"Leben und leben lassen"

Künftig nur noch Bio und regional: Oktoberfest-Besuch bald unbezahlbar?

Benjamin Jungblut

Redakteur

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17.3.2023, 18:14 Uhr
Beim Oktoberfest geht es meist deftig zu - auf Kosten nachfolgender Generationen?

© Felix Hörhager/dpa Beim Oktoberfest geht es meist deftig zu - auf Kosten nachfolgender Generationen?

Der Münchner Stadtrat hat beschlossen – bis 2035 soll die bayerische Landeshauptstadt klimaneutral sein. Notwendig dafür: Eine Ernährungswende. Die Verantwortlichen des Bündnis "Faire Wiesn" sind sich sicher – Großveranstaltungen auf städtischem Grund – so wie das Oktoberfest können da eine hervorragende Vorbildfunktion einnehmen. Dafür müssen "Großveranstaltungen wie die Wiesn auf biologisch erzeugte und für Umwelt, Mensch und Tier fair produzierte und gehandelte Nahrungsmittel umgestellt werden.


Um das umzusetzen, haben sich die Aktivistinnen und Aktivisten mit einer Liste an den Münchner Stadtrat gewandt. Darin heißt es unter anderen: "Fleisch aus industrieller Intensivtierhaltung ist abzuschaffen.". Es brauche zielführende Anreize für vegetarische und vegane Speisen, faire Arbeitsbedingungen, höhere Nachhaltigkeitsstandards und für die Besucherinnen und Besucher fair kalkulierte Preise. Dafür soll es einen runden Tisch mit Stadt, Veranstaltern und Bündnispartnern geben, um die geforderten Ziele Schritt für Schritt umzusetzen.

Bis 2035 sollen 100 Prozent der angebotenen Lebensmittel auf dem Fest Bio, regional und Fair-Trade sein. Gegenüber der Münchner Abendzeitung erklärt Helmut Schmidt von der Münchner Initiative für Nachhaltigkeit und Sprecher: "Das ganze Angebot soll Bio-Siegel haben! Fleisch, Kartoffelsalat, Popcorn, Brezn, Schokolade, Kassspatzn – einfach alles".


Bei der Dehoga Bayern sorgt der Vorstoß für Kritik. "Die Begrifflichkeiten fair, bio, regional und Fair-Trade hören sich gut an, aber Nachhaltigkeit umfasst auch den Begriff der Ökonomie", so Landesgeschäftsführer Thomas Geppert in einer Pressemitteilung. Und weiter: "Es ist schlichtweg unrealistisch, diese Menge an Waren in der geforderten Qualität überhaupt zu bekommen. Ganz davon abgesehen wäre dann ein Besuch auf dem Oktoberfest für die meisten unbezahlbar. Was daran soll fair sein? Wir wollen für alle da sein, schließlich ist die Wiesn ein Volksfest. Bayern wird doch geliebt für seine Liberalitas Bavariae: Leben und Leben lassen lautet die Devise, unter der ein jeder so leben kann, wie er will, solange er nicht in das Leben anderer eingreift.".


Für das Bündnis "Faire Wiesn" bedeutet das allerdings, nicht auf Kosten der Umwelt und zukünftiger Generationen zu leben. "Wir wollen in Zeiten des Klimawandels, dass die Wiesn als Leuchtturmprojekt für nachhaltigen Genuss und Gaudi steht. Wir stehen für eine gute Zukunft für alle, damit auch 2035 unsere Kinder und Enkelkinder fröhlich und ausgelassen auf der Wiesn feiern können", so Verena Schlegel, ehrenamtliche Vorständin vom Münchner Ernährungsrat.

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