Bereits in Deutschland nachgewiesen

Neue Corona-Variante: Das müssen Sie über Centaurus wissen

sde

21.7.2022, 16:33 Uhr

Wie verbreitet ist Centaurus?

Centaurus wurde übereinstimmenden Medienberichten zufolge im Juni in Indien entdeckt und inzwischen in mehr als zehn Ländern nachgewiesen – darunter die USA und Australien, aber auch in Großbritannien und Deutschland. Im vergangenen Wochenbericht listete das Robert-Koch-Institut drei Fälle der neuen Variante in der Bundesrepublik – die Dunkelziffer dürfte aber deutlich höher liegen. Nur fünf bis zehn Prozent der positiven PCR-Tests in Deutschland werden auf ihr Genom untersucht.

Wie ansteckend ist Centaurus?

Wie der wissenschaftliche Name nahelegt, handelt es sich bei Centaurus um eine Untervariante der BA.2-Omikron-Linie. Verglichen mit den bislang dominierenden Omikron-Typen ist die neue Mutante aus Indien noch ansteckender. Denn: Centaurus weist einige Mutation insbesondere am Spike-Protein, mit dem das Virus in die menschliche Zelle gelangt.

Dass BA.2.75 bereits in vielen Teilen der Welt selbst bei geringerer Virusüberwachung entdeckt wurde, könne ebenfalls als Indiz für die schnelle Ausbreitung dienen, erklärte Shishi Luo gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Luo leitet die Abteilung für Infektionskrankheiten bei Helix, einer US-Firma für Virussequenzierung in den USA.

Wie kann sich Centaurus weiter entwickeln?

Experten beunruhigt nicht nur die erhöhte Ansteckungsgefahr, sondern auch schlichtweg die Tatsache, dass es sich um eine neue Variante handelt. Denn: Diese können den Immunschutz durch Impfungen oder vorherige Infektionen mit einem anderen Subtypen unterlaufen – und somit eine neue Welle verursachen. "Die elf Mutationen, in denen sich BA.5 und BA.2.75 unterscheiden, könnten eine weitere Welle ermöglichen, da die Immunität von BA.2 und BA.5 möglicherweise nicht schützt", erklärte der Wiener Molekularbiologe Ulrich Elling in der ARD.

Eine ähnliche Wirkung zeigte auch die Omikron-Linie BA.5, die derzeit in vielen Ländern dominant ist und laut dem Robert-Koch-Institut einen Anteil von 83 Prozent am Infektionsgeschehen ausmacht. Auch diese Variante unterläuft den Impf- und Genesungsschutz weitgehend. Elling teilte seine Befürchtung per Twitter: "Bevor wir mit der BA.5-Welle fertig sind, müssen wir uns möglicherweise schon auf die nächste vorbereiten."

Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel erläuterte auf dpa-Anfrage: "Es ist durchaus möglich, dass BA.2.75 eine global erfolgreiche Variante wird, es ist aber zu früh, dies mit Sicherheit zu sagen." Entgegen der anfänglichen Vermutung wächst die Variante nicht ganz so schnell. Zwar nehme Centaurus laut Neher in Indien nach wie vor zu und scheine dort einen klaren "Übertragungsvorteil" zu haben. Auch in Großbritannien ist die Zahl der Corona-Infektionen durch die neue Variante offenbar steil angestiegen – sogar schneller als durch BA.5, berichtet der Guardian. Allerdings ist das Bild vielerorts noch nicht eindeutig.

Karl Lauterbach prognostizierte beispielsweise in einem Tweet: "Es sieht in den Daten bisher nicht danach aus, als ob die Variante BA.2.75. sich durchsetzen könnte." Hoffnungen auf baldiges Ende der Pandemie hegt Elling indes nicht: "Ob BA.2.75 oder eine andere Variante, nach BA.5 kommt wieder eine Welle." Die Infektion in der einen Welle schütze nicht vor der Infektion in der nächsten oder übernächsten Welle. Entsprechend funktioniere die Infektion "auf Vorrat" nicht als Ansteckungsschutz.

Wie gefährlich ist BA.2.75?

Diese Frage lässt sich angesichts der dünnen Datenlage kaum beantworten, über Krankheitsverläufe und Hospitalisierungsraten ist bislang nichts bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die europäische Seuchenschutzbehörde ECDC stufen BA.2.75 derzeit als "Variante unter Beobachtung" ein.

Ein weiteres Problem: Das Virus mutiert schneller als die Vakzine angepasst werden können. Das könnte auch für den im Herbst erwarteten speziellen Omikron-Impfstoff der beiden großen Hersteller Moderna und Biontech gelten. "Wie es aussieht, bleibt die Evolution des Coronavirus derzeit noch schneller, als wir die Impfstoffe anpassen können", konstatiert Elling. Der Molekularbiologe hält es für "sehr gut möglich, dass der BA.5-Impfstoff unzureichend vor BA.2.75 schützt" – immerhin unterscheiden sich die beiden Varianten in elf Mutationen.

Verwandte Themen