Literatur

"In jedem steckt ein Amerikaner, der raus will!": Michael Basse kommt nach Nürnberg

19.7.2022, 05:59 Uhr
Autor Michael Basse.

© Katja Riefler Autor Michael Basse.

Angesiedelt zwischen 1972 und der Jahrtausendwende, erzählt der Münchner Autor Michael Basse aus wechselnden Perspektiven von Mani und Jack, zwei ungleichen Jugendfreunden. Mani ist aus dem Milieu eines protestantischen Pfarrhauses und der Klosterschule geflohen und hat bei dem hoch dekorierten, ehemaligen Lieutenant Colonel Hartman ("Hard Man") Unterschlupf gefunden.

Der verwitwete Kriegsheld lebt zusammen mit seinem Sohn Jack in der schwäbischen Provinz – der Heimat seiner verstorbenen deutschen Frau – und ist davon überzeugt, dass "noch immer in jedem ein Amerikaner steckt, der raus will, er weiß es nur noch nicht". Die beiden Jungs werden Blutsbrüder und wetteifern um die Gunst des Colonels.

Coming-of-Age-Geschichte

Michael Basse: Yank Zone, Kröner Verlag 2022, 319 Seiten, 25 Euro.

Michael Basse: Yank Zone, Kröner Verlag 2022, 319 Seiten, 25 Euro. © Kröner Verlag

In "hard man's guesthouse” lernt Mani Poker, sieht John-Wayne-Filme und trinkt Whiskey. Basse entwickelt eine wunderbare Coming-of-Age-Geschichte, die im idyllischen Maulbronn und der schwäbischen Provinz spielt. Einfühlsam werden Manis erotische Begegnungen beschriebenen. Doch das Buch ist mehr als ein Männerroman.

Generationenkonflikte bahnen sich an, Jack leidet darunter, den väterlichen Ansprüchen nicht zu genügen. Er verliebt sich zum Entsetzen des Vaters in Lydia, die aus Bulgarien stammt. Der Klassenfeind im eigenen Haus. Und auch Mani emanzipiert sich vom Colonel und dessen Sendungsbewusstsein, brüskiert den US-Veteran mit seiner Kriegsdienstverweigerung und hinterfragt dessen Vietnamerfahrungen kritisch.

Mehr Freiheiten und weniger Ausgrenzung

Michael Basse versteht es in seinen Rückblicken geschickt, auch soziologische Erkenntnisse über "Amiflittchen", "Niggerbräute" und "Camp-Follower” in die Handlung einzubinden. En passant erläutert er immer wieder die Zeitgeschichte, so dass Deutschland der beliebteste Stationierungsstandort der schwarzen GIs war, da sie mehr Freiheiten genossen und weniger Ausgrenzung erfuhren als in Amerika. Mit Maggie gelingt es Basse auch eine starke Frauenfigur zu zeichnen, durch die das Buch an Tiefgang gewinnt.

"Yank Zone" ist ein eindrucksvolles Porträt einer westdeutschen Epoche, die von der amerikanischen Lebensweise stark geprägt wurde. Kulturgeschichte verpackt in Literatur. Klare Leseempfehlung.

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