Nostalgie auf AEG

8.9.2010, 00:00 Uhr
Nostalgie auf AEG

Für herausragende Akzente, die er im Kulturleben Nürnbergs setzt, bekam der Verein Zentrifuge in diesem Jahr einen Kulturpreis der Stadt. Mit der aktuellen Ausstellung bestätigt die Einrichtung diese Auszeichnung aufs schönste. Mit einer faszinierenden Mischung aus Kunstinstallation und Dokumentation, Nostalgie und Ästhetik, Sentimentalität und Sammelleidenschaft widmet sich Susanne Neumann aus Waldsassen darin einem Thema, das ihr ganz nahe liegt: Dem Niedergang der Porzellanindustrie in ihrem Heimatort.

Nostalgie auf AEG

© Karlheinz Daut

Anfang der 90er Jahre machte in Waldsassen die Porzellanfabrik Bareuther/Gareis dicht. Neumanns Vater hatte dort gearbeitet, ihr Bruder, der Onkel. „Das war der größte Arbeitgeber am Ort. Man hat hier vor allem Porzellan für die Hotellerie hergestellt“, erinnert sich die 35-Jährige.

Nostalgie auf AEG

Die Mitarbeiter wurden arbeitslos, die Fabrikgebäude von heute auf morgen zugesperrt. Mehr als ein Jahrzehnt später lag dort noch alles so, wie es zum Zeitpunkt der Schließung verlassen worden war. Nur eine dicke Staubschicht hatte sich auf die Kannen und Teller, die Dienstpläne und Gussformen gelegt. Neumann verhandelte mit der Stadt und bekam die Erlaubnis, sich herauszuholen, was sie wollte. Sie „rettete“ Möbel und Lampen, Notizheftchen der Ar-

beiter und Produktionsbilanzen, Verpackungsmaterial und natürlich

auch Porzellanteile. Und sie fotografierte die Farbrik so, wie sie sie vorfand.

Für die erste öffentliche Präsentation ihrer Schätze hätte die Künstlerin keinen besseren Ort finden können als die alte AEG-Halle. Schließlich ist auch sie ein Relikt des industriellen Niedergangs. Aus ihren Fundstücken, die mit einem Sechs-Tonner angeliefert wurden, hat Neumann eine wunderbare Ausstellung entwickelt. Behutsam inszeniert sie die Erinnerung an eine bessere Vergangenheit, lässt die Objekte unter ihrer Patina für sich selbst sprechen, präsentiert sie mal geheimnisvoll beleuchtet, mal wie ein Grabungsfeld für Archäologen. Da findet man Wandteller mit Jagdmotiven, zarte Tassen und Aschenbecher in allen Varianten und Produktionsstadien und auch eine Armada von blau-weißen Weihnachtstellern. Inzwischen sind die Fabrikgebäude übrigens abgerissen. „Dort sind jetzt Wiesen und ein Supermarkt“, sagt die Waldsassenerin.