwerten. Sukzessive ist das schon passiert: Über 300 Mitarbeiter hat die Staatsministerin inzwischen. 2021 übersteigt der Kultur-Bundesetat erstmals zwei Milliarden Euro. Eine auch formale Aufwertung ist da nur konsequent.

Das wäre kein Frontalangriff auf die Länder. Im Gegenteil. Auch sie profitieren davon, wenn endlich die verwirrenden Strukturen bei der Kulturförderung entwirrt werden. Wenn klarer geregelt wird, wie Bund, Länder, Stiftungen und Kommunen auf dem Gebiet kooperieren. Wenn die deutsche Kulturpolitik auch international sichtbarer wird. Natürlich braucht es dazu per se keine bestimmte Organisationsstruktur, aber ein Ministerium ist wirkungsmächtiger als ein Berater-Stab.

Dazu kommt: Die Aufgaben werden mehr. Längst hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass Kultur in ihrer ganzen Breite, wie sie heute verstanden wird, unabdingbar ist für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Ohne kulturelle Bildung keine Integration. Und die Kulturwirtschaft ist längst kein marginaler Wirtschaftszweig mehr.

Kultur ist laut Verfassung Sache der Bundesländer. Aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass es da gewichtige Themen gibt, die bundes- und europaweit von Belang sind, sei es das Urheberrecht, der Kulturgutschutz, die Provenienzforschung, die Stiftungsreform oder neuerdings der Umgang mit kolonialem Sammlungsgut. Von Bundeszuschüssen profitieren viele Kulturprojekte in Kommunen. Mit einem gut ausgestatteten Ministerium könnten das noch mehr werden.

Jetzt, vor der Bundestagswahl, ist es Zeit, dieses Thema auf die Agenda zu setzen. Noch haben sich die Parteien zur selbstbewussten Forderung von Grütters (CDU) nicht wirklich lautstark positioniert. Grüne, Linke und FDP stehen einem Kulturministerium positiv gegenüber, Hamburgs Kultursenator Carsten Broda (SPD) hält es für überflüssig. Die Diskussion darüber sollte Fahrt aufnehmen im Kulturstaat Deutschland.

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