Mühlhausen: Treibt Verein ein seltsames Spiel?

19.3.2021, 11:28 Uhr
Mühlhausen: Treibt Verein ein seltsames Spiel?

© Karl-Heinz Panzer

"Es sind Aktivitäten am Laufen, die Vernunft, Rechtschaffenheit und Ehrlichkeit vermissen lassen", so Kirchner in einer Pressemitteilung. Am Dienstag haben die Initiatoren des Bürgerbegehrens die gesammelten Unterschriften im Rathaus an Bürgermeister Klaus Faatz (CSU) übergeben. Dahinter steht ein kürzlich gegründeter Verein mit nach eigenem Bekunden rund 25 Mitgliedern, der sich "Gut leben in Mühlhausen" (GLIM) nennt.

429 Unterstützer-Unterschriften

Marcus und Karin Beutel, Gerald Buer und Manuela Pickel überreichten die Liste. Bei knapp 1400 Wahlberechtigten in der Marktgemeinde nehmen sie mit ihren 429 Unterstützern locker die erforderliche Zehn-Prozent Hürde. Falls das Begehren zugelassen wird, könnte das Wahlvolk in einem Bürgerentscheid über Pro oder Contra Windrad abstimmen. Beutel und Co. sind sich ihrer Sache sehr sicher: "Es kommen noch mehr Unterschriften", gaben sie sich vor dem Rathaus überzeugt.

Bürgerenergiepark geplant

Der Projektentwickler "Wust – Wind & Sonne" will nördlich von Mühlhausen einen Bürgerenergiepark errichten. Neben Photovoltaik beinhaltet er ein Windrad, das nahe der bereits bestehenden hochgezogen werden soll. An einer Stelle, die nach übereinstimmender Darstellung etwa einen Kilometer vom nächsten Wohngebiet entfernt ist.

Innerhalb des 10 H-Gebiets

Das wäre klar innerhalb des so genannten 10 H-Gebietes, also in einem Abstand vom Zehnfachen der Gesamthöhe. Der höchste Ausschlag der Rotoren aber läge laut Wust 250 Meter über dem Sockel. Die 10H- Regelung lässt seit 2014 grundsätzlich keine Windräder mehr innerhalb dieses Bereiches zu. Eine Kommune kann die Regel aber mit einem Bebauungsplan aushebeln. "Hiervon will die Marktgemeinde Mühlhausendurch einen Vorhaben-bezogenen Bebauungsplan Gebrauch machen" heißt es im Antragstext von GLIM.

Schon früher Bremsversuch unternommen

Das ist falsch. Vielmehr hat der Gemeinderat Anfang Dezember beschlossen, dass ein Ratsbegehren initiiert werden soll. In dem Plebiszit würden die Bürger aufgefordert, über Ja oder Nein zum Bebauungsplan abzustimmen. Das Ganze war als Grundsatzbeschluss deklariert. Der Text, über den abzustimmen ist, sollte zu einem späteren Zeitpunkt formuliert werden. Als Abstimmungstermin war der Tag der Bundestagswahl im September avisiert. Eine nicht nur aus Kostengründen häufige Praxis.

Die Macher von GLIM haben schon damals, noch als Interessengemeinschaft unterwegs, versucht, das Ratsbegehren auszubremsen. Jetzt schieben sie ein Bürgerbegehren an, das formal auf eine Abstimmung über genau dieselbe Sache abzielt.

"Es muss eine Entscheidung her"

"Wir wollen nicht mehr länger warten. Es muss jetzt eine Entscheidung her", sagte Marcus Beutel am Dienstag. Was er dabei lediglich andeutete ist auf der Website des Vereins nachzulesen: Mit vielen Unterschriften soll der Gemeinderat dazu gebracht werden, schon vor dem Ratsentscheid aus den Plänen auszusteigen. "Die Entscheidungsfindung wird vereinfacht und spart der Gemeinde (…) Geld" ist da zu lesen.

"Völliger Unsinn"

Otto Kirchner, der 2012 als Partner Wusts den Mühlhausener Bürgerwindpark zum Laufen gebracht hat, kann die Argumentation von GLIM in Teilen nicht nachvollziehen. So sei es "völliger Unsinn", den Leuten "etwas von Schattenwurf vorzugaukeln". Lägen doch alle Wohngebiete südlich der Anlage und "auch in Mühlhausen kommt die Sonne vom Süden", merkt er an. Seltsam muten ihm auch die häufigen Kurswechsel in Sachen Photovoltaik an. Tatsächlich haben Beutel und Co. im Dezember einen Antrag gestellt, der zum Ziel hatte, Freiflächenphotovoltaik nicht zuzulassen. Der Antrag wurde ohne Angabe von Gründen kurz vor der Sitzung zurückgezogen. Die NN erhielten auf Nachfrage keine Erklärung für den Sinneswandel. Dieser wurde abgestritten.

"Gipfel der Unverfrorenheit"

Einen "Gipfel der Unverfrorenheit und Verlogenheit" nennt es Kirchner, dass aus dem Verein heraus eine Genossenschaft gegründet worden sei, die Einlagen für Photovoltaikanlagen einsammeln will. Beitrittsformulare seien bereits im Umlauf. Sehr steil wirkt die These von GLIM, wonach mit einer Zulassung "weiteren Windrädern im Gemeindegebiet Tür und Tor geöffnet würden". Ein Bebauungsplan gilt, soweit bekannt, nur innerhalb seiner Grenzen.

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