Woyzeck tanzt: Bayerische Theatertage in Erlangen

19.3.2014, 18:16 Uhr
Woyzeck tanzt: Bayerische Theatertage in Erlangen

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Die Geschichte der Bayerischen Theatertage umfasst inzwischen 32 Jahre. Als sich 1983 in Nürnberg erstmals eine Handvoll Bühnen einfand, wusste man nicht so ganz, was das sollte. Die Theaterfans konnten sich satt futtern. Doch auch das waren überschaubar viele. Die qualitative Fallhöhe zwischen den reichen Stadt- und Staatstheatern und den armen Landesbühne war immens. Eine richtige „Leistungsschau“ war das nicht. Es gab auch noch keinen Wettbewerb, der sich in Preisen niederschlug.

2013, wieder in Nürnberg, war vieles anders. Die Vorstellungen waren gut besucht. Die meisten Aufführungen waren interessant. Und Preise gab es auch – vorläufig ein letztes Mal. Denn es waren so viele Produktionen zu begutachten, dass die Juroren unmöglich alle sehen konnten. Darüber haben sie sich zu Recht beschwert. In Erlangen verzichtet man auf Fachjury und Auszeichnungen. Die von der LfA Förderbank Bayern ausgelobte Preisdotierung geht nicht verloren, sondern fließt in das Gesamtprojekt. Nur das Publikum darf je einen Preis für Kinder- und Erwachsenenstücke vergeben. Und das ist gut so.

Ob man deswegen gleich von „Neuaufstellung“ sprechen kann, wie Erlangens Kulturreferent Dieter Rossmeissl es gestern tat, als er zusammen mit Katja Ott, der Intendantin des Theaters Erlangen, der Organisatorin Judith Zeitner, dem Sprecher der Bayerischen Intendantengruppe Hermann Schneider und Manfred Schmidt vom Landesverband Bayern im Deutschen Bühnenverein das Programm der 32. Theatertage vorstellte, muss offen bleiben. Erlangen will sein Festival — das dritte nach 1994 und 2002 — jedenfalls ganz besonders gastfreundlich gestalten. Deswegen wird es am 24. Mai in der Altstadtmarkt-Passage einen Abend unter dem Motto „Verführung Gastfreundschaft“ geben, theatralisch und kulinarisch, wie versprochen wurde.

Mitten in der Stadt

Anders als letztes Mal in Nürnberg wollen Katja Ott und Judith Zeitner die Theatertage überhaupt mitten in der Stadt platzieren. Deswegen wird neben der Aufführungsorten Markgrafentheater, Redoutensaal und Garage auf dem Schlossplatz ein Spiegelzelt aufgeschlagen. Dort soll das Rahmenprogramm stattfinden: Band-Auftritte, Diskussionen (u. a. über das vertrackte Beziehungsdrama zwischen Theatern, Kritikern und Publikum am 25. Mai, Feiern und eine „Slamrevue“). Theater als öffentliche Angelegenheit – wenigstens der Versuch dazu wird unternommen.

Sonst schaut man ja bei den Bayerischen Theatertagen stets aufmerksam darauf, wie denn die großen Bühnen der Landeshauptstadt mitspielen. Immerhin ist die Bayerische Staatsoper dabei und präsentiert am 18. Mai Bohuslav Martinus Vertonung von Goldonis Komödie „Mirandolina“. Das Residenztheater zeigt das Theaterprojekt „Urteile“, das sich mit den Morden des NSU beschäftigt. Die Kammerspiele gastieren mit „Laboratorium 1 – Die graue Stunde“ von der ungarischen Autorin Agota Kristof (23. Mai). Und das Volkstheater spielt zum Abschluss am 31. Mai Henrik Ibsens Drama „Gespenster“. Dazu kommen noch ein paar kleinere Münchner Bühnen. Die Provinz hat also keinen Grund, sich vernachlässigt zu fühlen.

Aber es gibt ja noch ein zweites Bayerisches Staatstheater, das in Nürnberg. Und das schickt seine angestrengte und umstrittene Inszenierung von Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ in die Nachbarstadt (26. Mai). Dazu kommen Produktionen der Nürnberger Kindertheater und des Gostner Hoftheaters. Und das Stadttheater Fürth präsentiert am 27. Mai seine Inszenierung „Die Lästigen“. Der Großraum im friedlichen Wettstreit – auch wenn es keine Preise mehr gibt.

Was einen sonst neugierig macht? Ein „Woyzeck“ mit Ballett aus Coburg. Steinbecks „Jenseits von Eden“ als Jugendstück. Georg Ringsgwandls Stubenoper „Der varreckte Hof“ vom Theater an der Rott. „Operation Big Week“, eine dokumentarische Aufbereitung der Bombardierung Augsburgs vom dortigen Theater. Und die Ausgrabung eines kaum gespielten Textes, den Rainer Werner Fassbinder 1971 für das Nürnberger Dürerjahr geschrieben hat: „Blut am Hals der Katze“. Für die Theaterhungrigen ist das ein festlich gedeckter Tisch.

 

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