Es stand bei "Nordbayern.de"

Nun greift auch der "Spiegel" Erlanger Baumstreit auf

22.10.2021, 19:45 Uhr
Dieser sehr alte und hohe Baum in der Erlanger Luitpoldstraße soll weg. Das hat das Amtsgericht entschieden.

© privat Dieser sehr alte und hohe Baum in der Erlanger Luitpoldstraße soll weg. Das hat das Amtsgericht entschieden.

Der Rechts- und Nachbarschaftsstreit, über den nun angeregt durch die Berichterstattung dieses Medienhauses auch der "Spiegel" berichtet, zieht sich seit mehreren Monaten hin und füllt mit Dokumenten und Schriftsätzen mehrere Ordner - das Endurteil des Amtsgerichts Erlangen aber ist (relativ) kurz und klar: Der fast 100-jährige Ahornbaum in der Erlanger Luitpoldstraße muss weg.

Oder wie es in dem Bescheid, der diesem Medienhaus vorliegt, heißt: "Der Beklagte wird verurteilt, den auf dem Grundstück (...) stehenden Ahornbaum nebst Wurzeln, soweit diese in das klägerische Grundstück hineinragen, zu beseitigen." Die beklagte Seite hat Revision eingelegt und muss diese nun bis Ende September 2021 begründen. Dann geht der Gerichtsstreit (womöglich) in eine weitere Runde.

Im derzeit vorliegenden Urteil jedoch gibt das Gericht den Klägern recht. Doch um was geht es in diesem "Baumstreit"? Im kleinen Hinterhof des Hauses 17 stehen etliche Bäume - und als besonderes Schmuckstück ein großer Ahornbaum.

Die Kläger, ein Ehepaar aus Uttenreuth, das seit einiger Zeit eine angrenzende Immobilie in der Stubenlohstraße besitzt, möchte den Baum in der Luitpoldstraße fällen lassen. Da er nah an seinem Gebäude steht, werde dieses beschädigt. Die Stadt Erlangen hatte einer Fällung vor Jahren zuerst zugestimmt, sie dann wieder abgelehnt und ihr dann doch erneut zugestimmt.

Der Besitzer des Grundstücks und Beklagte, Peter Scheer, weigert sich. Die Bewohner lehnen die Fällung ebenfalls ab und verweisen unter anderem auf den ökologischen Aspekt, der große Baum sei eine "grüne Lunge" für die ganze Nachbarschaft. Auch das Erlanger Model Lea Götz, deren Mutter in dem Gebäude lebt, hatte sich gegen die Fällung starkgemacht.

Analyse mit Baum-Bildern

Doch genutzt hat das vor Gericht nichts. Die Juristen zogen für ihre Entscheidung die Expertise eines Sachverständigen heran - und dessen Gutachten, das diesem Medienhaus vorliegt, spricht eine klare Sprache: Der Diplom-Ingenieur kommt in seiner Analyse, untermalt mit zahlreichen Fotos des Baumes, unter anderem zu dem Schluss, dass der Baum gegen die Rückwand des Nebengebäudes der Kläger drücke. Es seien neben anderen auch (ältere) Schäden am Nebengebäude der Kläger vorhanden, die auf den vorhandenen Ahornbaum zurückzuführen seien. Weitere Schäden seien nicht auszuschließen.

Dieser Argumentation hat sich das Gericht angeschlossen und zugleich darauf hingewiesen, dass "andere Maßnahmen (...) vernünftigerweise nicht ernsthaft in Betracht zu ziehen" sind, "insbesondere die Abtrennung der Wurzeln des Baumes bzw. ein Abtrennen gewisser Äste (... ) vorliegend nicht zum Erfolg" führe, da der Baum "in seiner Gesamtheit bei Wind gegen das Mauerwerk stößt, was der Tatsache geschuldet ist, dass er extrem nah an der Mauer steht".

Für Scheer und die Hausgemeinschaft ist das ein Schock, die Stimmung ist gedrückt, doch noch wollen sie den Baum, die kleine Oase, nicht aufgeben. Deshalb hat Peter Scheer Revision eingelegt, wie er auf Nachfrage sagt.

Auch BN wurde nach Einschätzung gefragt

Auch der Bund Naturschutz (BN) wurde inzwischen von der "Baumschützer"-Seite nach seiner Meinung gefragt - und hat sich das Ganze genau angeschaut. "Das ist ein schwieriger Fall", sagt der Vorsitzende der Erlanger Kreisgruppe, Rainer Hartmann, auf Anfrage.

Klar sei es unschön, wenn der Baum gefällt wird, aber nach Lage der Dinge bleibe kaum eine andere Möglichkeit. "Es können definitiv weitere Schäden entstehen", sagt Hartmann, "da hat man dann auch das Recht zu fällen." Klar könne man, wenn man wolle, einfach abwarten und schauen, was passiert. "Doch das möchten die Besitzer des Nachbargrundstücks nicht und deshalb hat das Gerichtsurteil eben leider die Fällung bestimmt."

Ob und wann es zu dieser kommt, ist freilich noch ungewiss. Bis Ende dieses Monats muss die Revisionsbegründung vorliegen, dann wird das Gericht (erneut) entscheiden. Der Kläger aus Uttenreuth will sich zu Rechtsstreit und Baum auf Nachfrage nicht äußern.

Und der Beklagte? Wenn das Gericht bei seinem Beschluss bleibt, sagt Scheer, dann sei an dem Urteil nicht mehr zu rütteln. "Aber so schnell kann es mit Fällen dann auch nicht gehen", sagt Scheer, "die entsprechende Firma muss ich doch selbst beauftragen".

2 Kommentare