Steven Wilson in Erlangen: Der Edgar Allan Poe des Kunstrock

4.11.2013, 21:53 Uhr

Es gibt nicht wenige Menschen, die behaupten, ein guter Rocksong darf nicht länger als dreieinhalb Minuten dauern. Beim Besuch eines Konzerts von Steven Wilson dürften diese aber schnell ins Zweifeln geraten. Denn in der gut besuchten Erlanger Ladeshalle demonstriert der britische Experte für Progressive Rock, dass musikalische Geschichten gerne mal eine Viertelstunde dauern dürfen.

Steven Wilson, der in der Vergangenheit mit seiner Band „Porcupine Tree“ und etlichen anderen Projekten bei den Liebhabern verschachtelter Musik-Stücke für Aufsehen sorgte, hat sich zu einer Art Edgar Allan Poe der Rockmusik gemausert. Erzählt werden mysteriöse Geschichten in einer musikalischen Sprache, die keine Grenzen kennt. Da wummern historische Keyboard- und Effekt-Geräte, schimmern liebreizende Querflöten und Saxofon-Klänge auf.

In der Mitte dieses Spektakels gibt das von seinen Fans frenetisch gefeierte Geburtstagskind Wilson (wird in dieser Nacht 46) einen dezenten, aber stets bestimmten Konzert-Meister, der mit kleinen Handbewegungen seine fantastische Band steuert.

Barfuß und mit der Aura eines Nerds präsentiert das Multitalent dabei eine kleine Rock-Oper nach der anderen. Verblüffend, wie jedes Mal die verschiedenen Genres aufeinander treffen, ohne sich gegenseitig auszubooten. Da gibt es schon mal Elektro-Beats zur Untermalung, die anschließend von klassischem Rock abgelöst werden, bevor eine ruhige, jazzige Phase urplötzlich in ein Metal-Gitarren-Gewitter übergeht.

Begleitet wird die Musik von kunstvollen Videos. Einen Teil der Show verbringt die Band hinter einer transparenten Leinwand, um mit den Clips zu verschmelzen. Knapp zweieinhalb Stunden dauert dieses erstaunliche Konzert. Zum Finale noch eine kürzere Nummer, die tatsächlich zum Mitsummen taugt. Dennoch muss man kaum Angst haben, dass Wilson künftig Songs im Radio-Format plant.

Aktuelle CD: Steven Wilson „The Raven that refused to sing“ (K Scope/Edel).

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