Filmfestival Türkei/Deutschland zieht positive Bilanz

25.3.2013, 13:58 Uhr

20 Prozent weniger Filme, aber nur zehn Prozent weniger Besucher als im Vorjahr. Das ist durchaus als Erfolg zu werten. Beim entschlackten Programm – diesmal waren 46 Spiel- und Kurzfilme zu sehen – soll es künftig bleiben. Finanzielle Not, die das Festival nach dem endgültigen Ausstieg der Robert-Bosch-Stiftung als Sponsor ab 2014 mehr denn je umtreibt, ist allerdings nicht der Grund. Das Überangebot in manchen Vorjahren habe auch für Kritik gesorgt, so Festivalleiter Adil Kaya.

An Glamour und spannenden Filmen wurde bei der 18. Ausgabe gleichwohl nicht gespart. Die Auszeichnung von Hannelore Elsner und Türkan Soray als Ehrenpreisträgerinnen sorgte nicht nur für eine glanzvolle Eröffnung, ihr gemeinsamer Auftritt auf der Bühne der Tafelhalle war zudem ein berührendes Statement für das Miteinander der Kulturen.

Die weiblichen Filmschaffenden standen auch bei der Preisverleihung im Zentrum. Der Öngören-Preis für Demokratie und Menschenrechte ging an „Waiting Area“ von Nora Tschirner und Natalie Beer. Mit ihrem Dokumentarfilm machen sie auf das Schicksal von Frauen in Äthiopien aufmerksam, die unter Geburtsfisteln leiden – eine Krankheit, die oft zu sozialer Stigmatisierung führt. Die Jury würdigte den Film besonders, weil er keine „Elendsreportage“ sei, sondern die „enorme positive Lebensenergie“ der betroffenen Frauen zeige. Nora Tschirner kam eigens zur Preisverleihung angereist, und so mancher im Publikum dürfte überrascht gewesen sein über das hoch engagierte Regie-Debüt der Schauspielerin, die man vor allem aus Kinokomödien kennt.

Gleich über zwei Auszeichnungen durfte sich Michaela Kezele freuen, die für „Die Brücke am Ibar“ den Publikumspreis und den Preis für den besten Spielfilm erhielt. Ihr Film handelt vom Kosovo-Krieg 1999, doch im Zentrum steht nicht das Kriegsgeschehen, sondern die Liebesgeschichte zwischen einem albanischen UCK-Kämpfer und einer serbischen Witwe mit zwei kleinen Söhnen. Auf sehr poetische, berührende Weise erzählt die Regisseurin, wie sich zwei Menschen, die zur Feindschaft gezwungen werden, gegen Hass und Gewalt wehren.

Streifen mit ernstem Hintergrund
 

Es sei inzwischen der vierte Publikumspreis, den sie erhalte, so Kezele, doch noch immer habe ihr Film keinen Verleih gefunden. Vielleicht ändert sich das nun. Das Festival, so Adil Kaya, habe schon manchen Filmen einen Anschub gegeben.

Als bester Schauspieler wurde der deutsche Film- und Fernsehstar Uwe Kockisch für seine Rolle als Vater in „Die Besucher“ von Constanze Knoche geehrt, als beste Schauspielerin Nilay Erdönmez. Sie spielt in Pelin Esmers Drama „Der Wachturm“ eine Frau, die Opfer männlicher Gewalt geworden ist und sich für das ungewollte Kind entscheidet.

Ernste Filme wie „Der Wachturm“ überwogen beim 18. Festival deutlich – vor allem auf Seiten der türkischen Regisseure. Während das deutsche Publikum die Filme mit großem Interesse verfolgte, waren die türkischen Zuschauer oft in der Minderzahl. „Sie kennen die Probleme und wollen sie nicht noch im Kino sehen“, sagt Kaya und übt auch Selbstkritik. „Filme, die einen ernsthaften Hintergrund haben, aber vor allem gut unterhalten, sind etwas zu kurz gekommen.“

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Großes Interesse

Dennoch können die Veranstalter ein positives Fazit ziehen: „Kultur kann Grenzen überwinden und Perspektiven verändern“, betonte Kulturrefentin Julia Lehner. Das Festival hat das auch diesmal eindrucksvoll belegt. Das Interesse an den Künstlergesprächen war durchgängig groß, auch die drei Gewinner der Kurzfilmpreise freuten sich riesig über die Auszeichnung und waren voll des Lobes über die familiäre, herzliche Atmosphäre. Mit der Fotoausstellung von Nuri Bilge Ceylan im Kunsthaus (noch bis 5. Mai) ist dem KunstKulturQuartier als Kooperationspartner zudem ein Ausstellungshighlight gelungen, das für begeisterte Kommentare im Gästebuch sorgt.

Auch wenn die Finanzierung ein Balanceakt bleibt – Oberbürgermeister Ulrich Maly und Bayerns Finanzminister Markus Söder haben ihre Unterstützung zugesagt. Die Zukunft des Festivals steht nicht auf der Kippe. Dafür ist das Renommee längst viel zu groß.