Wenn Musiker auf die Pauke hauen

7.3.2009, 00:00 Uhr
Wenn Musiker auf die Pauke hauen

© Staatstheater/Olah

Bei der Premiere von Giorgio Battistellis «Prova d’orchestra« begeben sich allerdings die Musikerkollegen der Symphoniker in den Graben, während auf der Bühne der Chor und zahlreiche Sängersolisten des Staatstheaters den Aufstand gegen ihre kreativitätshemmenden Arbeitsbedingungen und einen tyrannischen Dirigenten proben.

Der 55-jährige Italiener Battistelli hat sich für seine 1995 uraufgeführte, knapp eineinhalbstündige Oper «Prova d‘orchestra« von Federico Fellinis gleichnamigen Fernsehfilm aus dem Jahr 1978 inspirieren lassen. Hier wie dort versetzt die Anwesenheit eines Kamerateams während einer Probe die Orchestermusiker in Aufruhr: Feindseligkeiten kochen hoch, lange angestauter Frust entlädt sich in einer Revolte gegen den Dirigenten, die Selbstbestimmung mündet im Chaos; nach einem tödlichen Zwischenfall nutzt der abservierte Stabführer die Gunst der Stunde und greift wieder nach der Macht.

Regisseur Immo Karaman hat das Stück im Jahr 2007 bereits für das Stadttheater Bern inszeniert, nun frischt er die Produktion für die Nürnberger Bühne auf. Das sei nicht nur ein absurder und grotesker Stoff, lobt er «Prova d’orchestra«, sondern eine Studie, wie Kollektive funktionieren und wie Individuen auf den Druck des Gruppenzwanges reagieren.

Menschen, die am Theater arbeiten, lade die Oper geradzu zur künstlerischen Selbstreflexion ein, sagt Karaman – mit leider ernüchterndem Ergebnis: «Das Tragische an diesem Stück ist, dass tatsächlich keine Kunst mehr ausgeübt und die Musik ohne Leidenschaft gemacht wird.«

Battistelli gehört zu den wenigen modernen Opernkomponisten, deren Werke regelmäßig aufgeführt werden. Die Musik von «Prova...« sei sehr anschaulich, die Emotionen der Bühnenfiguren würden plastisch geschildert, lobt Karaman. Darüber hinaus mische Battistelli zum Beispiel lateinamerikanische Klänge, Pop, Marsch- und Volksmusik sehr originell und gehe auf ironische Distanz zur zeitgenössischen Musik: «Die Dissonanzen symbolisieren die Streitereien im Orchester, doch insgeheim sehnen sich selbst diese Leute nach einem harmonischen Dreiklang.«

Für die mit 55 Musikern spielenden Symphoniker – Stefan Hippe, der Mann mit dem Akkordeon, agiert als Nummer 56 auf der Bühne – musste Battistellis Partitur gestraft werden. So gebe es statt sechs nur noch vier Schlagzeuger, erläutert Dramaturgin Judith Debbeler. «Aber«, verspricht sie, «der Klang ist immer noch sehr kräftig und druckvoll.«

Besonders gefordert bei dieser Oper ist der Chor. Ursprünglich hat Battistelli das Werk ausschließlich fürs Gesangskollektiv komponiert, in der Praxis der bislang sieben Inszenierungen hat es sich aber bewährt, einige Orchestermusiker-Rollen mit Solisten zu besetzen. In Karamans Inszenierung zücken diese keine Instrumente, sondern tragen – als symbolbeladene Charakterisierung – nur die dazugehörigen Koffer herum. Auch das Fernsehteam hat Karaman abgeschafft, dafür haben die Ausstatter Okarina Peter und Timo Dentler eine Bühne aus Pappkarton gebaut, die so wirkt, als habe sich ein Kind «einen Fernseher gebastelt«, sagt Okarina Peter.

Und darin geht es zum Teil wüst zu, weil Karaman bei den Nürnberger Proben noch Fortschritte gegenüber Bern ausgemacht hat: «Wir haben es hier geschafft, das Chaos besser zu organisieren und voranzutreiben.« Bei anderen Opern würde man über solch einen Satz die Stirn runzeln, aber bei «Prova d’orchestra« gehört das Chaos zum Vergnügen und zum guten – schrägen – Ton einfach mit dazu.

Premiere am Samstag, 14. März, 19.30 Uhr, Opernhaus. Am Montag, 9. März, 18 Uhr, informiert im Gluck-Saal das Produktionsteam über die Oper. Danach gibt es eine öffentliche Probe.

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