Völlig daneben

Jan Böhmermann zu "Sexist Man Alive" 2023 ernannt: Emma blamiert sich auf ganzer Linie

Anton Dietzfelbinger

E-Mail zur Autorenseite

25.10.2023, 17:23 Uhr
Jan Böhmermann wurde vom "Emma"-Magazin zum "Sexist Man Alive" ernannt. 

© dpa/Rolf Vennenbernd Jan Böhmermann wurde vom "Emma"-Magazin zum "Sexist Man Alive" ernannt. 

Sogar Emma-Fans haben offenbar zuerst "Sexiest Man Alive" gelesen - das zeigt auch die Kommentarspalte unter dem X-Beitrag (ehemals Twitter) der Zeitschrift. Um dieses Missverständnis direkt aus dem Weg zu räumen, ist im ersten Satz des Artikels schon darauf verwiesen, dass die Wahl nicht mit der Kür des "People Magazine" zu verwechseln sei. Emma geht es um den sexistischsten Mann des Jahres.

Emma ist ganz offensichtlich beleidigt

Die Wahl der Emma zeigt vor allem eines: Da scheint wohl jemand beleidigt zu sein. Im Dezember 2022 nannte Böhmermann in seiner Sendung "ZDF Magazin Royale" die Mitbegründerin der Emma, Alice Schwarzer, TERF. Also "Trans-exkludierende radikale Feministin". Und das mit Recht. Denn Schwarzer spricht Menschen mit trans- und nicht heteronormativen Geschlechtsidentitäten offen die Existenz ab - und sieht in ihnen eine Modeerscheinung. Dabei ist längst auch wissenschaftlich bewiesen, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt.

Der Zwist kommt also nicht von ungefähr. Vermutlich immer, wenn Böhmermann auf Missstände in der Gesellschaft hinweist, schütteln sie in der Emma-Redaktion die Köpfe. Die Anschuldigung von gerade dieser Zeitschrift, dass Böhmermann der größte lebende Sexist sei, ist aber ungefähr so fragwürdig wie der Schlichtversuch von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht im Krieg gegen die Ukraine.

Die sich als die feministische Zeitschrift präsentierende Emma scheint, so wirkt es in ihrem Artikel über Böhmermann, Sexismus und rechten Verschwörungsmythen näherzustehen als den Rechten von Frauen. Jan Böhmermann ist zwar ein weißer, mittelalter Mann, dennoch macht er die wohl progressivste, inklusivste Sendung, die das Mainstream-Fernsehen zu bieten hat.

Progressiv und inklusiv ist die Emma nicht mehr, sondern liefert denen die Argumente, die Minderheiten diskriminieren.

"Dieses Arschloch ohne Herz ist kein Aufklärer, sondern ein Demagoge", schreibt die Emma. Demagogisch, also hetzerisch verhält sich die Zeitschrift hier selbst. Dem anachronistischen Blatt ist ein Paradebeispiel für Populismus gelungen. Erneut befeuert es die reaktionären Positionen derer, die sich wünschen, dass alles so bleibt, wie es nie war.

Anstelle von Böhmermann hätten sich so viele Bewerber für den Titel "Sexist Man Alive 2023" geeignet - von Erdogan über Lindemann und Rubiales bis hin zu AfD-Männern beliebiger Wahl.

Die Emma sollte lieber inkludieren statt zu exkludieren. Sprich: Menschen jeglicher Genderidentität oder Sexualität wertschätzen und anerkennen. Denn das möchte progressiver Feminismus, der nicht in den 80er Jahren verstaubt ist - und den Jan Böhmermann öffentlich unterstützt.

Verwandte Themen