Umstrittene Auftritte in Salzburg

Muss man sich als Künstler von Putin distanzieren? Litauer Starsopranistin spricht Klartext

Thomas Heinold

Kultur/ Leben

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12.8.2022, 13:35 Uhr
Muss man sich als Künstler von Putin distanzieren? Litauer Starsopranistin spricht Klartext

© IMAGO/Anita Bugge, IMAGO/Future Image

Bislang hat sich die litauische Opernsängerin Asmik Grigorian nicht öffentlich zu Putins Angriffskrieg in der Ukraine geäußert. In der aktuellen Ausgabe des Stern nennt die 41-Jährige den Grund dafür. "Ich glaube, dass Künstler grundsätzlich frei sein sollten, dazu gehört die Freiheit, sich zu äußern, sowie die Freiheit zu schweigen. Ich habe selbst Verwandte in Russland und weiß, wie schwer es ist."

Muss man sich als Künstler von Putin distanzieren? Litauer Starsopranistin spricht Klartext

© Ruth Walz/ Salzburger Festspiele

Bei den diesjährigen Salzburger Festspielen treten einige russische Künstlerinnen und Künstler auf, die sich nicht von Putin distanzieren wollen. Vor allem geht es um Teodor Currentzis und sein Ensemble MusicAeterna, das von einer regimenahen russischen Bank gesponsert wird, die auf der Sanktionsliste der EU steht.

Die Salzburger Festspiele aber hielten an den geplanten Auftritten fest, unter anderem dem Opernprojekt "Herzog Blaubarts Burg / De temporum fine comoedia" und einem Konzert mit Schostakowitschs 13. Sinfonie.

Das ist insofern pikant, als das Werk den jüdischen Opfern von Babyn Jar gewidmet ist. In dem ukrainischen Ort in der Nähe von Kiew hatte die SS 1941 über 33.000 ukrainische Jüdinnen und Juden ermordet. Das Denkmal, das an diesen Massenmord erinnert, wurde am 1. März 2022 beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine durch russischen Raketenbeschuss beschädigt.

Die Sopranistin Grigorian ist auch im aktuellen Jahr wieder der große Star in Salzburg. Sie singt dort alle drei Hauptpartien von Puccinis Opern-Triptychon "Il trittico", was ungewöhnlich ist und eine enorme Herausforderung darstellt. Trotz ihrer großen Beliebtheit in der Opernszene bedient Grigorian nur ungern die gängigen Diven-Klischees.

"Erfolg gibt Freiheiten"

Dabei weiß sie durchaus, wie ein solcher Ruf zustande kommen kann. "Der Erfolg gibt einem Freiheiten, die auch ich in Anspruch nehme. Etwa wenn es darum geht, Angebote abzulehnen oder aus Produktionen, in denen man sich nicht wohlfühlt, auszusteigen." Hinzu komme, dass sich das elitär gestimmte Stammpublikum eines Opernfestivals häufig nach einer Art königlicher Erscheinung sehne. "Aber das ist Bullshit", sagt die Litauerin.

Asmik Grigorian denkt auch darüber nach, kürzer zu treten. Ihre sechsjährige Tochter kommt bald in die Schule. Die Corona-Zeit habe sie gelehrt, "dass das Leben auch ohne die große Performance weitergeht". Wenn es der Stundenplan der Tochter erfordert, will sie nicht mehr jedes Opernangebot annehmen und sich stattdessen mehr auf Konzerte verlegen.

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