«Gib den Löffel ab - und sag, was Dich bewegt!«
6.10.2009, 00:00 UhrSeit 2004 wohnt die gelernte Holzbildhauerin nun schon in Nürnberg – und obwohl sie damals rein zufällig in Gostenhof gelandet ist, blieb sie diesem Viertel seither treu. Ihr gefällt die Authentizität, der bunte Menschen-Mix und das Gefühl, hier noch selbst ein wenig beim Aufbau mithelfen zu können: «Als wenn man in einer alten Villa lebt und den Drang verspürt, sie schön herzurichten«, beschreibt sie ihr Verhältnis zu Gostenhof.
Zur Lieblingsarbeit der freischaffenden Künstlerin gehört momentan eine Kopf-Serie, die sich mit dem Innenleben verschiedener Typen beschäftigt. Einer der Schädel trägt beispielsweise den Titel «Gedankenpolizei«. Anstelle von Haaren wachsen dieser Bronze-Plastik unzählige kleine Soldatenfiguren aus der Schädeldecke, was ihr ein medusenhaftes Aussehen verleiht. Laut Wurthmann soll das Spielzeug-Heer die verschiedenen inneren Stimmen verkörpern, die einem während eines Entscheidungsprozesses durch den Kopf marschieren.
Zum Mitmachen animieren
Ganz ähnlich funktioniert ein anderes Exemplar aus Bronze, nur trägt dieses Ventile auf dem Haupt: Auf diese Weise wird der Außenwelt offenbart, dass die Figur unter großem seelischen Druck steht. Weitere Objekte der Serie sind ein Gipskopf, der mit einer Art Haube aus aufgetürmten Brüsten auf die Entstehung von Reizen im Gehirn verweist und ein Betonkopf, dessen Augenhöhlen mit tausend winzigen Glasaugen bedeckt sind. «Ich finde es sehr interessant, was in den Köpfen der Menschen so passiert«, erklärt Wurthmann, «vielleicht wäre ich in einem anderen Leben Neurologin geworden.«
Dieses Faible spürt man auch bei ihrem neuesten Projekt, das während der Gostenhofer Ateliertage vom 16. Oktober bis zum 1. November zu sehen sein wird. Unter dem Motto «Gib den Löffel ab - und sag was dich bewegt!« möchte die Künstlerin die Menschen der Umgebung dazu animieren, ihre Gedanken nach außen zu tragen, indem sie diese auf einen Zettel schreiben und an einen Löffel binden. Als Plattform dient das Schaufenster der Agentur «Kunstdünger« in der Rothenburger Straße 51a: Hier sollen sich die präparierten Löffel im Laufe der Zeit ansammeln, bis sie schließlich die Auslage füllen.
Schrift an der Wand
Ausgewählte Texte werden in eine LED-Laufschrift übertragen und können dort von den Passanten gelesen werden. Wem die Sache mit den Löffeln zu kompliziert ist, der kann auch eine am Schaufenster angebrachte PC-Tastatur benutzen - die hier eingetippten Worte werden direkt auf die Rückwand des Ausstellungsraums projiziert.
Gerade in einem Stadtteil wie Gostenhof, wo der Anteil an gescheiterten Existenzen vergleichsweise hoch ist, braucht es Wurthmann zufolge einen regen Austausch, damit die Leute erkennen, dass sie gar nicht so alleine mit ihren Problemen sind, wie sie glauben. «Es ist einfach schade, dass die Leute immer so aneinander vorbeischleichen«, begründet sie ihre Idee und fügt mit einem ironischen Lächeln hinzu: «Vielleicht wäre ich auch eine gute Sozialpädagogin geworden…«.
Da das Löffel-Projekt im Vorfeld auf Unterstützung angewiesen ist, sind Sponsoren jeder Art willkommen. Weiterführende Informationen gibt es unter www.atelier-hirnholz.de