Joana Mallwitz: Nürnbergs neue Generalmusikdirektorin

18.5.2018, 15:39 Uhr
Joana Mallwitz möchte, dass die Philharmonie für Klassik-Neulinge genauso interessant wird wie für routinierte Konzertgänger. Das gilt auch für die Programme in der Meistersingerhalle und im Rathaus.

© Jutta Missbach Joana Mallwitz möchte, dass die Philharmonie für Klassik-Neulinge genauso interessant wird wie für routinierte Konzertgänger. Das gilt auch für die Programme in der Meistersingerhalle und im Rathaus.

Frau Mallwitz, man kann es drehen und wenden wie man will, meistens dreht sich die erste Frage an Sie um die Tatsache, dass sie eine Frau sind...

Joana Mallwitz:(lacht) Darin habe ich in der Tat eine gewisse Routine. Wobei ich die Tatsache, dass ich eine Frau bin, gar nicht so hochhängen möchte. Mir geht es immer um die künstlerische Qualität und die ist eindeutig geschlechtsunabhängig. Es mag weiblichere Akzente und Verhaltensmuster geben, aber ich sehe mich nicht so sehr als feministische Speerspitze.

Die Sache mit dem Geschlecht ist geklärt. Wie verhält es sich mit dem Thema "Jugend und Autorität"?

Mallwitz: Da hat sich Gott sei Dank einiges in den Orchestern getan. Die sind doch viel aufgeschlossener und neugieriger geworden. Diktatoren am Pult sind ja längst passé — von zwei, drei Ausnahmen abgesehen. Und die Staatsphilharmonie hat ja mit Manuel Kastl und Stanko Madic zwei junge Konzertmeister. Es ist doch wie überall im Leben: Die Mischung macht's. Erfahrung und Erneuerung sind wie kommunizierende Röhren. Keiner kann ohne den andern.

Joana Mallwitz: Nürnbergs neue Generalmusikdirektorin

© Foto: Roland Fengler

Hatten Sie vor Ihrer Berufung eine Vorstellung von der Musikstadt Nürnberg?

Mallwitz: Ehrlich gestanden keine besonders intensive. Natürlich wusste ich, dass hier Christian Thielemann seine erste Station hatte. Und da ich gerade die "Lustige Witwe" in Frankfurt mache, erfuhr ich von meiner dortigen Hanna Glawari, also von Marlis Petersen, dass Nürnberg auch für sie ihre Anfängerbühne war. Also bin ich gespannt, was mich erwartet.

Offenbar haben Sie sich von Ihrem neuen Wirkungsort aber schon inspieren lassen. Sie planen ein "Festwiesenkonzert" zum Abschluss der Philharmonischen Saison.

Mallwitz: Das ist natürlich eine Anspielung auf die "Meistersinger von Nürnberg". Und wir werden das auch in ähnlichen Dimensionen bestreiten: Mit den drei großen Konzertchören in der Stadt, dem Lehrergesangverein, dem Hans-Sachs- und dem Philharmonischen Chor, dazu unserem Opern- und dem Extrachor und auch dem Tölzer Knabenchor wollen wir Benjamin Brittens "War Requiem" aufführen. Das wird eine Kooperation mit der Internationalen Orgelwoche, mit der wir gerne weiter zusammenarbeiten wollen. Bei dieser Gelegenheit wird auch eine Auftragskomposition von Konstantia Gourzi zum ersten Mal erklingen. Das soll auch eine Konstante in unserer Arbeit werden: Neue Werke anzuregen und aufzuführen.

Unter Marcus Bosch ist die Staatsphilharmonie an viele verschiedene Spielorte gegangen, die keinen unmittelbaren Bezug zum Theater hatten. Sie scheinen ein anderes Konzept verwirklichen zu wollen.

Mallwitz: In der Tat: Wir möchten ein breiteres Publikum an unsere Spielorte gewöhnen. Deshalb mache ich die Reihe der "Expeditionskonzerte" im Opernhaus, bei denen ich moderieren und vom Klavier aus manches erklären werde. Da soll Lustiges, Überraschendes und auch Unbekanntes genauso seinen Platz finden. Wir möchten für Klassik-Neulinge genauso interessant sein wie für routinierte Konzertgänger. Das gilt auch für unsere Programme in der Meistersingerhalle und im Rathaus.

Wie sieht es mit Veränderungen im weiteren Dirigententeam aus?

Mallwitz: Mein persönlicher Assistent und Stellvertreter wird Lutz de Veer, ein Schüler von Klauspeter Seibel, dem ehemaligen Chefdirigenten der Nürnberger Symphoniker. Guido Johannes Rumstadt, Andreas Paetzoldt und Volker Hiemeyer bleiben dem Haus erhalten.

Vor einem halben Jahr hat man Sie erst berufen. Das neue Programm bedeutete also eine ziemlich sportive Angelegenheit für Sie...

Mallwitz: Das kann man wohl sagen. Aber das Schöne ist, dass sich in einem Musikerleben viele Freundschaften entwickeln, auf die man dann in einem solchen Fall zählen kann.

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