Ursula Kreutz legt Spuren in die Vergangenheit

25.8.2009, 00:00 Uhr
Ursula Kreutz legt Spuren in die Vergangenheit

© André De Geare

Ein Teil des Preisgelds (3.000 Euro) ist bereits gut angelegt: Stolz präsentiert Ursula Kreutz in ihrem aufgeräumten, luftig hellen Wohnatelier in der Fürther Friedrichstraße ihre nagelneue Nähmaschine. Ein unerlässliches Arbeitsgerät für die Textilkünstlerin, obwohl man mit dieser Bezeichnung bei Kreutz viel zu kurz greift.

Das eigentliche Medium ist die Fotografie

Denn das eigentliche Medium der gebürtigen Rheinländerin, die erst in München und dann bei Hanns Herpich in Nürnberg studierte, ist die Fotografie. Wobei es ihr nicht um künstlerische Fotografie geht, sondern um das Foto als Erinnerungsträger, als «Spur in die Vergangenheit» und zu einer inneren Wirklichkeit. Um auf diese Spur zu führen, kommt der Stoff ins Spiel. Indem Kreutz über das Foto auf der Rückwand ihrer «Bildkästen» transparente Gewebe spannt, auf denen das Motiv als Dopplung abgedruckt ist, erzielt sie einen Unschärfeeffekt, der das Bild leicht entrückt und flüchtig erscheinen lässt. Zudem entsteht eine räumliche, holografische Anmutung: Das Motiv verändert sich mit der Bewegung des Betrachters und ist nie eindeutig zu fixieren.

«Ein Bild muss für mich wie ein Buch sein, das man aufklappen und sich entfalten lassen kann», sagt die 39-Jährige, der der Kunstsinn in die Wiege gelegt wurde. Ihr Urgroßvater war Anton Räderscheidt, ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit, zwei Tanten waren Künstlerinnen, die Mutter Kunstlehrerin. Und ihr Vater, ein Oberinspektor bei der Post, sei «sehr spirituell orientiert». «All das hat mich natürlich geprägt», ist sich Kreutz bewusst.

Spiritualität, geistige Beweglichkeit und permanente Weiterentwicklung

In ihrer Installation «Selbstabwicklung», 2008 bei der «Kreis»-Ausstellung im N-Ergie-Gebäude präsentiert, zeigte sie sich selbst als Pilgerin. In Lebensgröße sah man dort ihre weiß gewandete Gestalt mit dem Stab in der Hand auf einer großen Doppelspirale aus transparenten Textilbahnen abgedruckt. Der Betrachter konnte ihr im doppelten Wortsinn «auf dem Weg nach innen» folgen. Eine noch beeindruckendere Arbeit schuf sie 2007 zur Passionszeit in der Egidienkirche, die sie in einen magentafarbenen Meditationsraum verwandelte, unter dessen Decke riesige, körperlose Augenpaare schwebten.

Spiritualität, geistige Beweglichkeit und permanente Weiterentwicklung sind ihr wichtig. «Es gibt keine feste Erkenntnis», betont Kreutz. «Das gilt auch für meine Kunst. Die hat immer etwas Experimentelles.» Und ist bei Ausstellungsmachern inzwischen so gefragt, dass Kreutz selber findet, sie müsse mal etwas pausieren, «um zur Ruhe zu kommen und nachzudenken».

Diverse Brotberufe lassen kaum Zeit zur kreativen Pause

Dazu lassen ihr auch die diversen Brotberufe, mit denen sie ihren Lebensunterhalt finanziert, nicht immer Zeit. Aus ihrer Arbeit mit Kindern in der Kunstgalerie Fürth entstand am Ende sogar ein eigenes Kunstwerk – der «bunte Raum». Was man da wie ein flirrendes Chaos aus Farben und Formen wahrnimmt, ist das Foto, mit dem sie die Arbeit der Kinder dokumentierte.

Die NN-Kunstpreis-Schau (Kunsthaus, Königstr. 93) ist noch bis Sonntag zu sehen. Die Ausstellung ist täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Ab dem 20. September zeigt Ursula Kreutz im Bernsteinzimmer ihre Installation «fiat lux».

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